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Kunst-Profi Matt: "Stoppt den Markthallen-Unsinn!"

Stadträtin Ulrike Sima plant den Flohmarkt am Naschmarkt zu überdachen und eine Markthalle daraus zu machen. Gerald Matt kritisiert das scharf.

Heute Redaktion
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So sieht der Entwurf einer Markthalle am Naschmarkt aus.
So sieht der Entwurf einer Markthalle am Naschmarkt aus.
Stadt Wien

Stadträte kommen viel herum. Das gebiert neben manch guter Idee leider auch so einige Schnapsideen. Die Rede ist vom Plan von Stadträtin Ulrike Sima, das Areal des Wiener Flohmarkts am Naschmarkt zu überdachen und mit einer modernen Markthalle zwangszubeglücken. Als Vorbild soll der Londoner Borough Market (Eigenwerbung: "Feinschmeckerparadies") dienen. Dabei handelt es sich jedoch um einen organisch seit dem 13. Jahrhundert gewachsenen Markt und nicht um eine verordnete, sterile Totgeburt.

Flohmarkt wird langsam ruiniert 

Die von ehrgeizigen Stadtplanern zu verantwortenden Projekte wie Les Halles in Paris oder der Covent Garden Market in London sollten als abschreckende Beispiele dienen, sind sie mit ihren Ramschläden und "Allerweltswaren" längst zu städtischen Fluchtzonen heruntergekommen. Der magistrale Markthallenalbtraum ist somit auch nichts anderes als ein weiterer Versuch, den Flohmarkt, dessen anarchisch-freie Natur vielen Bürokraten ein Dorn im Auge ist, weiter zu ruinieren.

Begonnen hat alles mit der politisch dekretierten Zwangssperre um 14 Uhr (undenkbar in Weltstädten wie in Berlin oder New York City), mit der man den kleinen Standlern   den Garaus macht und die Flohmarktbesucher auf "senile Bettflüchter" und andere Frühaufsteher reduziert. Aus dem Naschmarkt, einst ein wunderbarer Lebensmittelmarkt, ist längst eine wahre Fress- und Konsummeile geworden, an der von T-Shirts bis Postkarten alles Erdenkliche verscherbelt wird. Und jetzt setzt die geplante Markthalle den Kommerzialisierungsfeldzug im historischen Areal fort.

Gerald Matt ist für eine Rettung des "alten Flohmarkts".
Gerald Matt ist für eine Rettung des "alten Flohmarkts".
(Bild: Andreas Tischler)

Mit Schmähs von lokalen Produkten (also mehr Konsum und Gastro), Flohmarkt auch bei Regen – was höhere Mieten bedeutet –, den Kampf gegen Hitze-Hotspots (mit "Hitzeabweisern" statt Bäumen) und Pseudo-Bürgerbeteiligung ("Nein"-Stimmen unerwünscht) versucht man, die geplante Zubetonierung des Platzes und die Zerstörung des Stadtbilds (Otto-Wagner-Häuser) schönzureden.

Parkplatz als Erholungszone

Dabei gäbe es ja auch gute Konzepte, nämlich, den heutigen Parkplatz als Erholungszone zu begrünen und die kommerzielle Nutzung ausschließlich auf den Flohmarkt unter freiem Himmel zu beschränken. Die Stadt braucht mehr grüne Freiräume, nicht in Beton und Stahl gegossene Allerweltskonzepte. Stoppt den Markthallenunsinn! Und rettet doch diesen Flohmarkt!

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