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"Little Nightmares II" im Test: Bizarrer Nervenkitzel

Mit "Little Nightmares" gelang den schwedischen Tarsier Studios 2017 ein Überraschungs-Hit. Kann der zweite Teil das noch einmal wiederholen?

Rene Findenig
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    "Little Nightmares II" (für PC, Nintendo Switch, Playstation 4 und 5 sowie Xbox One und Series S|X) setzt bei der Handlung gleich mit der Konsequenz des ersten Teils fort...
    "Little Nightmares II" (für PC, Nintendo Switch, Playstation 4 und 5 sowie Xbox One und Series S|X) setzt bei der Handlung gleich mit der Konsequenz des ersten Teils fort...
    Bandai Namco

    Die "kleinen Albträume" gehen weiter. Die Tarsier Studios haben bereits 2019 den Nachfolger von "Little Nightmares" angekündigt, veröffentlicht wird "Little Nightmares II" wieder von Bandai Namco. Sowohl spielerisch als auch erzählerisch halten sich die Änderungen in engen Grenzen – was keine Kritik ist, denn beides hat schon beim Original mehr als nur gut funktioniert. Rätsel wechseln sich mit Entdeckungs- und Fluchtpassagen ab, dazu kommen bizarre Szenen und Figuren.

    Statt dem Mädchen namens Six im gelben Regenmantel hilft der Spieler nun dem Buben Mono auf die Sprünge, dessen Gesicht unter einer Papiertüte verborgen ist. "Little Nightmares II" (für PC, Nintendo Switch, Playstation 4 und 5 sowie Xbox One und Series S|X) setzt bei der Handlung gleich mit der Konsequenz des ersten Teils fort, nämlich mit vielen Fragezeichen. Spielt das neue Game vor oder nach der Flucht von Six aus dem "Schlund" des Originals? Nur extrem versteckte Details und Szenen deuten darauf hin, dass es sich tatsächlich eher um ein Prequel denn ein Sequel handeln dürfte.

    Gute KI und nette Koop-Neuerungen

    Was die Spieler allerdings erfahren: Zu Beginn steuert man Mono in einer skurrilen TV-Welt in einen düsteren Wald und findet dort nicht nur ein gruseliges Haus, sondern auch Six, die man sogleich aus den Fängen des maskierten Jägers, eines bewaffneten Monsters, befreien muss. Gelingt dies, begleitet uns Six künftig als Koop-Spielfigur durch das Abenteuer. Es stimmt: Anders als im Original drehen sich viele Rätsel und Passagen hier um die Zusammenarbeit der beiden Figuren.

    Klasse ist, wie gekonnt die KI dabei funktioniert. Aktiviert man Mechanismen oder führt Manöver auf der Flucht durch, reagiert die Computer-Begleitung stets rasch und logisch, was zu wenigen Frustmomenten führt. Nicht nur das: Etwas grob, nur mit Lauten, lässt es sich auch mit Six kommunizieren und die Begleiterin schlägt auch bei zu langer Wartezeit gerne mal vor, was man in einer Passage versuchen könnte, um im Spiel voranzukommen. Schade: Six bleibt immer ein KI-Begleiter, denn menschliche Koop-Partner macht das Singleplayer-Game nicht möglich.

    Große Stärke wieder Schleichen und Flucht

    Wie in Teil 1 ist die Umgebung oftmals leider sehr düster ausgefallen. Dafür überzeugt das Sichtbare umso mehr, glänzt mit vielen Details und unheimlichen Szenen und zeigt auch immer deutlich, was zur Rätsellösung gerade erwartet wird. Eine Klasse für sich und das stärkste Element des Games sind wieder die nervenzerfetzenden Schleichpassagen und adrenalingeladenen Fluchtsequenzen, in denen man versucht, dem furchtbarsten Albtraum entsprungenen Charakteren zu entkommen. Die Spieldauer geht dabei in Richtung der zehn Stunden.

