Österreich

Bub (4) nach Sturz tot, milde Strafe für Vater

Heute Redaktion
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Leon stürzte im April vom 7. Stock in den Tod. Er fiel aus einem geöffneten Fenster in die Tiefe. Sein Vater und die Ex-Stiefmutter erhielten nun Bewährungsstrafen.

Bereits am 15. November fand der Prozess-Auftakt wegen grober Vernachlässigung mit Todesfolge am Wiener Landesgericht statt. Heute, Mittwoch, wurden noch weitere Zeugen befragt, der Schöffensenat verhängte anschließend (äußerst) milde Bewährungsstrafen – wegen grob fahrlässiger Tötung: Leons Vater, Marcus B. (28) – er bekannte sich nicht schuldig – erhielt eineinhalb Jahre bedingt, seine Ex-Freundin Doris T. (28) – sie bekannte sich schuldig – ein Jahr bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Leon lebte bei dem Paar, das auch eine gemeinsame Tochter (14 Monate) hat, weil die leibliche Mutter seit seiner Geburt an Depressionen leidet. Der kleine, viereinhalbjährige Bub war aufgrund von Komplikationen bei seiner Geburt entwicklungsverzögert, zu 50 % geistig behindert und hyperaktiv. Am 26. April stürzte er aus einem sperrangelweit geöffneten Fenster im 7. Stock einer Wohnhaus-Anlage in der Ziegelhofstraße (Donaustadt) in den Tod.

Stiefmutter brach vor Gericht in Tränen aus

Mit erstickter Stimme erzählt die Angeklagte bereits beim Prozess-Auftakt von Leons Todestag. Um 10.30 Uhr stand ein Besuch zweier Mitarbeiterinnen des Jugendamtes an, der über zwei Stunden dauerte. "Danach war Leon sehr überdreht. Ich habe auf dem Sofa telefoniert, und er hat mit einem Regenschirm vor meinem Gesicht herumgefuchtelt", erzählte die 28-Jährige, die noch einen neunjährigen Sohn hat, der in einer betreuten WG lebt. Marcus B. war inzwischen mit dem Wickeln und dem Anziehen der gemeinsamen Tochter beschäftigt.

Die Stiefmutter schickte den Vierjährigen in sein Zimmer, damit sich dieser wieder beruhigen konnte – dort stand das Fenster – der Griff wurde zur Sicherheit der Kinder abmontiert – allerdings zum Lüften sperrangelweit offen. "Ich hab' das Fenster an diesem Tag nicht aufgemacht. Ich wusste nicht, dass es offen ist und hab' in dem Moment auch einfach nicht daran gedacht", erinnert sich die mit 20.000 Euro verschuldete Angeklagte, die vor Richterin Nicole Baczak immer wieder in Tränen ausbrach.

Leon stürzte 21 Meter in die Tiefe

Leon ging brav in sein Zimmer, rollte sich dort einen Drehsessel zum Fenster und warf zuerst Spielzeug hinunter. Anschließend dürfte der Bub das Gleichgewicht verloren haben und stürzte mindestens 21 Meter in die Tiefe. Zwei Passanten fanden das noch lebende Kind, das innerlich verblutete, weil laut dem Sachverständigen, Gerichtsmediziner Christian Reiter, die Hauptschlagader zu drei Viertel eingerissen war. Als zwei vorbei kommende Passanten den Buben fanden, lebte er noch: "Seine Augen waren geöffnet, er atmete noch", erzählte Zeuge Wolfgang T. Obwohl eine nahe gelegene Ärztin versuchte, den Kleinen zu reanimieren, verstarb Leon noch an der Unfallstelle.

Noch immer sichtlich mitgenommen vom Tod seines Sohnes, aber dennoch mit Erinnerungslücken, gab sich Marcus B. vor Gericht: "Ich weiß nicht mehr, ob ich das Fenster aufgemacht haben", meinte er. Auch daran, ob er mitbekommen habe, dass Leon in sein Zimmer geschickt wurde, kann sich der 28-Jährige nicht mehr erinnern.

Leibliche Mutter fordert Schmerzensgeld

Ebenfalls beim Prozess-Auftakt anwesend, war die leibliche Mutter von Leon, Sabrina N. Sie warf den Angeklagten "Mord" vor und fordert von beiden je 25.000 Euro Trauerschmerzensgeld sowie die Abgeltung der Begräbnis- und Steinmetz-Kosten. (Red)