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Studentin überlebt Crash, aber verliert dabei alles

Heute Redaktion
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Ein Moment blinder Wut ihres Freundes kostete einer jungen Russin beinahe das Leben: Seither hat sie das Augenlicht verloren und leidet unter ständigen Schmerzen. Trotzdem hat sie noch einen Traum.

Noch im Sommer 2016 hatte Maria Lebedeva mit Auszeichnung ihr Studium an der Universität Nowosibirsk abgeschlossen. Sie hatte ein türkises Kleid getragen, als sie freudestrahlend ihr Diplom in Empfang nahm. An all das kann sich die junge Russin, die von Kommilitonen oft als "schönste Studentin" bezeichnet wurde, nicht mehr erinnern.

Nach einem Streit blind vor Wut hatte ihr damaliger Freund am 20. August 2016 eine rote Ampel überfahren – der folgende Crash löschte nicht nur zwei Jahre von Marias Leben aus, sondern raubte ihr auch ihre Zukunft. "2016 und 2015 sind komplett verschwunden", schildert die heute 23-Jährige gegenüber der "Siberian Times": "Ich erinnere mich an mein zweites Jahr an der Uni, aber nicht an das letzte... Ich wollte später Jus studieren, aber dazu kam ich nicht mehr."

Auch sämtliche Erinnerungen an den Unfall sind aus ihrem Gedächtnis verschwunden. Aus Erzählungen weiß sie, dass sie sich an dem Abend mit ihrem Freund Andrey zerstritten hatte, weil sie eine halbe Stunde zu spät dran war. Zornig klemmte sich der junge Mann hinters Steuer seines Wagens. Als schließlich eine Ampel auf Rot schalten wollte, trat er das Gaspedal durch und beschleunigte auf knapp 80 Stundenkilometer. Der Wagen krachte frontal gegen ein abbiegendes Fahrzeug.

Andrey und ein weiterer Bekannter wurden durch die Airbags geschützt – Maria war die einzige Verletzte. Sie hatte schwere Hirn- und Beckenverletzungen erlitten, lag zehn Tage lang im Koma. Anfänglich hatte sie Andrey noch im Spital besucht, doch irgendwann kam er einfach nicht mehr. "Er war nicht da, als ich seine Unterstützung am meisten brauchte", klagt Maria, die selbst gar nicht sehen kann, wie sehr sie sich seit dem Unfall verändert hat. Sie hatte dabei auch ihr Augenlicht verloren.

Die ehemals sportliche Russin leidet jetzt unter starken Schmerzen, wann immer sie sich bewegt. Selbst das Gehen und Schlafen ist nun eine Qual. Doch sie hat noch viel mehr durch den Crash verloren: "Ich habe festgestellt, dass ich gar nicht so viele Freunde hatte, sondern viele Bekannte", klagt die 23-Jährige. Neben ihrer Familie, ist ihr nur noch Schulfreundin Dasha treu geblieben und unterstützt sie nach Leibeskräften. "Ich vermisse meine Unabhängigkeit am meisten", so Maria. "Ich fühle mich blind, selbst wenn ich mit dem Stock gehe. Ich kann hören, wie mich die Menschen bemitleiden, besonders die alten Frauen. Dann bin ich am Boden zerstört."

Doch von alledem will sich die junge Russin nicht unterkriegen lassen. "Ich will Flugbegleiterin werden", so Maria, die jeden freien Rubel für ihre Genesung zusammenspart, zur "Siberian Times". Im vergangenen Jahr hätte sie sich in fünf verschiedenen Krankenhäusern behandeln lassen – mit gemischtem Erfolg. Ihre Cousine Irina Kapustina sammelt nun via Instagram Spendengelder für Maria. Sie hofft jetzt durch eine experimentelle Stammzellenbehandlung zumindest das Augenlicht zurückzuerlangen.

(rcp)