Niederösterreich

Leonies Familie wollte zu Prozess, fand die Kraft aber

Leonies Mutter samt Familie waren am Mittwoch in Wien, wollten zum Prozess. Dann fehlte der gebeutelten Familie die Kraft. Um 9.30 Uhr ging es weiter.

Christian Tomsits
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    Fall Leonie – Zweiter Prozesstag - der angeklagte Wohnungsmieter (19) am Weg in den Gerichtssaal
    Fall Leonie – Zweiter Prozesstag - der angeklagte Wohnungsmieter (19) am Weg in den Gerichtssaal
    Denise Auer

    Die Mutter von Leonie plus Familie war am Mittwoch in Wien bei den Opferanwälten Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck. Die gesamte Familie von Leonie hatte am Dienstag bereits entschieden zum zweiten Prozesstag von Tulln an der Donau nach Wien zu reisen. Auf Bitte der Mutter hielt "Heute" die Füße still, am Mittwoch um 8 Uhr waren Mutter Melanie P. (41), Vater sowie die Kinder in der Anwaltskanzlei der Opferanwälte in Wien-8.

    Opferanwalt Florian Höllwarth traf Leonies Mutter am Mittwochmorgen

    Dort besprach sich die Familie mit den renommierten Anwälten Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck. Grund: Die Mutter war mit einigen Aussagen beziehungsweise Entwicklungen am ersten Prozesstag, gelinde gesagt, nicht einverstanden und glücklich.

    Fall Leonie – jetzt spricht Promi-Anwalt Höllwarth:

    Am Dienstag war dem Antrag auf Aufschluss der Öffentlichkeit vor Gericht nicht stattgegeben worden. Indes stimmte bei den heiklen Details und dem Video selbst die Staatsanwaltschaft und ein Anwalt eines Angeklagten dem Ausschluss der Öffentlichkeit zu, die Richterin ist sich immer noch nicht sicher, sie will gegebenenfalls noch einmal darüber beraten lassen.

    Leonies Mutter traf diese Nachricht am Dienstagmittag wie ein Hammerschlag, unter bitteren Tränen meinte sie zu "Heute": "Bitte, lasst unserem Kind das letzte Stückchen Würde. Unser Kind wurde ein reines Politikum. Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen, was das bringen soll, wenn man das schreckliche Video (Anm.: der 23-Jährige hatte per Handy gefilmt) der Öffentlichkeit zeigt", so die 41-Jährige. "Wir vermissen unsere Leonie jeden einzelnen Tag, wir haben sie so sehr geliebt", so die Mutter, die im Gesundheitsbereich tätig ist.

    "Geht mir schlecht bis sauschlecht"

    Anders als zunächst geplant entschied die Familie, am zweiten Prozesstag doch in die Bundeshauptstadt zu fahren. "Ich möchte, dass die vorsitzende Richterin sieht, wie kaputt und zerstört unsere ganze Familie ist. Die Richterin kann ruhig sehen, wie schlecht es uns allen geht", meinte Mama Melanie P. bereits am Dienstagabend.

    Nach einem rund 40-minütigen Gespräch zwischen Leonies Familie und den beiden Opferanwälten fuhr die Familie vom achten Bezirk wieder Richtung Tulln: "Beide Anwälte meinten, es wäre nicht förderlich vor Gericht zu erscheinen. Und langsam geht uns auch die Kraft aus. Mir geht es zwischen schlecht und sauschlecht", so die tapfere Mutter am Mittwochvormittag gegenüber "Heute".