    Doch wie im Original wird man dabei einige Passagen öfters spielen müssen, denn geht es um die Flucht, zählen Sekunden ebenso wie Millimeter, um durch die rettende Ritze oder Türe zu entkommen. Ein Scheitern macht allerdings nicht viel aus, denn noch stärker als zuvor speichert das Spiel nun kurz vor den brenzligen Passagen ab und setzt nach dem Bildschirmtod dort auch wieder fort. Nach und nach rennt man so in Richtung der fahlen Stadt und des geheimnisvollen "dünnen Mannes", um ein Signal abzuschalten, das angeblich die ganze Welt in willenlose Monster verwandelt hat.

    Einfache Steuerung mit kleinen Mängeln

    Die Steuerung ist dabei so dermaßen gut auf den Punkt getroffen, dass wir sogar das Gamepad der Tastatur-Maus-Kombi vorziehen. Einzig bei einigen Rätseln hakt es etwas, wenn Mono etwa partout einen Gegenstand nicht aufheben will, den man allerdings zur Lösung eines Rätsels benötigt. Da hilft es nur, die Aktion aus verschiedenen Winkeln und Entfernungen auszuprobieren, bis es dann doch klappt. Ein kürzliches Update hat dabei schon eine große Verbesserung gebracht.

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    Und auch kämpfen kann man nun, allerdings sehr selten. Kleine Feinde kann Mono mit herumliegenden Gegenständen wie Eisenrohren prügeln, bei den riesigen Monstergestalten hilft allerdings nur die flinke Flucht. Etwas nervig beim Kampf: Dass die großen Rohre und Stangen für Mono sehr schwer zu manövrieren sind, ist zwar logisch und gut umgesetzt, die dadurch entstehende Verzögerung macht aber fast perfektes Timing bei Schlägen und Angriffen notwendig. Allzu oft muss man die Passagen deswegen neu starten, bis man den richtigen Rhythmus gefunden hat.

    Mehr Abwechslung in Teil 2 gepackt

    Auch die Spielwelt zeigt sich deutlich und trotz der Dunkelheit abwechslungsreicher als jene des Vorgängers. Nun geht die morbide Reise durch verschiedenste Gebiete, vom Grusel-Wald durch Einsiedler-Hütten bis hin durch monströse Klassenzimmer und furchterregende dunkle Korridore. Dabei geht es wieder meist am Bildschirm in 2,5-D-Darstellung von links nach rechts, immer wieder geschickt eingestreut werden aber Passagen, die die Tiefe ausnützen und dabei besonders gruselige, aber auch spektakuläre Perspektiven liefern.

    In den Welten lassen sich bei genauem Suchen auch einige neue Kopfbedeckungen für Mono finden, Fähigkeiten freischalten oder verbessern kann man aber auch in Teil 2 nicht. Dennoch sorgen zahlreiche kleinere Elemente wie eine Taschenlampe, die Kampf-Mechanik und der Level-Aufbau dafür, dass das Spiel weit mehr Abwechslung als der Vorgänger bietet. Noch ein gutes Stück besser geworden ist auch der schon im Original für Gänsehaut sorgende Sound: Ganze Spielpassagen verändern sich nun mit der Lautstärke der von uns verursachten Geräusche und rufen etwa eine bizarre Lehrerin mit Schlangenhals auf den Plan.

    Bizarrer und richtig spannender Nervenkitzel

    Grafisch ist "Little Nightmares II" wieder eine absolute Perle, die den Fokus auf zentrale Elemente in den jeweiligen Szenen legt und daneben stark mit Dunkelheit, Filtern, düsteren Farben und Tiefenschärfe spielt. War insgesamt Teil 1 schon gut, legt "Little Nightmares II" in so gut wie allen Belangen noch eine anständige Schippe drauf und lässt Spieler noch mehr gruseln, überrascht aber auch mehr mit ruhigen und dafür noch atmosphärisch anspruchsvolleren Szenen als der Vorgänger. 

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    Das Ende allerdings wirft gefühlt eine Tonne neue Fragen auf und lässt Spieler mit offenem Mund zurück. Was es damit auf sich hat, erschließt sich wohl nur den absolut akribischsten Zockern, die sich jedes einzelne Detail der Handlung eingeprägt haben und über deren Bedeutung bereits fleißig in zahlreichen Online-Foren diskutieren. Doch auch auf den Rest wartet mit "Little Nightmares II" ein düsterer Titel, der trotz relativ kurzer Spielzeit zu einem ganz großen Vertreter der Puzzle-Plattform-Spiele gehört.