Wien

Wiener (64) verkauft alte Erinnerungen auf Papier

Manfred Handerek betreibt in der Landstraße einen Shop für historische Ansichtskarten. Für den Sammler sind die Karten "emotionale Heimatkunde".

Yvonne Mresch
Manfred Handerek (64) hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: In seinem Shop in der Landstraße verkauft er historische Postkarten.
Manfred Handerek (64) hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: In seinem Shop in der Landstraße verkauft er historische Postkarten.
Denise Auer

Als junger Student entdeckte Manfred Handerek zwei Alben mit Karten auf dem Dachboden seiner Eltern. Aus dem Zufallsfund wurde eine lebenslange Leidenschaft. Heute besitzt der 64-jährige mehrere 100.000 Karten und verkauft einen Teil davon in seinem Shop "Kartomanie" in der Rochusgasse 6 (Landstraße).

Historie: Drei Jahrhunderte voller Kartenkunst

Das Sortiment reicht von historischen Karten über Abbildungen von traditionellen Riten in Indien, Neufundland oder Japan bis zu klassischen Glückwunschbillets. Der Großteil der Sammlung stammt aus der Zeit zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem zweiten Weltkrieg. "1870 ist das Gründungsjahr der Karte, auch wenn sie ihre Blüte erst um 1900 erlebte", erzählt der Experte. In der Zwischenkriegszeit boomte die Postkarte, die nach dem Zweiten Weltkrieg immer seltener zum Einsatz kam. Heute sieht das natürlich ganz anders aus: "Jetzt schreibt kaum mehr jemand Karten, WhatsApp hat sie ersetzt", lacht Handerek. Besonders beliebt sind etwa Motive aus Polen oder Tschechien, den Fokus legt der Wiener aber natürlich auf die Abbildungen aus seiner Heimatstadt. "Meine liebste Karte ist natürlich Sievering, wo ich aufgewachsen bin", schmunzelt er.

Die Suche nach dem Elternhaus: "Karten haben einen emotionalen Wert"

Für begeisterte Sammler haben die "Schätze" großen Wert. Das bedeutet aber nicht, dass sie zu unerschwinglichen Preisen gehandelt werden. "Wir haben Karten ab 50 Cent, andere kosten 1 oder 2 Euro. Aber natürlich gibt es auch teurere, seltenere Stücke, die von 50 Euro aufwärts bis zu mehreren hundert Euro kosten". Dazu gehören Ansichtskarten aus der Jugendstil-Zeit oder der Wiener Werkstätte. Viel größer als er materielle ist für Handerek der emotionale Wert: "Die teils historischen Abbildungen von Ortschaften mit den Detailansichten sind gelebte Heimatkunde. Durch die Karten, die damals fast täglich geschrieben wurden, kann man nachempfinden, wie es früher war." Viele Kunden würden bestimmte Ortschaften suchen, zu denen sie eine persönliche Beziehung haben – oder gar das Elternhaus. "Die Welt von damals geht dadurch wieder auf und ist für jeden zugänglich", strahlt der Inhaber. 

Bereits während seiner Berufstätigkeit betrieb der Wiedner gemeinsam mit seiner Frau ein kleines Geschäft für Ansichtskarten in der City. In der Pension ließ er sein Hobby wieder aufleben und machte sich mit der "Kartomanie" selbstständig. "Die Leute kamen von überall, sogar aus dem Ausland", erinnert er sich. In der Rochusgasse kann von Dienstag bis Freitag zwischen 10 und 12 Uhr gestöbert werden – aber auch nach Vereinbarung. Wer nicht vor Ort ist, kann die Produkte in digitaler Form erstehen. Mehr Infos: www.ansichtskarten-kartomanie.at

Mehr zum Thema
;