Österreich

Mann stellte Nazi-Tattoos im Schwimmbad zur Schau

Prozess wegen Wiederbetätigung am Landesgericht St. Pölten: Ein 42-Jähriger wurde erneut wegen seiner Nazi-Peckerl verurteilt.

Heute Redaktion
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Der Angeklagte beim Prozess am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten.
Der Angeklagte beim Prozess am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten.
Bild: Heute/Wessely

Der Angeklagte ist vor Gericht kein Unbekannter: 17 Vorstrafen, davon die letzten beiden wegen Verbrechens nach dem Verbotsgesetz. Beim Prozess am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten wurde ein heute 42-Jähriger erneut wegen seiner Nazi-Tattoos schuldig gesprochen.

Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und eben Wiederbetätigung – der Angeklagte hat einiges auf dem Kerbholz. Bei der Geschworenenverhandlung gab er am Mittwoch zu, er sei früher ein Skinhead gewesen, dann in die aktive nationalsozialistische Szene abgerutscht. Die erste Verurteilung war 1997, dann verlor der gelernte Maurer oftmals den Arbeitsplatz, auch wegen seiner Gefängnisaufenthalte. Derzeit sei er arbeitslos, aber "eine Arbeit ist in Aussicht". Sorgepflichten habe er keine, er sei immer ledig gewesen. Wie viel Einkommen er im Monat habe?, fragte die Richterin. "800 Euro Arbeitslosengeld", so der Mann, der im grauen Kapuzenpulli und Jeans recht unscheinbar wirkte. Ob Alkohol ein Thema sei? "Nein, hie und da ein Flascherl Wein zum Essen."

Polizisten erkannten einschlägige Peckerl

Dass er heute wieder vor Gericht musste, sei laut Staatsanwältin eigentlich auf einen "Zufallsfund" zurückzuführen. Die Polizei habe nach einem anderen Mann gesucht, an der Wohnungstür des 42-Jährigen geklopft und, weil der Mann nur im T-Shirt war, die einschlägigen Tattoos sofort erkennen können. Daraufhin besuchte den Angeklagten auch der Verfassungsschutz.

Beim Prozess gab sich der frühere Nazi-Sympathisant geläutert: Er sei ein Patriot, aber kein Nazi: "Ich habe nichts mehr damit zu tun." Doch es waren auch einschlägige Fahnen und Bilder in seinem Zuhause entdeckt worden, warf die Richterin ein. Ob er viel lese? "Ja, sicher, aber ich habe auch den Koran zu Hause liegen." Und dass 1.300 Musikdateien einschlägiger Musik auf seinem Handy zu finden waren? "Ihr Musikgeschmack hat sich nicht wirklich verändert. Die könnte man ja vom Handy auch löschen", so die Richterin. Dazu kämen noch seine mit Nazi-Codes versehenen Passwörter.

Tattoo: Aus Rune wurde Kleeblatt

Die Staatsanwaltschaft warf dem Niederösterreicher vor, seine einschlägigen, tätowierten Symbole offen zur Schau gestellt zu haben, etwa auch im Schwimmbad. Dass diese beim Baden zu sehen gewesen waren, gab der Angeklagte zu, plädierte aber dennoch auf "Nicht schuldig". Wegen zwei Tätowierungen, der Zahl "88" und einer SS-Rune, war der heute 42-Jährige bereits im Oktober 2015 in St. Pölten (damals zu sechs Jahren Haft, diese wurde später deutlich reduziert), und 2016 in Krems verurteilt worden. Im August 2018 wurde er aus dem Gefängnis entlassen, bekam eine Erwachsenenvertreterin. 25 Kilo habe er im Gefängnis zugenommen, nach der Entlassung einen Herzinfarkt erlitten.

Sein Mandant habe bei dessen Erwachsenenvertreterin (Anm.: diese ließ sich urlaubsbedingt entschuldigen, die Richterin las eine schriftliche Stellungnahme der Frau zum Fall vor) den Wunsch deponiert, die Tattoos verändern zu lassen, erklärte der Verteidiger. Die Erwachsenenvertreterin habe aber andere Prioritäten gesetzt, den Erhalt der Wohnung als wichtiger angesehen. Dennoch habe der Angeklagte bereits ein Tattoo überarbeiten lassen, aus der SS-Rune wurde vergangene Woche – am 8. Juli – ein Kleeblatt.

Einen Schuldspruch gab es wegen einer SS-Rune an der linken Hand und der Zahl "88" (ein Code für "Heil Hitler") am linken Unterarm. Freigesprochen wurde der Mann von den Anklagepunkten in Bezug auf ein Keltenkreuz-Tattoo über dem linken Knöchel (Anm.: ein Symbol für die rechtsextreme Volkssozialistische Bewegung Deutschlands) und "18/14" an der rechten Hand – der Zahlencode steht für "AH" (Adolf Hitler) und den rassistischen Slogan "14 words" – "We must secure the existence of our people and a future for white children" ("Wir müssen den Fortbestand unseres Volkes und die Zukunft weißer Kinder sichern").

Zwei Jahre bedingte Haft

Der Niederösterreicher wurde nach Paragraf 3g Verbotsgesetz verurteilt. Die Geschworenen entschieden im Verhältnis fünf zu drei für einen Schuldspruch in einem Anklagepunkt, die Freisprüche fielen einstimmig. Der Mann erhielt wegen Wiederbetätigung zwei Jahre bedingte Haft, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Mildernd wirkte sich bei der Strafbemessung die etwas eingeschränkte Persönlichkeit des Beschuldigten aus, erschwerend kamen der rasche Rückfall und die einschlägige Vorstrafe hinzu. Eine bedingte Freiheitsstrafe sei im Gegensatz zu einer unbedingten der "bessere Weg", um eine Resozialisierung nicht weiter zu gefährden, sagte die Richterin. Zudem wurde Bewährungshilfe angeordnet und dem 42-Jährigen die Weisung erteilt, binnen Jahresfrist auch das noch sichtbare "88"-Tattoo entfernen zu lassen. "Schauen Sie, dass Sie das endlich loswerden", meinte die Richterin zum Angeklagten. Und: "Werfen Sie die Fahnen weg."