Wien

Mariahilfer Gemeindebau wird zu Feminismus-Kunstwerk

Mit einem bestickten Gerüstnetz vor einem Gemeindebau will Künstlerin Katharina Cibulka den Dialog über Geschlechterberechtigung anregen. 

Louis Kraft
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Kunstwerk-Präsentation mit Babyelefant: (v.l.n.r.:) Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler, Künstlerin Katharina Cibulka, Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal und Bezirkschef Markus Rumelhart.
Kunstwerk-Präsentation mit Babyelefant: (v.l.n.r.:) Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler, Künstlerin Katharina Cibulka, Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal und Bezirkschef Markus Rumelhart.
PID/Martin Votava

"Solange Du Augen-Höhen-Angst hast, bin ich Feminist:In". Diese, vielleicht auf den ersten Blick unverständliche Botschaft, ziert ab heute ein 200 Quadratmeter großes Baustellennetz an der Fassade des Gemeindebaus an der Linken Wienzeile 168 (Mariahilf). Das Kunstprojekt will mit einer großformatigen, im traditionellen Kreuzstich eingestickten Botschaft ein Zeichen für Geschlechtergerechtigkeit setzen und einen Dialog über Gleichberechtigung zwischen allen Geschlechtern in Gang setzen.

"Wir haben in allen Bereichen sehr starke und gut ausgebildete Frauen, doch wenn diese Richtung Erfolg, sprich Berggipfel streben, setzt bei immer noch vielen Männern offenbar Augen-Höhen-Angst ein", erklärt Künstlerin Katharina Cibulka. Der Mariahilfer Gemeindebau ist ihre bereits fünfte Baustellenverhüllung in Wien und ihre zehnte in Österreich. Die von der Kunst im öffentlichen Raum GmbH (KÖR) geförderte Installation im 6. Bezirk wird bis Ende September am Wienfluss zu sehen sein. Der Gemeindebau an der Linken Wienzeile 168 wird derzeit generalsaniert.

Am Mittwoch präsentierte die Künstlerin gemeinsam mit Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal, Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Mariahilfs Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (alle SPÖ), Wiener-Wohnen-Direktorin Karin Ramser und KÖR Wien-Geschäftsführerin Martina Taig das feministische Projekt.

Kunstprojekt soll Rollenbilder aufbrechen

"Auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern gibt es noch viel zu tun! Mit ihren Werken regt Künstlerin Katharina Cibulka zum Nachdenken an. Es geht darum, überholte Rollenbilder aufzuzeigen – und sie dadurch ein stückweit aufzubrechen. Die feministische Botschaft ist weithin sichtbar und thematisiert die Machtverteilung in der Gesellschaft. Das Kunstprojekt macht Frauen Mut. Sie sollen sich alles zutrauen!", so Gaal. Das Projekt soll einen Dialog auslösen und zeigen, warum Feminismus notwendig ist. 

Für Kaup-Hasler ist es "eine Wohltat fürs Auge, solche Botschaften im Stadtbild vorzufinden. Sie sind mehr als eine symbolische Markierung. Öffentlicher Raum muss immer auch als Ort der gesellschaftspolitischen und kulturellen Debatte verstanden werden". Solange die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern noch nicht in allen Bereichen angekommen sei, müssten feministische Themen optisch wirkungsvoll in der Öffentlichkeit angesprochen werden, ergänzt der Bezirkschef. 

Neue Sichtweisen durch "verdrehtes" Kunstwerk

Durch die Balkone des Gemeindebaus entstand bei der Anbringung des Kunstwerks eine besondere Herausforderung. Das "Solange"-Netz konnte nicht flächig gespannt werden, sondern schmiegt sich an die Baustruktur an. Aufgrund dieser baulichen Vorgabe stellt die Tiroler Künstlerin ihre Botschaft buchstäblich auf den Kopf. Der Betrachter muss den Kopf drehen, um den Satz richtig lesen zu können, denn er verläuft vertikal, von unten nach oben. Dazu spielt Cibulka mit der Wortkreation: "Blickt man von oben nach unten, könnte man leicht Höhenangst bekommen – oder doch eher Angst vor Augenhöhe?", fragt sie.