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"Little Hope" im Test: Stärker und mit mehr Grusel

2019 hat Supermassive Games seine Horrorserie "The Dark Pictures Anthology" gestartet. Auf "Man of Medan" folgt jetzt "Little Hope" mit Fortschritten.

Rene Findenig
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    Statt auf einem Geisterschiff findet man sich in "Little Hope" als Teil einer Menschengruppe in einer verlassenen Stadt wieder. Wieder dabei: Der Kurator.
    Statt auf einem Geisterschiff findet man sich in "Little Hope" als Teil einer Menschengruppe in einer verlassenen Stadt wieder. Wieder dabei: Der Kurator.
    Bandai Namco

    Nicht alles war Gold, was in "Man of Medan" glänzte. Die Grusel-Geschichte um fünf junge Menschen, die auf ein vermeintliches Geisterschiff stoßen, bot eine tolle Atmosphäre und gute Schreckmomente bei einer sensationell erzählten Story, trat aber mit einigen technischen Problemen wie Grafik- und Sprachausgabe-Fehlern in Erscheinung. Nun ist der Nachfolger "The Dark Pictures Anthology: Little Hope" für PlayStation 4, Xbox One und PC da und macht es besser.

    Statt auf einem Geisterschiff findet man sich nun als Teil einer Menschengruppe in einer verlassenen Stadt wieder. Schuld daran ist ein Busunfall, der die vier Studenten und ihren Lehrer in dem düsteren Örtchen Little Hope in Neuengland stranden lässt. Während das Quintett anfangs noch auf Hilfe hofft, sorgen schnell verstörende Visionen von Hexenverbrennungen und Dämonen dazu, dass die Gruppe ums nackte Überleben kämpfen muss.

    Das Spielprinzip blieb gleich

    Das Spielprinzip blieb auch dieses Mal das gleiche: Abwechselnd übernimmt der Spieler die Rolle von einem der fünf Charaktere und kann mit seinen Entscheidungen und seiner Wahl bei den Dialog-Optionen nicht nur die Geschichte etwas verändern, sondern auch über Tod oder Überleben der Protagonisten bestimmen. Dieses Konzept sorgt schon wie bei "Until Dawn" und "Man of Medan" für einen extrem hohen Wiederspielwert mit unterschiedlichen Szenen und Enden.

    Offene Spielwelt gibt es keine, die Schauplätze von "Little Hope" sind fix vorgegeben, in ihnen kann man sich allerdings frei bewegen und alles erkunden. Für Sammelwütige gibt es wieder jede Menge Geheimnisse zu entdecken, auch die "Zukunftsvisionen" kommen wieder vor. Findet man Fotos in der Spielwelt, lösen diese Visionen aus, die mögliche Entwicklungen der Handlung aufzeigen und vor Gefahren warnen. Zumindest theoretisch.

    Mehr Überraschungen bis zum Ende

    Auch die Dialog- und Aktionsoptionen unterteilen sich erneut in "Herz"- und "Hirn"-Entscheidungen Beide Mechaniken sind für die Spieler aber leider etwas undurchschaubar, denn viele Auswirkungen zeigen sich erst viel später, nachdem man Entscheidungen bereits getroffen hat. Was allerdings nicht weiter schlimm ist, denn so entwickelt sich eine spannende Geschichte, bei der auch noch in letzter Spielsekunde die eigentliche Rettung zur Fahrt in die Hölle werden kann.

    Wie bereits im Vorgänger können je nach Spielweise alle oder manche Mitglieder der Gruppe überleben, aber auch allesamt sterben. Kommentiert wird dies in seltenen Zwischensequenzen traditionell vom Kurator, der in seiner Bibliohek die Geschehnisse verfolgt, aber als Figur des Spiels selbst äußerst mysterils bleibt. Was das Spiel aber nun besser schafft: War es bei "Man of Medan" schnell klar, um was es wirklich in der Handlung ging, hält "Little Hope  bis zuletzt Plot-Twists und Überraschungen bereit.

