Wien

Mann rettet Wienerin, wird fast blind soll 9.000 zahlen

Diljar (29) rettete eine Wienerin vor Missbrauch und erblindete fast. Er bekam eine satte Spitalsrechnung. Nach dem Täter wurde nicht gefahndet.

"Ich würde es wieder tun", sagt Diljar im "Heute"-Talk und zeigt auf sein gesundes Auge, das ihn weiterhin mutig durchs Leben führt (Video oben). Ein Jahr ist seit seiner Rettungsaktion am Wiener Donaukanal vergangen, doch ihn plagen noch immer Schmerzen, Schulden und vor allem eines: Auf einem Foto erkennt er den Täter, doch die Ermittlungen wurden eingestellt.

1/4
Gehe zur Galerie
    Diljar S. verteidigte eine Frau und infolgedessen wurde ihm eine Wodkaflasche ins Gesicht geschlagen.
    Diljar S. verteidigte eine Frau und infolgedessen wurde ihm eine Wodkaflasche ins Gesicht geschlagen.
    Privat

    Auge fast blind

    Während des Frühlings-Lockdowns 2021 stürmten täglich Tausende Wiener zum Donaukanal. An einem Montag im Mai besucht der 29-jährige Syrer mit einem Freund den Party-Hotspot. Er beobachtete, wie eine junge Frau von einer Männer-Horde umzingelt und unsittlich berührt wurde. Diljar wollte nicht nur zusehen und konfrontierte die Männer.

    Während eines aggressiven Wortwechsels gelang der Wienerin die Flucht. Als Diljar weiterzog, soll sich der verärgerte Hauptbelästigter von hinten angeschlichen und ihm eine Wodkaflasche über den Kopf geschmettert haben. Anschließend versuchte der Täter den blutüberströmten Bewusstlosen ins Wasser zu schmeißen – ohne Erfolg. "Das war Mordversuch, aber wie durch ein Wunder habe ich überlebt", ist Diljar überzeugt.

    Mit einem Jochbeinbruch und einer schweren Augenverletzung wurde er ins nächste Krankenhaus eingeliefert. Trotz mehrerer Operationen bleibt ihm nur knapp 90 Prozent seines Sehvermögens. Die Wunde unterhalb seiner Wange bedingte, dass er drei Zähne verlor und nach wie vor regelmäßig Schmerzmittel nehmen muss.

    Hohe Schulden

    Kurz nach seiner Entlassung stürzte er auch noch finanziell komplett ab. In seinem Postkasten landeten Spitals- und Rettungsrechnungen in Höhe von 9.000 Euro. Obwohl er mehr als 40 Stunden in einer Shisha-Bar und in einem Tech-Unternehmen gejobbt hat, war er nicht sozialversichert. Beim Unterzeichnen des Dienstvertrages sei ihm dies, aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse, nicht aufgefallen. "Ich habe jeden Tag mehrere Stunden gearbeitet. Es waren zwei Jobs, aber beide waren geringfügig. Dass ich keine Versicherung habe, wusste ich nicht", erzählt Diljar.

    Dank einer Spendenaktion konnten die Spitals- und Rettungsrechnungen aufgefangen werden. Der Weg zurück ins Berufsleben ist ihm aufgrund der Sehbehinderung und bleibender Schäden noch nicht geglückt. Derzeit kann er sich nur durch ausgeliehenes Geld von Freunden und Familie über Wasser halten.

    Star-Anwalt Nikolaus Rast fordert die Wiederaufnahme der Ermittlungen.
    Star-Anwalt Nikolaus Rast fordert die Wiederaufnahme der Ermittlungen.
    "Heute"

    Kein Fahndungsfoto

    Fest steht: Ohne Täter gibt es keinen Schadenersatz. "Es wird kein Foto des Täters veröffentlicht, obwohl es da ist. Es gibt ein Video, mit dem man ihn ganz leicht finden könnte. Heute sitzt mein Mandat auf einem Schuldenberg, weil er Zivilcourage bewiesen hat und ein Mädel Gott sei Dank nicht vergewaltigt wurde," drückt Rechtsanwalt Rast sein Unverständnis aus.

    Das besagte Filmmaterial von einer Zeugin, in dem ein schwarzhaariger Mann mit der Wodkaflasche zu sehen ist, liegt der Staatsanwaltschaft Wien vor. Auf Anfrage von "Heute" erklärt Nina Bussek, die Sprecherin der Anklagebehörde: "Die Ermittlungen in diesem Fall wurden eingestellt."