Die Zeit drängt. Die mangelnden Sprachkenntnisse der Schülerinnen und Schüler sorgen schon lange für Debatten. Fast die Hälfte der Wiener Taferlklässler (45 Prozent) kann nicht ausreichend Deutsch, um dem Unterricht zu folgen. Das gab Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) kürzlich bekannt.
Eine, die über zehn Jahren als Volkschullehrerin unterrichtet, ist Kerstin Nichtenberger. Sie erzählt im ORF-Interview im Rahmen der Gesprächsreihe "Bei Budgen", dass sie diese Zahlen nicht überraschen würden. Einerseits handelt es sich dabei um Kinder, die gerade erst nach Österreich gekommen sind.
Völlig unverständlich ist hingegen, dass sehr viele Kinder, deren Eltern hier geboren sind und selbst "fließend Deutsch sprechen", nur sehr schlechte Sprachkenntnisse haben. Warum, ist der Pädagogin ein Rätsel.
Gleichzeitig räumt Nichtenberger ein, dass die Eltern in vielen Fällen versuchen, die Verantwortung auf Kindergarten und Pädagogen abzuschieben. Denn "es wäre schon auch die Aufgabe der Eltern, mit den Kindern zu Hause Deutsch zu sprechen und ihnen auch die deutsche Sprache beizubringen."
Die Probleme gehen aber weiter. Kinder in den ersten Klassen würden alltägliche Dinge, wie Schuhe zubinden oder sich für den Sportunterricht umzuziehen, nicht beherrschen. "Bei der gesunden Jause können sich 70 Prozent der Kinder nicht ihr eigenes Butterbrot schmieren, weil das zu Hause alles für sie übernommen wird", so die Lehrerin.
Andere Wertevorstellungen und kulturelle Konflikte kommen nicht selten im Alltag der Lehrerin vor. "Das ist schwierig", gibt sie im Interview zu. Häufig gehe es dabei darum, dass Frauen und Mädchen mit weniger Respekt behandelt werden. Sie versucht in diesen Fällen zu vermitteln und Werte, die sie für wichtig hält, mitzugeben. Ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr hält die Pädagogin für notwendig.