Niederösterreich
Junger Häftling starb in videoüberwachter Zelle
Sein Tod macht sprachlos: Ein junger Häftling, der nur wegen einer Drohung in Haft war, brachte sich im überwachten Haftraum um.
In einem berührenden Posting erzählt eine Angehörige vom tragischen Fall eines Häftlings: "Denn vielleicht kann diese Geschichte noch anderen Menschen helfen, denen es gleich ergeht. Als ich Michael vor 21 Jahren kennengelernt habe, habe ich einen erwachsenen Menschen mit kindlichem Gedankengut wahrgenommen. Wir waren gleich alt und dennoch oft Jahre auseinander. Michael war manchmal sehr laut in seiner Fröhlichkeit und auch in seinem Ärger."
So sei dies auch bei der Trennung von seiner Freundin gewesen. "Er wollte einfach nicht verstehen, dass es ,AUS' war. So sprach er ihr gegenüber Drohungen aus, welche Auswirkungen in unserem Rechtssystem nach sich ziehen, welche er in seiner kindlichen Welt niemals erfassen hätte können ..."
Gefährliche Drohung
Michael sei wegen gefährlicher Drohung zu acht Monaten Haft plus Maßnahme gemäß Paragraph 21 verurteilt worden. "Maßnahme bedeutet, dass man das Gefängnis nur verlassen darf, wenn psychologische Gutachten besagen, dass man wieder ,fähig' ist am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Doch bei Michael war dies nie der Fall."
Doch selbst der Kampf der Familie mit der renommierten Anwältin Astrid Wagner konnten nicht helfen, so die Angehörige. Vor einigen Wochen habe Michael versucht, sich das erste Mal das Leben zu nehmen. "Es war klar zu sehen, dass sein Lebensmut in den mehr als vier Jahren im Gefängnis kaum mehr existent war. Doch wie auch!" Verzweifelt habe man versucht, einen privaten Psychologen Michael zur Seite zu stellen, was abgelehnt worden sei.
Häftling aus gutem Hause
"Der externe Psychologe hätte Michael sehr gut getan. Und auch mehrere Insassen erzählten, dass er nur vom Selbstmord sprach", so seine Anwältin Astrid Wagner, die von der Mutter des Toten, der übrigens aus gutem Hause kommt, engagiert wurde.
Zurück in Justizanstalt
Viel zu früh sei er nach der Psychiatrie wieder in die Justizanstalt Stein bei Krems zurückgebracht worden. "Obwohl seine Familie in vielen Telefonaten mit der Betreuerin im Gefängnis darauf hingewiesen hatte, dass absolute Gefahr für einen Suizid bestand, hat er sich am 24. Oktober 2021 dennoch im Gefängnis das Leben nehmen können."
Videoüberwachter Raum
"Es ist wichtig, dass der Tod von Michael nicht umsonst war, sondern Menschen wachgerüttelt werden. Man endlich hinschaut. Auf die blinden Flecken in unserem Rechtssystem", so die Angehörige. Ein Beamter aus Justizkreisen zum Fall: "Man muss ja auch dazusagen, dass der Häftling in einem videoüberwachten Raum war. Eben genau aus dem Grund, dass er sich nicht umbringt. Ich halte dies auch für ein Versagen."
Deshalb fand heute, Sonntag, um 17 Uhr vor dem Eingang der Justizanstalt Krems-Stein eine Mahnwache statt: "Bitte teilt den Beitrag sehr gerne! Umso mehr Menschen wir damit erreichen, umso besser", heißt es in dem Aufruf. Die Mahnwache selbst verlief unter der Aufsicht der Polizei.
Anwältin Astrid Wagner versprach noch am Sonntagabend gegenüber "Heute": "Ich werde dafür Sorge tragen, dass der Fall lückenlos aufgeklärt wird".
Suizidgedanken? Holen Sie sich Hilfe, es gibt sie.
In der Regel berichten wir nicht über Selbsttötungen - außer, Suizide erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.
Wenn Sie unter Selbstmord-Gedanken, oder Depressionen leiden, dann kontaktieren Sie die Telefonseelsorge unter der Nummer 142
täglich 0-24 Uhr