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"Live a Live" im Test: Neuauflage eines genialen JRPGs

Einst auf dem Super Famicom erschienen und heute fast vergessen, gibt es mit "Live a Live" nun eines der fantastischsten JRPGs für Nintendo Switch.

Rene Findenig
Ein Spiel, (mindestens) acht spannende Geschichten: "Live a Live" im Test.
Ein Spiel, (mindestens) acht spannende Geschichten: "Live a Live" im Test.
Nintendo

In Rollenspiel darf man meist enorm große Welten und bombastische Geschichten erleben, das eigentlich uralte "Live a Live" geht aber noch einen Schritt weiter. In dem einst am Super Famicon in Japan erschienenen Japano-Rollenspiel, das es nun als komplette Neuauflage von Square Enix für die Nintendo Switch gibt, darf man in die Rolle von acht verschiedenen Helden schlüpfen, deren Auftritt großteils selbst bestimmen und in verschiedenen Epochen nicht miteinander verbundene Kurzgeschichten erleben. Und das in der HD-2D-Grafik, sie schon "Triangle Stragegy" und "Octopath Traveler" auszeichnete.

Das Besondere an den enthaltenen Kurzgeschichten: Sie bieten nicht nur für das Rollenspiel-Genre ungeahnte Freiheiten, sondern bieten auch jeweils unterschiedliche Gameplay-Mechanismen. Was sich allerdings wiederum gleicht: In jeder Episode soll der Spieler zum Held der Geschichte werden und sich am Ende einem Boss stellen. Rollenspiel-Kernelemente sind ebenfalls genug im Titel zu finden: Es gilt die Umgebung zu erkunden, mit den NPCs zu sprechen, sich durch die Text-Dialoge zu tippen, die eine oder andere Nebenmission anzunehmen oder tonnenweise Items zu sammeln.

Nur eines ist ganz klassisch, nämlich der Kampf

Je nach Episode darf man dabei freier oder begrenzter agieren, mal lässt sich selbst entscheiden, wie die Charaktere der Geschichte benannt werden, mal, wohin die Abenteuerlust uns in der Spielwelt treibt. Ziemlich gleich laufen in allen Kapiteln aber die Kämpfe ab, die auf einer Art Schachbrett-Schlachtfeld stattfinden und ganz klassisch funktionieren. So schlagen Fernkämpfer etwa so gut wie alle Nahkämpfer aus der Distanz, haben aber keine Chance im direkten Clinch – Taktik beim Bewegen der eigenen Einheiten ist also gefragt. Wer einmal ein ähnliches Game gezockt hat, kennt sich sofort aus.

    In Rollenspiel darf man meist enorm große Welten und bombastische Geschichten erleben, das eigentlich uralte "Live a Live" geht aber noch einen Schritt weiter.
    In Rollenspiel darf man meist enorm große Welten und bombastische Geschichten erleben, das eigentlich uralte "Live a Live" geht aber noch einen Schritt weiter.
    Nintendo

    Beim Kampf lässt sich übrigens auch bestimmen, mit welcher Art von Angriff eine Figur attackieren soll – Tiefgang ist dabei durchaus gegeben, allzu komplex wird es in den Schlachten aber nicht. Muss es auch gar nicht, denn obwohl das Prinzip quer über alle Episoden gleich bleibt, spielen sich die Battles frisch und zackig statt langatmig. Das Highlight von "Live a Live" ist aber dennoch die Story, besser die acht Handlungsstränge der Kapitel. Diese sind so liebenswürdig wie ausgefallen gestaltet – mit einem riesigen Plot-Twist am Ende des Games, den wir aus Spoiler-Gründen hier nicht verraten.

