Fussball

Marcel Koller im "Heute"-Talk: "Der reine Wahnsinn!"

Ex-ÖFB-Teamchef Marcel Koller schaut bei der Fußball-EM ganz genau hin. Wir haben den 60-Jährigen zum Interview gebeten.

Phillip Platzer
Teilen
Marcel Koller
Marcel Koller
gepa pictures

Eidgenosse! 2016 führte Marcel Koller Österreichs Nationalteam erstmals auf sportlichem Weg zur EM. Heute drückt er wieder der Schweiz die Daumen – und leidet mit dem ÖFB-Team mit. Im "Heute"-Talk spricht der 60-Jährige über Gewinner und Verlierer der EURO, seine Favoriten und den "reinen Wahnsinn" im Trainer-Geschäft.

"Heute": Herr Koller, die Schweiz hat im Achtelfinale Frankreich eliminiert. Gilt jetzt: Wer den Weltmeister schlägt, muss bei der EM vor niemandem mehr Angst haben?
Marcel Koller: "Angst ist prinzipiell ein schlechter Begleiter, aber klar, man hat gesehen, was alles möglich ist. Wobei der nächste Gegner Spanien ganz anders spielt, auf viel Ballbesitz setzt, mit viel individueller Qualität. Aber wenn die Schweiz wieder so kompakt steht wie gegen die Franzosen, bereit ist, zu kämpfen und zu laufen und dabei auch auf das Fußballspielen nicht vergisst, ist wieder alles möglich.

1/15
Gehe zur Galerie
    "Heute"-Experte Peter Pacult vergibt das ÖFB-Abschlusszeugnis. Vorweg: Einser ist keiner dabei.
    "Heute"-Experte Peter Pacult vergibt das ÖFB-Abschlusszeugnis. Vorweg: Einser ist keiner dabei.
    picturedesk

    Österreich ist an Italien knapp gescheitert. Haben Sie vor dem Fernseher mitgelitten?
    "Natürlich, viele Spieler waren ja schon zu meiner Zeit dabei. Dieses Spiel war sicher das beste von Österreich bei der EM. Gegen eine Mannschaft, die für mich in der Vorrunde am überzeugendsten war. Im Achtelfinale waren die Italiener dann nicht mehr so dominant. Daran sah man: Es wäre für Österreich etwas möglich gewesen. Schlussendlich müssen die Chancen aber auch verwertet werden."

    Was trauen Sie diesem ÖFB-Team in Zukunft noch zu?
    "Wenn keiner wegfällt oder zurücktritt, ist der Zenit noch nicht erreicht, können die WM 2022 und die EM 2024 gute Turniere werden. Der Pool an Top- Spielern aus starken Ligen ist im Vergleich zu 2016 jedenfalls größer geworden, man ist auch in der Breite besser aufgestellt. Ein Beispiel: Zu meiner Zeit gab es mit Marc Janko einen Top- Mittelstürmer, jetzt hat man da doch mehr Alternativen."

    Apropos Mittelstürmer: Diese EM erlebt ein Comeback der "Neun". Dafür gibt es kaum noch den "Zehner". Warum?
    "Weil es im Zentrum kaum noch Räume gibt, alles zugestellt wird. Zwischen den Linien sind es meist keine zehn Meter mehr, da hat der 'Zehner' keinen Platz. Dafür kommt dem 'Sechser' mehr Bedeutung zu."

    1/14
    Gehe zur Galerie
      Eine unglaublich starke Leistung gegen Italien reichte knapp nicht für den Aufstieg ins Viertelfinale. Wir haben die ÖFB-Stars in der Einzelkritik
      Eine unglaublich starke Leistung gegen Italien reichte knapp nicht für den Aufstieg ins Viertelfinale. Wir haben die ÖFB-Stars in der Einzelkritik
      picutredesk

      Zwölf Teams spielten mit einer Viererkette, die anderen zwölf mit einer Dreierkette. Wie wichtig ist das System?
      "Entscheidender ist die individuelle Klasse des Spielers. Kann er sich den Ball annehmen oder springt er ihm weg. Technisches, körperliches Spiel – wer das besser macht, gewinnt am Ende meistens das Spiel."

      Dennoch steht meist der Trainer in der Kritik wegen des vermeintlich falschen Systems. Auch schon Schweiz-Coach Vladimir Petkovic und ÖFB-Teamchef Franco Foda.
      "Wäre das Spiel gegen Frankreich verloren gegangen, hätte der Coach alles falsch gemacht. So war jetzt alles gut. Das ist ja der reine Wahnsinn. Man darf als Trainer nicht alles an sich heranlassen."

      Wer gewinnt diese EM?
      "Jetzt ist wirklich alles offen. Es gibt Favoriten, aber mit einer Aktion, einem Standard, einem Konter kann sich das Blatt sofort wenden."

      Autor: Klaus Pfeiffer

      1/10
      Gehe zur Galerie
        Österreich gegen Italien: Die besten Bilder zum Durchklicken
        Österreich gegen Italien: Die besten Bilder zum Durchklicken
        picturedesk