Welt

Kurdischer Sieg über IS: Tor nach Raqqa ist offen

Heute Redaktion
Teilen

Eine multireligiöse Allianz unter der Führung der kurdischen YPG rückt weiter erfolgreich auf die IS-"Hauptstadt" Raqqa in Syrien vor. Nach dem Fall von Tabqa ist auch die westliche Route offen.

Tabqa ist eine strategisch wichtige Stadt etwa 40 Kilometer westlich der IS-"Hauptstadt" Raqqa. Der Ort am Ufer des Euphrat beherbergt nicht nur einen Militärflughafen, den die Dschihadisten des "Islamischen Staates" (IS) zu einer regelrechten Festung ausgebaut hatten, sondern auch den Tabqa-Staudamm am Euphrat. Dieser stellt nicht nur die Wasserversorgung des Umlandes bereit, der Damm versorgt auch fünf Millionen Syrer, darunter die Metropole Aleppo, mit Strom.

Tabqa ist außerdem das westliche Tor nach Raqqa, jener Stadt in Nordsyrien, die als die Hauptstadt des "islamischen Staates" gilt. Die Syrischen demokratischen Streitkräfte (SDF), eine Allianz der kurdischen YPG mit arabischen und christlichen Milizen, haben dieses Tor nun geöffnet. Im Laufe des vergangenen Monats wurde Tabqa komplett eingekreist und nach und nach vom IS befreit.

Luftlandeoperation über den Euphrat

Die Anti-IS-Koalition unter der Führung der USA unterstützte den Vormarsch mit Luftangriffen sowie mit Spezialeinheiten am Boden. Besonders spektakulär: Am 22. März wurden rund 1.000 kurdische Kämpfer und etwa 100 US-Marines in einer Luftlandeoperation über den Euphrat gesetzt.

Diese eröffneten eine weitere Front westlich und südlich von Tabqa. Dadurch konnte der Militärflughafen rasch erobert und die strategisch wichtige Stadt innerhalb kurzer Zeit eingekreist werden.

Kämpfe um Tabqa. (Quelle: Youtube)

Schwere Kämpfe um Militärflughafen

Besonders heftig wurde um den südlich der Stadt gelegenen Militärflughafen gekämpft. Die IS-Dschihadisten hatten den Flugplatz nach der Eroberung von der syrischen Armee stark befestigt.

Die bunkerähnlichen Flugzeughangars nutzten sie als Depots. Die Kampfflugzeuge ließen die Dschihadisten am Flugfeld rosten. Nach den schweren Kämpfen posierten die siegreichen SDF-Kämpfer auf den Wracks des Flugzeugfriedhofs.

Kurden-Kämpfer hissten YPG-Flagge

Nicht weniger erbittert wurde in der Stadt selbst gekämpft. Vor wenigen Tagen konnten kurdische Kämpfer im Zentrum von Tabqa schließlich die IS-Flagge abnehmen und die YPG-Flagge hissen.

Die letzten IS-Dschihadisten verschanzten sich rund um und auf dem strategisch wichtigen Staudamm. Um die wichtige Infrastruktur durch Kämpfe nicht zu sehr zu beschädigen, ließen die SDF die letzten IS-Kämpfer und deren Familien schließlich abziehen. Etwa 70 Dschihadisten kapitulierten. Im Gegenzug für freien Abzug entfernten sie am Staudamm angebrachten Sprengstoff und ließen sämtliche schwere Waffen zurück. Anschließend wurde der Damm von Ingenieuren begutachtet.

Kämpfe um Tabqa. (Quelle: Youtube)

Vierte Phase der Raqqa-Offensive startet

Mit der Eroberung von Tabqa ist nun auch die westliche Route nach Raqqa offen. Nun soll die vierte Phase der Operation "Zorn des Euphrat" beginnen und die Kämpfer der SDF-Allianz den Marsch auf Raqqa antreten. In den nächsten Monaten soll die Stadt vollkommen eingekesselt werden. Anschließend werden wohl erbitterte Häuserkämpfe wie in der letzten verbliebenen irakischen IS-Hochburg Mossul folgen.

Für den entscheidenden Vorstoß auf die IS-Hauptstadt werden die Kämpfer der kurdischen YPG von den USA nicht nur wie bisher mit Luftangriffen unterstützt, sondern erstmals auch mit schweren Waffen ausgerüstet.

Erdogan erbost über Bewaffnung der Kurden

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat diese Maßnahme kritisiert. Für die Türkei – immerhin NATO-Verbündeter der USA – ist die syrische YPG eine Tochterorganisation der türkische PKK. Wenn die USA die YPG ausrüsten, würden diese Waffen über kurz oder lang in die Hände der PKK fallen, die auch von den USA als Terrororganisation angesehen werden. (hos)