Österreich

'Luftg'selchter Pfarrer' war gut genährt und Raucher

Heute Redaktion
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Zehn Monate haben Wissenschaftler der Uni München die Mumie des "Luftg'selchten Pfarrers" aus St. Thomas am Blasenstein untersucht – mit überraschenden Erkenntnissen.

Viele Legenden ranken sich um den sogenannten "luftg'selchten Pfarrer" aus der oberösterreichischen Gemeinde St. Thomas am Blasenstein (Bezirk Perg). Bereits 1830 wurde der mumifizierte Leichnam als Sehenswürdigkeit in einem Fremdenführer für Kurgäste in Kreuzen genannt.

Zehn Monate lang hatten Wissenschaftler der Universität München die Mumie untersucht. Die dringend notwendig gewordenen Maßnahmen zur Konservierung wurden durch Oliver Peschel, der auch schon an "Ötzi" arbeitete, durchgeführt. Am Sonntag wurden die gewonnenen Erkenntnisse präsentiert: Demzufolge war der Mann zu Lebzeiten gut ernährt und habe nie schwere körperliche Arbeit verrichten müssen. Und: er war nicht frei von Lastern. Abnützungen an den Schneidezähnen deuten darauf hin, dass er leidenschaftlicher Pfeifen-Raucher gewesen sein muss.

Die vielen Legenden um den "luftg'selchten Pfarrer" entstanden aufgrund der rätselhaften Mumifizierung. Das "wundersame" Nichtverwesen wurde von manchen sogar als "Fingerzeig Gottes" gewertet. Laut Volksmund soll der Bestattete unter Epilepsie gelitten haben und wurde daher von Betroffenen auch als Helfer angerufen. Dies konnte die Untersuchung aber nicht bestätigen, vielmehr dürfte der Mann in Folge einer chronischen Lungen-Tuberkulose verstorben sein. Ein akuter Blutsturz wird als finale Todesursache angenommen, wie die Diözese Linz am Montag mitteilte.

Rätselhafte Kugel im Bauch

Auch die Analyse der rätselhaften "Kugel" im Unterbauch, die bei Röntgenuntersuchungen im Jahr 2000 entdeckt worden war, ergab nicht den lange vermuteten Giftanschlag. Es handelt sich um eine Glasperle, wie sie etwa für Stickereien, Schmuck und Rosenkränzen verwendet wurde. Nicht göttlicher Segen, sondern durchaus menschliche Zeitgenossen hatten dafür gesorgt, dass der Leichnam über Jahrhunderte erhalten blieb. Dafür wurde der Bauchraum des Toten mit Hobelspänen, Astwerk und Stoffstückchen ausgestopft, wie ein CT aus dem Vorjahr zeigte. Dabei dürfte die Glasperle hineingefallen sein.

Die Ergebnisse der Toxikologie zeigen zudem, dass die Haltbarmachung auch mit Chemikalien unterstützt wurde. Dafür muss der Tote längere Zeit unter Luftabschluss gelegen sein. Eine Erdbestattung ist deshalb auszuschließen. Eine Radiokarbon-Datierung einer Gewebeprobe legt den Sterbezeitpunkt zwischen 1734 und 1780.

Von den meisten Bekleidungsstücken, darunter gestrickte Strümpfe und eine Kniebundhose mit Gürtel, sind nur mehr minimale Reste erhalten. Besser erhalten sind die Lederschuhe, die in dieser Form zwischen 1670 und 1750 datieren.

Identität aus dem Volksmund bestätigt?

Für die Diözese Linz weisen all diese neu gewonnen Fakten darauf hin, dass es sich um den Leichnam des Pfarrvikars Franz Xaver Sydler von Rosenegg handelt. Damit würden sich die frühe Vermutungen und die "Volksmeinung" um die Identität des "Luftg'selchten Pfarrers" bestätigen. Als dieser 1746 im Alter von 37 Jahren starb, war er bereits 19 Jahre Ordensmann, 14 Jahre Priester und drei Jahre Pfarrvikar in St. Thomas.

Die Matrikenbücher der Pfarre St. Thomas verzeichnen sein Begräbnis am 3. September 1746, einen Tag nach seinem Tod. Diese rasche Beisetzung widerspricht allerdings der gezielten Haltbarmachung des Leichnams.

Vielleicht sollte Franz Xaver ursprünglich in das Stift Waldhausen gebracht werden, um die letzte Ruhe unter seinen Ordensbrüdern zu finden. Oder er wurde dort präpariert – was die Ähnlichkeit zu drei im Stift Waldhausen gefunden Teilmumien erklären würde – und kam dann zurück nach St. Thomas.

Mumie wieder in Gruft ausgestellt

Während der zehn Monate andauernden Untersuchung wurde in St. Thomas am Blasenstein ein zweiter Gruftraum geöffnet und saniert. Seit 8. August 2018 ist die Mumie des "luftg'selchten Pfarrers" wieder in der Gruft der Pfarrkirche St. Thomas zu sehen. (red)