Unglaublich, aber wahr
Kuriose Regel: Gehen auf der Prater-Hauptallee verboten
Die Straßenverkehrsordnung sorgt in Wien für einige kuriose Regeln. Auf Teilen der Donauinsel gilt etwa Tempo 100 und Gehen ist nur am Rand erlaubt.
Ein Artikel des "Standard" sorgt in Wien gerade für reichlich Gesprächsstoff. Ausgangspunkt: Ein Wortgefecht zwischen einem Familienvater und einem Polizisten. Ersterer joggte mit Kinderwagen auf der Prater-Hauptallee, allerdings in der Mitte der Fahrbahn, sodass ein streifefahrendes Polizeiauto ausweichen musste.
Dem Inspektor entwich daraufhin eine situationsbedingte Unmutsäußerung, der er mittels Folgetonhorn Nachdruck verlieh. Das Baby erschrak, auch aus dem Mund des Vaters tönten nun Ausdrücke des Missfallens. Der Polizist drohte mit einer Anzeige, konnte von seinem Kollegen dann doch noch gnädig gestimmt werden. Aber wäre solch eine Anzeige überhaupt rechtens?
Gehweg muss benutzt werden
Eben ja, so der auf die Straßenverkehrsordnung bezugnehmende "Standard". Denn die Hauptallee besteht aus Neben-, Reit- und einem Hauptweg. Und der Hauptweg ist eine Straße. Auf dieser gelten dieselben Regeln wie auf allen anderen Straßen. Heißt: Ist ein Gehweg vorhanden, muss dieser benutzt werden.
Das Entlanggehen der Straße ist dann auch am Rand verboten, das Joggen auch. Queren bleibt freilich erlaubt – sofern man sich zuvor vergewissert hat, dass dies gefahrlos möglich ist, selbstverständlich. Das überrascht sogar den Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher, seines Zeichens begnadeter Läufer. "Man lernt nie aus...", kommentiert er auf Twitter.
Tempo 100 auf der Donauinsel
Ein weiteres Kuriosum ist die Wiener Donauinsel, wo laut "Inselverordnung" ebenfalls die StVO gilt, so der "Standard" weiter. Gehen ist deswegen eigentlich nur am äußerten Wegesrand erlaubt, das Nebeneinandergehen – wie auf anderen Fahrbahnen auch – verboten. Tempolimit für Radfahrer sind übrigens sportliche 50 km/h.
Wer einen sehr ausgedehnten Inselspaziergang nach Norden bis auf Höhe Strebersdorf macht, überschreitet dabei die Landesgrenze zu Niederösterreich. Die Folge: Fortan sind die Wege auf der Donauinsel rechtlich Landstraßen, womit – selbstverständlich – Tempo 100 gilt. Fußgänger müssen vom rechten an den linken Rand wechseln.
Auf der Hauptallee wird gegangen
Dass es wegen diesen juristischen Spitzfindigkeiten neben vereinzelten Wortgefechten auch zu realen Strafen kommen könnte, sieht Markus Raab, Leiter der MA 46 (Verkehrsorganisation), jedoch nicht. "Jeder Richter würde auf jahrzehntelange, allen bekannte Praxis verweisen, dass auf der Hauptallee gegangen wird", sagt er dem "Standard".
Tatsächliche Unsicherheiten scheint es hingegen auf der Donauinsel zu geben. Der Jurist zeigt sich skeptisch, dass das "Überstülpen" der StVO hierauf rechtens war. Immerhin ist die Insel eigentlich nur ein Hochwasserschutzbau, kein Verkehrsweg. Warum die Stadt sich in den 1970er Jahren dazu entschieden hat, ist aus heutiger Sicht "nicht nachvollziehbar". Mittlerweile ist man der Ansicht, dass die StVO nicht gilt, das Gehen also an jedem Breitengrad erlaubt ist.
All diese Fragen sind freilich insofern absolut, als dass es in Jahrzehnten des Zusammenlebens von zwei Millionen Wienern kaum zu Konflikten kam, die eine solche Klärung nötig gemacht hätten.