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Kurz unabhängig: Freud und Leid in 56 Sekunden

Zwischen diesen zwei Bildern liegen nur 56 Sekunden: So lange war Katalonien nämlich – zumindest theoretisch – unabhängig.

Heute Redaktion
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Hier verstehen Tausende Katalanen die Welt nicht mehr: Sie warteten am Dienstagabend gebannt auf die Rede von Regionalpräsident Carles Puidgemont vor dem Parlament, denn alle erwarteten, dass er die Unabhängigkeit seiner Region von Spanien ausruft.

Tatsächlich erklärte er, dass er aufgrund des Ergebnisses der Volksabstimmung den Auftrag annimmt, "Katalonien in einen unabhängigen Staat in Form einer Republik umzuwandeln."

Darauf brach riesiger Jubel unter der Separatisten aus: Sie hatten ihr Ziel erreicht, im Parlament gab es 34 Sekunden Beifall von den Abgeordneten. Dann sprach Puidgemont weiter und sein nächster Satz dauerte genau 22 Sekunden: "Die Regierung und ich schlagen vor, dass das Parlament die Auswirkungen der Unabhängigkeitserklärung aussetzt um in den nächsten Wochen einen Dialog zu führen, ohne den es nicht möglich sein wird, die gewünschte Lösung herbeizuführen."

Für seine Anhänger brach damit eine Welt zusammen:

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Die Quasi-Unabhängigkeit Kataloniens dauerte somit insgesamt 56 Sekunden, auch wenn auf sozialen Medien fälschlicherweise die Zahl 8 verbreitet wurde. Diese acht Sekunden verschafften Katalonien sogar einen Eintrag als der kurzlebigsten souveräne Staat der Geschichte auf Wikipedia, auch wenn der Eintrag mittlerweile gelöscht worden ist.

In Spanien wurde das Ganze mit Häme aufgenommen, doch für Puidgemont war es ein kluger taktischer Schachzug: Er weiß, dass eine einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit zum derzeitigen Zeitpunkt eine Eskalation mit der Zentralregierung in Madrid zur Folge hätte – inklusive einem möglichen Militäreinsatz. Doch gleichzeitig verliert er sein Gesicht nicht vor den Separatisten, und damit seinen Wählern, indem er das Ergebnis der Abstimmung annimmt.

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