Österreich

Landesrätin: "Haben sicher keinen Pflegenotstand"

Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister im "Heute"-Gespräch über Pflege, den Pflegeberuf, Gewalt in Schulen und Gewalttaten an Frauen.

Heute Redaktion
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"Heute": Frau Landesrätin, 20 Jahre ORF, fünf Jahre Chefredakteurin – warum gibt man eine journalistische Bilderbuchkarriere auf? Und ist eine Rückkehr in den Journalismus nach etwaigem Polit-Aus vorstellbar?

Christiane Teschl-Hofmeister: Der Journalismus ist ein tolles Berufsfeld, an das sich für mich viele schöne Erfahrungen knüpfen, die ich nicht missen möchte. Derzeit steht für mich aber nur meine politische Arbeit im Mittelpunkt.

Pflege und Pflegenotstand ist in aller Munde. Dieses Problem kam ja nicht über Nacht – wurde das vom Staat, Land, einfach über Jahre bzw. Jahrzehnte verharmlost bzw. ignoriert? Kann man das Schlimmste noch abwenden?

Zuerst möchte ich betonen: Wir haben keinen Pflegenotstand und mit rechtzeitiger und umfassender Planung, so wie wir es in Niederösterreich gewohnt sind, ist auch kein Pflegenotstand zu befürchten. Wir müssen am Image des Berufs arbeiten und seitens des Landes weiterhin alle Hebel in Bewegung setzen, so wie wir es mit den 400 zusätzlichen Ausbildungsplätzen erst kürzlich getan haben. Ich bitte auch um die Mithilfe der Medien – es gibt so viele positive, berührende, begeisternde Geschichten aus dem Bereich der Pflege von hochmotivierten Mitarbeitern und zufriedenen Bewohnern zu erzählen – auch das wäre einmal der Betrachtung wert!

Wie glauben Sie, schaut ein Altenheim in 25 Jahren aus? Mehr Roboter als Menschen?

Innovative Ansätze verfolgen wir im Pflege- und Betreuungsbereich auch in Niederösterreich bereits sehr aufmerksam. Die zwischenmenschliche Beziehung aber, steht für mich hier klar weiter im Vordergrund.

Müsste man den Pflegeberuf nicht völlig neu „erfinden" und aufwerten? Dh. eine Pflegehelferin sollte mindestens 1.700 Euro netto, eine diplomierte Schwester mindestens 2.000 Euro verdienen?

Das Schaffen von guten Rahmenbedingungen steht für uns im Mittelpunkt, dazu gehört natürlich auch der Verdienst. Erst kürzlich haben wir in der mobilen Pflege die Unterschiede der Gehälter im Vergleich zu den diplomierten Fachkräften ausgeglichen, wozu wir 2,3 Millionen Euro zur Verfügung stellten. Für mich ist wichtig, dass die Pflegeberufe auch von ihren schönen Seiten gesehen werden, als Berufe die erfüllen und wo man sehr viel zurückbekommt.

Großes Thema: Die Finanzierung der Pflege. Gemeindebundpräsident Alfred Riedl (VP) hatte vor wenigen Tagen gefordert, von Bewohnern der Pflegeheime das 13. und 14. Gehalt einzubehalten. SP und FP kritisierten das in der Folge heftig, sprachen von Enteignung und Pflegeregress durch die Hintertüre? Was sagen Sie dazu?

Es bringt uns jetzt kein Stück weiter, Einzelvorschläge zu diskutieren. Es sollten endlich alle Vorschläge zur Finanzierung der Pflege auf den Tisch gelegt werden und gemeinsam durch Bund und Länder in einer ganzheitlichen Diskussion bewertet werden. So auch dieser diskussionswürdige Vorschlag von Präsident Alfred Riedl.

Stichwort Schulen: Spuckaffäre, Porno-Chats via WhatsApp – der Berufsstand Lehrer hat in den letzten Jahrzehnten sukzessive an Souveränität und Respekt verloren. Sollte man die Lehrer nicht wieder mit mehr Rechten ausstatten?

Wir sind zweifelsohne mit Gewalt an unseren Schulen konfrontiert. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Anzahl der Gewaltdelikte (körperliche Gewalt) an Schulen in Niederösterreich während der letzten Jahre um 22% zurückgegangen ist. Dennoch werden wir die Sommerferien gemeinsam mit der Bildungsdirektion nutzen, um einen Leitfaden und ein Maßnahmenpaket für den Umgang mit Gewaltdelikten an Schulen auszuarbeiten. Bereits im Herbst werden wir die Ergebnisse präsentieren.

Und psychische Gewalt wie Mobbing?



Dazu haben wir leider keine Zahlen.

Bereits neun Frauenmorde in NÖ – fremde Kulturen, in denen die Frau teilweise nichts wert ist, überforderte, kleingeistige Männer oder einfach Zufall oder ein Mix aus dem Ganzen? Wie kann man Frauen besser schützen? Geht das überhaupt?



Niederösterreich hat ein dichtes Netz an Initiativen und Institutionen. Am „Runden Tisch" zum Thema tauschen sich Hilfseinrichtungen, Verantwortungsträger und die Politik auf meine Initiative hin seit Jahresbeginn regelmäßig aus. Eine kürzlich aus der Zusammenarbeit entstandene Maßnahme ist etwa die Kooperation mit SPAR, durch welche es uns ermöglicht wird, Info-Flyer für von Gewalt betroffene Frauen in den Supermärkten auszulegen. Informationen sind so leicht an alltäglichen Orten zugänglich. Anonyme und kostenlose Beratung für von Gewalt betroffene Frauen in Niederösterreich finden Sie beim NÖ Frauentelefon unter 0800/800810.

(Lie)