Der Beschuldigte, ein heute 32-jähriger Deutsche, soll zwischen November 2021 und Januar 2022 seine damals 19-jährige Freundin fast täglich verprügelt, sexuell genötigt und rund 20-mal vergewaltigt haben. Laut Anklage zwang er sie, seinen Urin zu trinken, wonach sie sich übergeben musste. Im Weiteren soll er das zum Schutz der Frau angeordnete Kontakt- und Rayonverbot mehrfach ignoriert haben.
Am Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich vom Dienstag stritt der Deutsche die Vorwürfe mehrheitlich ab oder relativierte sie. Zum Vorwurf, die Freundin gezwungen zu haben, seinen Urin zu trinken, sagte er: "Das war sexuell motiviert und einvernehmlich gewesen." Vergewaltigt habe er die Frau nie, Sex hätten sie immer im gegenseitigen Einverständnis gehabt.
Der Vater eines achtjährigen Sohnes aus einer früheren Verbindung lebt seit knapp zehn Jahren in der Schweiz. Er ist in Deutschland aus einem südamerikanischen Land adoptiert worden und hat dort vergeblich nach seinen leiblichen Eltern gesucht, wie er am Prozess sagte. Der Bauarbeiter ist in Deutschland und der Schweiz mehrfach wegen Körperverletzung, Drogendelikten und Tätlichkeiten vorbestraft. Laut psychiatrischem Gutachten braucht er wegen seiner, zur Tatzeit unbehandelten, Schizophrenie und dem Alkoholmissbrauch eine Therapie: "Ich wäre dazu breit", sagte er. Er befindet sich seit seiner Verhaftung im April 2022 im Gefängnis.
Die Staatsanwältin verlangte wegen Vergewaltigung, Gefährdung des Lebens und weiterer Delikte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 40 Monaten und eine zehnjährige Landesverweisung. "Sein Verhalten zeigt eine große Respektlosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber dem Opfer", sagte sie. Der Vollzug der Freiheitsstrafe soll zugunsten einer stationären Maßnahme in einer geschlossenen Einrichtung zur Behandlung seiner Schizophrenie aufgeschoben werden.
Die Anwältin der Freundin, welche am Prozess nicht anwesend war, forderte eine Genugtuung von rund 20.000 Euro. "Für die junge Frau war der elf Jahre ältere Mann die große Liebe. Er war eifersüchtig, hat sie kontrolliert und immer wieder geschlagen." Nachdem sie mit ihm Schluss gemacht hat, habe er ihr nachgestellt. "Er stellt für die Frau eine Gefahr dar und hat Repressalien angedroht", sagte die Opferanwältin. Deshalb sei das Kontakt- und Rayonverbot für fünf Jahre zu verlängern.
Demgegenüber wollte der Anwalt einen Freispruch für die Hauptdelikte und eine bedingte Geldstrafe wegen einfacher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Für die Haft verlangte er eine Entschädigung von knapp 80.000 Euro. "Warum ist die Freundin mit ihm in eine gemeinsame Wohnung gezogen, wenn er sie 20-mal vergewaltigt haben soll?", fragte er. Die beiden hätten sexuelle Erfahrungen gesucht, die Frau habe sich in das Spiel mit dem Urintrinken eingelassen. Dass der Sex zwischen den beiden einvernehmlich war, würden auch selbst gemachte Videoaufnahmen beweisen.
Das Gericht verurteilte den Deutschen wegen sexueller Nötigung, einfacher Körperverletzung und Drohung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten – aufgeschoben zugunsten einer stationären Therapie. Zudem wird er für sechs Jahre des Landes verwiesen. Die Frau habe aus einer emotionalen Abhängigkeit heraus die demütigende "Uringeschichte" akzeptiert, begründete der Richter. "Sie wollte es nicht, hatte aber Angst vor einem Beziehungsabbruch." Vom Vorwurf der Vergewaltigung wurde der Mann freigesprochen. Die Aussagen der Frau würden für eine Verurteilung nicht reichen. Er muss dem Opfer eine Genugtuung von 10.000 Euro bezahlen.