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Schiffe mit "Menschen-Fleisch" harren weiter aus

Sie haben Hunderte Flüchtende aufgenommen. Jetzt dürfen das Rettungsschiff Lifeline und das Containerschiff Alexander Maersk keine Häfen anlaufen.

Heute Redaktion
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Im Vorfeld des EU-Gipfels von dieser Woche haben gestern 16 EU-Staaten versucht, die tiefen Gräben in der europäischen Flüchtlingspolitik zu überbrücken. Lösungen zeichneten sich keine ab, aber von "viel gutem Willen" war die Rede.

Derweil wiederholt sich die Odyssee der Aquarius auf dem Mittelmeer: Das deutsche Rettungsschiff Lifeline mit 239 Flüchtlingen und Migranten und das dänische Containerschiff Alexander Maersk mit 113 Flüchtlingen an Bord dürfen keinen Hafen anlaufen.

Ausharren vor Malta und Sizilien

Die 239 Menschen auf der Lifeline – darunter 14 Frauen und vier Babys – waren am Mittwoch nahe der libyschen Küste gerettet worden. Nachdem Italien drohte, die Lifeline zu beschlagnahmen, wartet das von der deutschen Hilfsorganisation Mission Lifeline betriebene Schiff weiter in internationalen Gewässern nahe Malta.

Die Alexander Maersk hatte am Freitag 113 Personen aufgenommen, die wohl mehrere Tage auf dem Wasser unterwegs gewesen waren. Die italienische Küstenwache habe darum gebeten, so ein Sprecher der Reederei. Das Containerschiff liegt aktuell vor Sizilien. Man warte nun auf Anweisungen der Behörden, hieß es.

Salvini: Flüchtlinge sind "Menschenfleisch"

Italien und Malta verweigern den Schiffen das Anlaufen eines Hafens. Die neue populistische italienische Regierung setzt auf solche Verzögerungstaktiken und hofft so, dass sich in Afrika herumspricht, dass die Route über das Mittelmeer dicht ist. Es sei keine Provokation, sondern man wolle Europa "wachrütteln", sagte Außenminister Enzo Moavero Milanesi. Zu lange hätten sich die anderen EU-Staaten mit Solidaritätsbekundungen begnügt.

"Italien anlaufen – das können sie vergessen!", schrieb Italiens Innenminister Matteo Salvini auf Facebook. "Ich will dem Geschäft der Schlepper und der Mafia ein Ende setzen." Nicht zufällig blockierte Salvini ausgerechnet dieses Wochenende Schiffe: Es sind Stichwahlen in mehreren Kommunen in Italien, und die Lega hofft auf noch mehr Stimmen.

Der Politiker der Lega-Partei bezeichnete die geretteten Flüchtlinge auf Facebook zudem als "Menschenfleisch". Auf ihrer Facebook-Seite antwortete die deutsche Hilfsorganisation: "Lieber Matteo Salvini, wir haben kein Fleisch an Bord, nur Menschen. Wir laden Sie herzlich ein, sich davon zu überzeugen, dass das Menschen sind, die wir vor dem Ertrinken gerettet haben."

Italien: Libyen soll sich kümmern

"Die Rettung auf hoher See ist nie ein Verbrechen", sagte Kapitän Claus-Peter Reisch. "Ich würde gerne Herrn Salvini einladen, eine Fahrt mit uns zu machen, damit er die Lage mit eigenen Augen sieht und dann darüber sprechen kann." Wenn er ihn festnehmen wolle, dann solle er persönlich an Bord kommen.

Die Lifeline hat laut italienischer Regierung die Bootsflüchtlinge entgegen den Anweisungen aus Rom aufgenommen. Demnach sollte sich die libysche Küstenwache um die Menschen kümmern – was für die Flüchtlinge den Weg zurück in die "Hölle", vor der sie geflohen sind, bedeutet hätte.

Für die Flüchtlinge und Migranten sei es vor allem wichtig, aus Libyen entkommen zu sein. "Sie haben Folterungen, Vergewaltigungen hinter sich. Sie kommen aus Häusern, wo sie ohne Fenster monatelang eingesperrt waren", sagte Mission Lifeline-Mitgründer Axel Steier der Nachrichtenagentur DPA.

Berufung auf Seerecht

Die deutsche Crew der Lifeline sieht sich im Recht: Sie habe nach Seerecht gehandelt und die Schiffbrüchigen aufgenommen. Das Völkerrecht verbietet zudem, Menschen in Länder zurückzuschicken, in denen ihr Leben gefährdet ist oder ihnen Misshandlung droht. Das ist im Bürgerkriegsland Libyen der Fall.

Auch das nahe gelegene Malta fühlt sich nicht zuständig, weil es die Rettung nicht koordiniert habe, so das Argument. Der Innenminister des kleinen Inselstaats, Michael Farrugia, warf Italien "Unmenschlichkeit" vor.

Jahrelang war es unter der sozialdemokratischen Vorgänger-Regierung in Rom üblich, dass Bootsflüchtlinge direkt nach Italien gebracht wurden – selbst wenn Malta näher lag. Spekuliert wurde über diverse Deals, wonach Italien im Gegenzug Rechte für Ölbohrungen oder Überflugrechte von Malta erhalten haben soll. Eine Bestätigung gab es dafür nie. Mit den Populisten an der Macht weht jedenfalls ein anderer Wind.

Über tausend stachen bei gutem Wettter in See

Wegen des guten Wetters nahm die Zahl der Flüchtlinge, die von Libyen aus in häufig kaum seetauglichen Booten in Richtung Europa aufbrechen, in den vergangenen Wochen wieder zu.

Im Mittelmeer und im Atlantik sind am Wochenende über tausend Migranten aufgegriffen worden, die in die EU wollten.

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