Niederösterreich

Landesrat Waldhäusl muss Ende November vor Gericht

Gottfried Waldhäusl (FP) muss sich vor Gericht verantworten. Ihm wird Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit einem Flüchtlingsquartier vorgeworfen.

Erich Wessely
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Landesrat Gottfried Waldhäusl
Landesrat Gottfried Waldhäusl
Bild: privat

Ab 30. November stehen der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine Landesbeamtin wegen Amtsmissbrauchs in St. Pölten vor Gericht. Die Vorwürfe drehen sich um die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im mit Stacheldraht umzäunten Asylquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) 2018. Bei einem Schuldspruch drohen sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Waldhäusl bestreitet die Vorwürfe. Er habe zum Schutz der Bevölkerung gehandelt.

Ungeeignetes Quartier

Die beiden Beschuldigten sollen laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zumindest 14 minderjährige Flüchtlinge mit aufrechtem Asylverfahren in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben. Amtsmissbrauch wird Waldhäusl und der Landesbeamtin vorgeworfen, weil sie die Verlegung der Migranten in ein laut Anklage ungeeignetes Quartier veranlasst haben sollen. Damit seien die Jugendlichen einer "ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen" worden, führt die WKStA in der 61-seitigen Anklageschrift aus.

Für die Schöffenverhandlung im Schwurgerichtssaal am Landesgericht St. Pölten, die am 1. Dezember fortgesetzt wird und für die weitere Termine geplant sind, hat die WKStA die Ladung von mehr als 20 Zeugen beantragt. Darunter befinden sich auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), der damalige VP-Bürgermeister von Drasenhofen sowie mehrere Mitarbeiter des Landes und der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach samt Bezirkshauptfrau Gerlinde Draxler.

Zaun und Stacheldraht

Waldhäusl ordnete laut Anklage für die Unterkunft an, dass diese "jedenfalls mit einem Zaun aus einem dreifach Stacheldraht und einer Kamera am Eingang auszustatten" sei und "bei der Bewachung auch ein Hund zum Einsatz kommen" müsse, damit niemand in das Gebäude eindringen könne. Die WKStA nennt als Punkte, warum das Quartier nahe der Grenze zu Tschechien nicht geeignet war, u.a. auch die Einrichtung in einer abgelegenen Gegend. Ein Wachhund sollte den Flüchtlingen laut internen Kabinettserwägungen "Respekt verschaffen" und eine Kamera "Überwachung signalisieren". Die Jugendlichen durften den Angaben zufolge die Einrichtung "nur für sehr begrenzte Zeit" und nur in Begleitung von Securitys verlassen, "die Fenstergriffe zu ihren Zimmern waren abmontiert". Es gab demnach weiters "keine ausreichende telefonische Netzabdeckung, die Benutzung von WLAN war für den ersten Zeitraum nicht gestattet".

Die minderjährigen Flüchtlinge wurden am 26. November 2018 ins Quartier Drasenhofen verlegt. Die Einrichtung mit Stacheldraht hinterließ bei den ankommenden Jugendlichen "den Eindruck eines Gefängnisses", wird in der Anklage festgehalten. 16 Minderjährige - davon 14 mit laufenden und zwei mit rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren - waren dort untergebracht. Die örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger wurden laut WKStA von der Verlegung nicht verständigt und es wurde auch keine diesbezügliche Zustimmung eingeholt. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft bezeichnete die Unterkunft nach einem Lokalaugenschein am 30. November als nicht geeignet. Die Flüchtlinge wurden vier Tage nach Inbetriebnahme in ein anderes Quartier verlegt.

"Übereilt und unorganisiert"

Die WKStA schildert in der Anklage, dass die Eröffnung des Asylquartiers - aufgrund zeitlicher Vorgaben von Waldhäusl - "übereilt angestrebt" wurde und "daher der Einzug unorganisiert, das Personal nicht vollständig, die Unterkunft sowie die Räumlichkeiten noch nicht fertig, die Unterlagen der umF (unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, Anm.) von der Vorunterkunft noch nicht übergeben und die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach nicht ausreichend verständigt war". Die BH wurde demnach erst am Tag des Betriebs kurz nach 13.00 Uhr per E-Mail benachrichtigt.

Der Start mit 26. November wurde laut Anklagebehörde erst eine Woche vorher mit der Betreiberfirma festgelegt. Der Geschäftsführer des Unternehmens "hatte keine Chance, die Eröffnung zu verschieben und ein Problem, Möbel und Personal binnen einer Woche aufzustellen". Der Bürgermeister von Drasenhofen sei am 21. November "erstmals und nur vage" über die Pläne zur Eröffnung der Betreuungseinrichtung und den geplanten Besuch von Waldhäusl informiert worden. Erst nach der Schlüsselübergabe am 22. November konnte mit der Einrichtung und Ausstattung begonnen werden. "Dadurch standen lediglich drei Tage über das Wochenende für diese Arbeiten zur Verfügung", hielt die WKStA fest. Anders als in den Anordnungen sei aufgrund von Zeitdruck einfacher Stacheldraht verwendet worden. Das Gebäude war letztendlich der Anklage zufolge "von einem grobmaschigen, mobilen Zaun umgeben", oberhalb befand sich eine Reihe Stacheldraht.

Laut Waldhäusl "alles rechtens"

Die Landesbeamtin war den Angaben zufolge für die Administration bei der Zuweisung von unbegleiteten Minderjährigen zuständig. Außerdem war sie gesetzliche Vertreterin dieser Jugendlichen im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren. Der 54-Jährigen werden neben Amtsmissbrauch auch die Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung vorgeworfen. Die Beamtin soll der Anklage zufolge im Ermittlungsverfahren der WKStA eine E-Mail unvollständig vorgelegt haben. Dadurch soll sie den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben, der zu diesem Zeitpunkt allerdings beim Projekt Betreuungseinrichtung Drasenhofen nicht entscheidungsberechtigt gewesen sei.

Anwalt Philipp Wolm
Anwalt Philipp Wolm
privat

Anwalt Philipp Wolm vertritt die Zweitangeklagte und ist sicher, "dass am Ende herauskommen wird, dass meine Klientin unschuldig ist".

Landesrat Waldhäusl zeigte sich überzeugt, beweisen zu können, "dass alles rechtens abgelaufen ist". Die Anklage werde sich "in Luft auflösen", betonte der 56-Jährige, der von Rechtsanwalt Manfred Ainedter verteidigt wird. "Der Schutz der Bevölkerung stand im Vordergrund und ich habe im Interesse der Niederösterreicher gehandelt." Rücktrittsaufforderungen - auch aus der eigenen Partei - wies der FPÖ-Politiker zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Update: Prozess verschoben

Der für 30. November geplante Start für den Prozess gegen Niederösterreichs FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine Landesbeamtin wegen Amtsmissbrauchs musste Corona-bedingt jetzt doch verschoben werden. Als voraussichtlicher neuer Termin gilt nach Angaben von Birgit Eisenmagen, der Sprecherin des Landesgerichts St. Pölten, der 2. Februar 2022. Die Fortsetzung ist für 3. Februar geplant, weitere Termine dürften folgen.

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