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Malawi hat die Nase voll von Madonna

Heute Redaktion
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Nach dem Scheitern von Madonnas erstem Hilfsprojekt in Malawi will die Sängerin einen neuen Anlauf wagen. Doch in dem afrikanischen Land hat man genug von der "Hilfe" des Superstars - Millionen sind verschwunden, viele Fragen weiterhin ungeklärt.

Nach dem Scheitern von Madonnas erstem Hilfsprojekt in Malawi will die Sängerin einen neuen Anlauf wagen. Doch in dem afrikanischen Land hat man genug von der "Hilfe" des Superstars - Millionen sind verschwunden, viele Fragen weiterhin ungeklärt.

"Wem glaubt die Welt? Dem Superstar Madonna oder einer Afrikanerin wie mir, wo doch jeder denkt, wir Afrikaner seien sowieso alle korrupt." Die bitteren Worte kommen von Anjimile Oponyo, Ex-Projektleiterin des Madonna-Hilfsprojekts "Mädchen-Akademie" im bitterarmen Staat Malawi. "Mein Ruf ist zerstört, meine Karriere ruiniert", klagt die selbstbewusste Ex-Mitarbeiterin von Vereinten Nationen und Weltbank in ihrem Haus am Rande Lilongwes.

Denn die Schwester der Vizepräsidentin Malawis wird von Madonnas Hilfsorganisation "Raising Malawi" mitverantwortlich dafür gemacht, dass Millionen versandet sein sollen.

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Projekt gescheitert

Die Pop-Diva hatte im April 2010 symbolisch den Grundstein für die Mädchenschule in Chinkhota nahe der Hauptstadt Lilongwe gelegt. Seitdem war Madonna (53), die zwei Kinder aus Malawi adoptiert hat und früher häufig kam, nach Auskunft des Präsidialamtes nicht mehr in dem kleinen Binnenstadt im Süden Afrikas.

Auf den teilweise planierten Hügeln, für die ein New Yorker Architekt einen wunderschönen Schulkomplex entworfen hatte, grasen heute Ziegen und Esel, magere Kinder spielen in zerlumpten Kleidern.

Klagen und viele offene Fragen

Zwar wird über die Frage, wer für das Debakel verantwortlich ist, noch heftig gestritten. Gegen "Raising Malawi" gab es laut der Los Angeles Times 2011 Ermittlungen. Eine direkte Stellungnahme von "Raising Malawi" oder der US-Finanzbehörde IRS gibt es nicht. In Malawi jedenfalls laufen juristische Verfahren: Ex-Mitarbeiter klagen auf ausstehende Löhne, Ex-Besitzer des Projektgebiets auf ihr Geld.

In Malawi hört man in diesem Streit vor allem eine Sicht: "Madonna hat Malawi nicht ernst genommen. Sie hätte die Finger von Dingen lassen sollen, von denen sie nichts versteht", meint etwa der Chef der Kinderhilfsorganisation "Eye of the child", Maxwell Matewere. "All ihre Versprechungen haben sich in Luft aufgelöst."

Neues Projekt?

Madonna selbst hatte vor rund einem Jahr erklärt, sie sei "frustriert" über die missliche Entwicklung ihrer ersten Initiative. Sie wollte aber ihre Hilfsarbeit in dem Land fortsetzen.

Die Sängerin entschloss sich also, mit Unterstützung der Organisation "BuildOn" erneut einen, mit 300.000 Dollar sehr viel bescheideneren Versuch zu starten, zehn Schulen zu bauen. Anfang 2012 teilte die Sängerin dazu mit, sie habe viel gelernt und glaube daran, mit "BuildOn" ihre Hilfsziele endlich umzusetzen. Die erste Schule soll bereits in diesen Tagen in Kankhumbwa im Kasungu Distrikt eröffnet werden.

Image-Politur?

Aber die Regierung Malawis winkt ab: Madonnas Beteuerung, das Engagement für Mädchenschulen sei ihr "ein dringliches Anliegen", stößt inzwischen auf tiefes Misstrauen. "Wir haben die Nase voll von Madonna", sagt die Sprecherin des Erziehungsministeriums, Lindiwe Chide. Es gehe der Sängerin doch nur darum, "ihr Image aufzupolieren".

Erziehungsminister George Chaponda klagt: ""Raising Malawi" arbeitet nicht mit uns zusammen." Es sei einfach "traurig", dass Madonna sich nun - wie er sagt ohne Absprache mit den Behörden - an "BuildOn" wende. Madonna stützt sich diesmal zwar damit auf eine im Land bekannte und geschätzte Hilfsorganisationen. Für Schulen sei aber die Regierung verantwortlich, betont das Ministerium.

Strengere Auflagen

Ein PR-Spezialist für Hilfsorganisationen und Berater von "Raising Malawi", Trevor Neilson, widerspricht der Behauptung, dass Malawis Regierung nicht informiert worden sei: "Das ist einfach nicht wahr." Die Politiker in Afrika halten an ihrer Position fest: "Es genügt nicht, lokal mit Beamten zu reden; solche Projekte müssen wir genehmigen", betont Hetherwick Ntaba, Sprecher des Präsidenten Bingu wa Mutharika.

Der ist ohnehin zornig über Nicht-Regierungs-Organisationen, von denen in Malawi über 1.000 registriert sein sollen. Mit neuen, strengen Auflagen will er ganz allgemein verhindern, dass Hilfsorganisationen Spendengelder missbrauchen. "Spendensammeln ist ein Riesengeschäft", so Ntaba. Und auch die seriösen Organisationen und hohe Diplomaten wissen von vielen "schwarzen Schafen" unter den Hilfseinrichtungen.

Suche nach Millionen

Viele Fragen um das erste große Madonna-Projekt sind bisher noch unbeantwortet. Laut New York Times waren bis zu 18 Millionen Dollar für Madonnas Hilfsorganisation gesammelt worden. Ein interner Untersuchungsbericht von Madonnas Organisation soll unter anderem Anjimile Oponyos Jahresgehalt - nach ihren Angaben 96.000 Dollar - aufgelistet haben. Zwei gebrauchte Autos seien gekauft und einige Mitarbeiter eingestellt worden.

Nicht nur Diplomaten in Lilongwe meinen jedoch, dass damit die gesuchten Millionenbeträge noch nicht erklärt seien. Dennoch bleibt der Verdacht, die Hilfsgelder hätten malawischen Angestellten Madonnas ein Leben in Saus und Braus ermöglicht.

Kabbala-Verwicklung

Bei Madonnas Spendensammlung spielte nach Berichten der Los Angeles Times und der New York Times auch das Kabbala-Zentrum in Los Angeles eine Rolle. Madonna gilt als Anhängerin dieses jüdischen Mystizismus. "Raising Malawi" sei von dem Kabbala-Anhänger Michael Berg mit ins Leben gerufen worden und hat dem US-Magazin Newsweek zufolge zeitweise auch Büros mit dem Kabbala-Zentrum geteilt.

Ob und wie sich das auf Spendengelder auswirkt haben könnte, sei unklar. Nach dem Scheitern des großen Schulprojekts seien Verbindungen zwischen beiden Organisationen jedenfalls gekappt worden.

(APA/ red)