    Atmosphäre hat sich weiter gesteigert

    Die Atmosphäre hat sich zudem noch einmal gesteigert: In der vom Nebel eingeschlossenen Stadt tun sich Szenen aus Hexenjagden auf, Dämonen scheinen nach Opfern für die Hölle zu suchen und ein unheimliches Kind raubt den Spielern bei jedem Zusammentreffen den letzten Nerv. Da macht es auch nichts, dass einige Mitglieder der Gruppe eher blass und als Nebensache auftreten oder manche Dialoge so allgemein formuliert sind, dass man keine Ahnung hat, was man damit auslösen wird.

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    Neben den Dialog-Optionen und den Entscheiungen, ob man etwa Gefahren frontal angeht oder sich vor ihnen versteckt, gibt es auch wieder einige Quicktime-Events zu erleben. Hier haben die Entwickler etwas die Spannung herausgenommen: Offenbar weil in "Man of Medan" viele Spieler die Tastendruck.Einsätze verpasst haben, warnt nun ein Symbol vor den kommenden Quicktime-Passagen. Nett gedacht, aber etwas zu gut gemeint.

    Grafisch eine Wucht

    Wieder dabei sind auch die mit "Man of Medan" vorgestellten Versteck-Sequenzen, in denen etwa Buttons im Puls-Rhythmus der Protagonisten gedrückt werden müssen, um nicht entdeckt zu werden. Verbessert wurde die Sprachausgabe: Wechselte man bei "Man of Medan" anfangs kurioserweise oft vom Deutschen ins Englische, ist dieser Fehler behoben worden und die Qualität der Sprecher hat sich deutlich hörbar gesteigert. Als bekanntes Gesicht konnte man übrigens den Schauspieler William "Will" Jack Poulter ("The Revenant") gewinnen.

    Den weit größeren Sprung hat die Grafik gemacht. Die Figuren bewegen sich nun schön flüssig, die Bewegungen sind absolut realistisch und die Umgebungen warten knackscharf und mit vielen Details auf. Schade, dass das Spiel an manchen Stellen so düster wird, denn die grafische Pracht ist wirklich mehr als nur einen Blick wert. Die Musik- und Sounduntermalung ist dazu wieder hervorragend gelungen und bietet Horror auf höchstem Niveau. Mit rund fünf Stunden pro Durchgang ist der Umfang auch etwas größer als beim dreistündigen "Man of Medan" ausgefallen.

    Stärker und mit mehr Grusel

    Mit an Bord sind auch wieder Couch- und Online-Koop. Lokal kann man mit fünf Personen das Abenteuer an einem Controller erleben. Zocken kann dabei allerdings immer nur eine Person, das Spiel sagt dann an, wann der Controller zum nächsten Zuschauer weitergegeben werden soll. Online funktioniert der Koop anders: Beide Spieler zocken gleichzeitig und übernehmen dabei die Rollen verschiedener Gruppenmitglieder. Die beiden Spieler können sich auch unabhängig voneinander in verschiedenen Spielszenen befinden, die der jeweils andere Spieler gar nicht erlebt. Dabei fallen sogar einige neue Sequenzen im Vergleich zum Singleplayer auf.

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    Mit "Little Hope" macht die "The Dark Pictures Anthology"-Serie einen weiteren Sprung in Richtung von echten Horror-Juwelen. Das spannende, wenngleich auch etwas kurze Abenteuer glänzt mit einer noch weiter verbesserten Grafik, einer solideren Geister-Geschichte und einer äußerst intensiven Atmosphäre. Die Gameplay-Neuerungen halten sich in "Little Hope" zwar in Grenzen, der Grusel hat aber an Kraft gewonnen und vor allem in der dunkleren Jahreszeit ist das Game für einige Stunden voll Schrecken und Spaß gut.