    Das sagen die Anwälte

    Florian Höllwarth zum Treffen am Mittwochmorgen: "Es ist sehr schwer für die Familie. Wir versuchen, die sachliche Ebene im Auge zu behalten, die Familie ist verständlicherweise sehr emotional. Niemand kann verstehen, was sie gerade durchmachen", so Höllwarth. Anwalt Johannes Öhlböck fügt hinzu: "Die Familie hatte den innersten Wunsch, den Angeklagten ins Gesicht zu schauen. Ich habe der Familie gesagt, dass es unsere Aufgabe als Opferanwalt ist, die Familie zu schützen. Und wir können die Mandanten nur im geschützten Bereich schützen. Die Familie hat dann doch auf uns gehört", so Öhlböck. Die beiden Opferanwälte zogen indes weiter zum Landesgericht Wien, um weiterhin für die Ansprüche von Leonies Familie zu kämpfen.

    Am Mittwoch erschien der Zweitangeklagte im grauen Rollkragenpulli und in Jeans, er wollte auch –  als einziger Angeklagter – auf Deutsch aussagen. Der Wohnungsmieter (20) sagte vor Gericht: "Freunde fragten mich, ob sie in meine Wohnung gehen dürfen. Dann kam Leonie und fragte, ob sie bei mir schlafen darf. Denn sie wollte lieber bei mir als bei Ali schlafen."

    "Erzähle heute die Wahrheit"

    Dann wäre er am Klo gewesen und als er zurückkam, lag Leonie regungslos da. Daraufhin habe man sie an einen Baum gelehnt, aus Angst sei er dann einfach in die Arbeit gefahren.

    Brisant: Vom am Dienstag von Anwalt Thomas Nirk angekündigten Geständnis war der 20-Jährige doch etwas entfernt. Die Richterin hielt ihm die Aussage bei der Polizei vor: "Damals war ich schockiert, heute erzähle ich die Wahrheit." Als er Leonie im Chat kennengelernt habe, hätte sie gesagt,18 oder 19 Jahre alt zu sein. Die Richterin: "Diese Chats haben wir nie gefunden." Der Angeklagte: "Ich schwöre bei Gott, ich wusste nicht, wie alt sie ist." Und er hätte die Afghanen niemals in die Wohnung gelassen, wenn er gewusst hätte, dass Drogen im Spiel waren.

    Anwalt Thomas Nirk sagte am Mittwoch dazu: "Ich werde versuchen, ihn auf den Pfad der Tugend zurückzuführen."

    "Ich schwöre bei Gott, ich wusste nicht wie alt Leonie war", der zweitangeklagte Wohnungsmieter (19) beim Prozess.

    Am gestrigen Dienstag und am heutigen Mittwoch waren die Eröffnungspläydoyers sowie die Einvernahme via Dolmetscher des 23-Jährigen über die Bühne gegangen. Der nach England geflüchtete Afghane hatte dabei erklärt, dass ihm nichts anderes übrig geblieben war, als nach England zu fliehen. "Mein Vater war Polizist in der Heimat, wir können nicht zurück."

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      Angeklagte zeigten sich fotoscheu.
      Angeklagte zeigten sich fotoscheu.
      Sabine Hertel

      Zudem hatte sich der Angeklagte vor Gericht entschuldigt: "Ich möchte mich entschuldigen, wir wollten nicht, dass so etwas passiert. Ich entschuldige mich bei der Familie des Opfers." Er habe aber - als Einziger - alles getan, um das Leben der 13-Jährigen zu retten. Angeblich mit Wiederbelebungsmaßnahmen, dem Einflößen von Joghurt und Cola. Er habe das Mädchen, welches er für 18 Jahre oder älter gehalten habe, nicht gekannt und es habe keine Feindschaften gegeben. Es wäre halt passiert...

      Am Mittwoch und am Donnerstag werden auch die beiden anderen Angeklagten (für alle drei Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung) befragt. Gegen Ende der Woche werden die Gutachter zu Wort kommen. Wichtig werden vor allem die toxikologischen und gerichtsmedizinischen Gutachten und die Ergebnisse der Auswertung der Spuren am Tatort sein.

      Urteile soll es am Donnerstag, 6. Oktober, geben. Dem 23-Jährigen droht wegen Vergewaltigung mit Todesfolge eine lebenslange Freiheitsstrafe, den jüngeren Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft.