Gesundheit

Lockdown tritt "Tsunami" psychischer Erkrankungen los

Psychiater der renommierten Harvard-Universität sind alarmiert. In Folge der Corona-Maßnahmen erwarten sie einen "Tsunami psychischer Erkrankungen".

Jochen Dobnik
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Ärzte und Therapeuten warnen vor einer dritten Welle, die der psychischen Erkrankungen.
Ärzte und Therapeuten warnen vor einer dritten Welle, die der psychischen Erkrankungen.
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Der international bekannte Psychiater der Harvard Medical School, Viktor Patel, hat auf der Online-Konferenz der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten vor einem "weltweiten Tsunami schwerer psychischer Leiden" infolge der verordneten Isolation und Angst gewarnt.

Welle psychischer Erkrankungen rollt an

Auch Katharina Domschke, die als Psychiaterin und Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Freiburg in der Corona-Arbeitsgruppe der Leopoldina vertreten war, berichtet, dass "alle Studien bisher sagen, dass eine dritte Welle zu erwarten ist, die der psychischen Erkrankungen".

Zukunftsforscher rechnen mit einer "Epidemie der Einsamkeit", die junge wie alte Menschen psychisch krank machen könnte. Kontakte sind gerade für ältere Menschen nachweislich eine überaus wichtige Ressource, die den Alltag strukturiert und sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit stärkt.

Epidemie der Einsamkeit

Zugehörigkeit, menschliche Wärme und das Gefühl, gebraucht zu werden, machen glücklich. "Begeisterung ist Dünger fürs Gehirn", unterstreicht der international bekannte Neurobiologe Gerald Hüther. Sie hält uns bis ins hohe Alter fit, stärkt unser Immunsystem und lässt uns länger leben. Durch Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen aber leben immer mehr Menschen allein in ihren vier Wänden.

Depressionen? Hol dir Hilfe, es gibt sie!

Wenn du unter Selbstmord-Gedanken oder Depressionen leidest, dann kontaktiere die Telefonseelsorge unter der Nummer 142, täglich 0-24 Uhr

Die Sorge vor Vereinsamung ist statistisch beinahe genauso verbreitet wie die Angst vor Altersarmut. Die Bundespsychotherapeutenkammer hatte bereits im August auf die Gefahr hingewiesen, dass "neben Depressionen und Angststörungen, akuten und posttraumatischen Belastungsstörungen auch Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, Zwangsstörungen und Psychosen zunehmen können".

Gefürchteter Nocebo-Effekt

Kammerpräsident Dietrich Munz sieht hier besonders ältere Menschen gefährdet: "Bei vielen, die 75 Jahre und älter sind, wird aus der Angst, sich anzustecken, nicht selten Todesangst und aus Rückzug totale Isolation. Am Ende quälen sie sich mit der Erwartung, wegen Corona allein zu sterben“. Auf Grund des gefürchteten Nocebo-Effekts sterben viele dann auch tatsächlich früher.