    Acht traumhaft kreative Kapitel sind spielbar

    Doch auch jedes Kapitel gefällt mit überraschenden Wendungen, viel Humor, aber auch Action-Passagen und Krimi-Geschichten in seinem jeweils eigenen Zeitalter. So steuert man mal einen Höhlenmenschen namens Pogo, der von seinem Stamm verbannt wird, nachdem er eine Frau rettet, die eigentlich von einem anderen Stamm rituell hätte geopfert werden sollen. Oder aber man schlüpft in die Haut eines alternden Martial-Arts-Kämpfers und dessen Studenten, die gemeinsam Rache nehmen und außerdem sicherstellen wollen, dass ihre Kampfkunst nicht in Vergessenheit gerät.

    Als Ninja-Neuling wiederum geht es auf Geisel-Rettungsmission, bei der es plötzlich auch um dämonische Kräfte geht. Oder aber man steuert einen Western-Helden, dessen Duell auf Leben und Tod zu einer überraschenden Rettungsmission wird. Neben einem Kämpfer, der der stärkste Mann des Planeten werden will, stellt und "Live a Live" auch ein ehemaliges Waisenkind vor, das nun ein anderes Kind aus den Fängen einer Biker-Gang befreien will. Außerdem will ein Ritter in einem Kampf das Herz der Prinzessin des Königreichs erobern, findet sich aber in einer Verschwörung voll Tod und verrat wieder.

    Vom Höhlenmenschen bis zum Hightechroboter

    Eine der verrücktesten und spannendsten Geschichten des Games wird übrigens in der Zukunft erzählt. Da darf man nämlich als Wartungsroboter den Transport eines gewaltigen Ungeheuers zur Erde überwachen. Logo, dabei geht alles schief und im Raumschiff droht eine Katastrophe. Je nach Zeitalter passen sich auch die Dialoge und die Aktionsmöglichkeiten der Spielfigur an – so kämpft man als Höhlenmensch gegen wilde Tiere, kann sich nur mit Gegrunze und Emojis verständigen und die Kampf-Auswahl zeigt sich mit "Aua"- und "Aaa"-Textfeldern, was immer wieder für überraschende Lacher sorgt.

    In späteren Zeitaltern wiederum gibt es englische und japanische Synchronisationen statt Höhlenmensch-Sprache, dafür ändern sich aber auch die Gameplay-Optionen – in China etwa muss man sich als schlauer Stratege im bewaffneten Kampf beweisen oder in Japan möglichst schleichend durch die Gegnermassen kommen. Beim Mann, der am Weg zum stärksten der Welt ist, darf man wiederum die von Feinden eingesetzten Attacken für sich selbst erlernen. Die Roboter-Kurzstory wiederum besteht aus ungewohnt viel Geschichte und Dialogen und wenig Kämpfen, der Mix ist fantastisch ausgefallen.

    Ein Remake, das einfach fantastisch gut ist

    Hat man alle Kurzgeschichten durchgespielt und die Schicksale der jeweiligen Helden (und vielleicht sogar Antihelden!) bestimmt, eröffnet sich ein abschließendes achtes Kapitel. Was in diesem passiert, verraten wir zwar nicht, aber nur so viel: Es hängt entscheidend davon ab, welche Wege ihr in den verschiedenen Episoden beschritten habt. Entsprechend hoch ist auch der Wiederspielwert des Abenteuers ausgefallen, denn vielleicht lässt sich ja auch am Ende noch die eine oder andere Wendung aus dem Finale kitzeln. Außerdem zeigt sich, dass die vielen Kapitel doch irgendwie miteinander verknüpft sind.

    Und ja, es ist nicht einfach, aber "Live a Live" hat durchaus einige verschiedene Geheimnisse und Enden zu bieten, sie zu finden kann aber ganz schön knifflig werden. Dass das Game nach fast 30 Jahren ein Remake bekommen hat, ist ein wahrer Segen für Zocker. Nun dürfen sie in atemberaubend schöner Grafik mit dem einzigartigen HD-2D-Stil eines der besten JRPGs überhaupt noch einmal oder aber komplett neu erleben. Die Story und die Charaktere sind fantastisch umgesetzt worden, die Kapitel mit ihren jeweils eigenen Epochen spielen sich kurzweilig und neu ist ein fantastisch klingender Soundtrack. Genial!

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