Europa solle "geschlossen", aber ein "internationaler Player" sein, das solle alle einen, eröffnete Ex-Kanzler und Unternehmer Sebastian Kurz am späten Sonntagabend die ORF-Sendung "Im Zentrum" von Moderatorin Claudia Reiterer. Brisantes Thema der Sendung: "Europa am seidenen Faden - Wie groß ist Chinas Macht?". Während der Corona-Pandemie habe man auch gelernt, wie gut Unabhängigkeit sei, etwa bei Medikamenten-Lieferungen, so Kurz, der zur damaligen Zeit der Corona-Krise noch die Regierungsverantwortung in Österreich hatte.
Zusammenarbeiten, aber aufpassen und an die Verantwortung Chinas appellieren, das war auch der Tenor der übrigen Sendungs-Gäste bei "Im Zentrum" – neben Kurz waren der Sinologe Mikko Huotari (Direktor Mercator-Institut für China-Studien, Berlin), Politikwissenschaftlerin Velina Tchakarova (Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik) sowie die Journalistin und Autorin Joëlle Stolz zu Gast im ORF-Studio. Kurz zeigte sich dabei auch als glühender Verfechter der österreichischen Neutralität, man müsse aufgrund der Bedeutung Österreichs aber auch realistisch bleiben.
Österreich sei sehr gesegnet mit seiner Position in Europa, so Kurz. Die Nicht-NATO-Länder seien nicht die größten in Europa, die Frage des NATO-Beitritts müsste deshalb für Österreich bedeutender als für die NATO sein. Dann holte er zum Seitenhieb auf eine Grünen-Politikerin aus: Ein "gefährlicher Trend" sei jedenfalls, wenn "europäische Politiker mit erhobenem Zeigefinger" in aller Welt unterwegs seien, "grundsätzlich finde ich Deeskalation richtig", so Kurz. Er sprach damit die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und ihren China-Besuch an.
Baerbock hatte kürzlich bei ihrer Reise offen Kritik an der Menschenrechtslage in China geübt hatte – mit heftiger Reaktion Chinas. Die deutsche Außenministerin hatte die Einhaltung der Menschenrechte in China gefordert und eine militärische Eskalation Chinas um Taiwan als "Horrorszenario" bezeichnet. China zeigte sich daraufhin entrüstet. China gehe bei den Menschenrechten seinen eigenen Weg und lasse sich nicht hineinreden und "was China am wenigsten braucht, sind Lehrmeister aus dem Westen", so der chinesische Außenminister Qin Gang.