Szene

"Gusenbauer als Bärli, das ginge heute nicht mehr!"

Heute Redaktion
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Seit 20 Jahren machen sie Menschen mundtot – und das auf ebenso amüsante, wie kritische Weise. Zum Jubiläum gibt's eine neue Show, das erste Buch und ein Interview.

Drüberrreden ist ihr Geschäft. In ihren legendären Synchros lassen die Satiriker (oft zu zweit, jetzt aber endlich wieder zu dritt) Politiker und andere Promis ausführlich zu Wort kommen – allerdings nur so, wie sie es für richtig halten. Gefeiert wird ab 26.9. mit einem Rückblick auf zwei Jahrzehnte Innen- und Außenpolitik, Fernsehgeschichte, vergangene Sternstunden und vergessenen Irrsinn.

Maschek im Interview

"Heute": Was war das Heftigste, das Sie in Ihren Synchros jemandem je in den Mund gelegt haben?

Peter Hörmanseder: Das war bei Sebastian Kurz. Wenn er sagt: "Vor drei Jahren sind diese Gedanken als rechts oder rechtsradikal verurteilt worden. Jetzt werden sie von immer mehr unterstützt. Daran arbeiten wir und ich freu mich über jeden Schritt, der uns in diese Richtung gelingt." Wir haben uns lange nicht getraut, das so zu sagen. Es gab aber keine Reaktionen, also dürfte das okay gewesen sein.

Robert Stachel: Es ist immer schwierig, wenn man zu persönlich wird. Das ist keine Frage des Mutes, sondern der Einstellung. Ich sehe uns da durchaus in der journalistischen Pflicht, Dinge nur dann zu sagen, wenn sie zur Geschichte etwas beitragen. Wenn wir von einem Politiker wissen, dass er eine Leiche im Keller hat, müssen wird das bei Maschek nicht thematisieren, solange es für sein politischen Tun keine Rolle spielt. Ich habe kein Interesse, aufdeckerisch in der Satire zu arbeiten, sondern analytisch. Ich will nur das, was die Leute eh schon wissen, noch einmal beleuchten.



"Heute": Seit 20 Jahren sezieren Sie vor allem die österreichische Innenpolitik. So viel darüber zu wissen, das muss doch schockierend sein …

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Hörmanseder: Wir wissen viel über Entwicklungen, spüren sie vielleicht ein bisschen früher und sind bei gewissen Inszenierungen nicht so leicht zu täuschen. Aber zum Glück wissen wie eigentlich sehr wenig und erfinden dafür viel. Wir machen ja nichts anderes, als zuzuschauen.



"Heute": Was war bisher die dankbarste Figur von allen?


Hörmanseder: Im Nachhinein verklärt man so gerne. Wenn etwas vorbei ist, sind wir froh, dass wir uns mit der Figur nicht mehr beschäftigen müssen. Aber dann denken wir schnell, dass da zumindest noch was zu greifen war und wir es gut hatten. Diese Verklärung muss man schnell ablegen. Auch die Lieblingsfiguren.



"Heute": Inwiefern ändert sich die Darstellung, wenn man viele Jahre später eine Geschichte zur einst neuen Figur hat?


Stachel: Ein gutes Beispiel dafür ist Alfred Gusenbauer. Früher eine sehr lustvolle Darstellung, eine großartige Rolle. Der unbeholfene, zu schnell in die Position gekommene Jungfunktionär, der sich zuschauen lässt, wie er Fehler macht. Heute ginge diese Darstellung nicht mehr. Heute sieht man ihn als der, der er ist. Mit seiner „Hapsburg Group". Da frag ich mich schon, ob ich ihn nicht zu harmlos präsentiere, wenn ich immer noch auf sympathisches Bärli mache. Das ist ein Problem, aber auch der Ansatz des neuen Programms „XX". Wir wissen heute etwa, dass Klestil seine Amtszeit nicht überlebt hat. Damals, kurz nach seinem Tod, wäre es pietätlos gewesen, ihn über das, was er in seiner Pension macht, sprechen zu lassen. Mit dem Abstand jetzt geht das. Für die neue Show konnten wir uns alle alten Figuren von einst herfassen und schauen, wer eine Fußnote hinterlassen hat.



"Heute": Lachen Sie eigentlich über sich selbst?


Hörmanseder: Ja, sehr oft. Wir sind selbst unser bestes Publikum. Wenn ich die Geschichten daheim entwickle, lache ich schon darüber, wie der Robert dieses und jenes sagen wird. Wenn er es dann nicht so sagt, ärgere ich mich recht und versuche, ihn dort hinzubringen. Außer er hat eine bessere Idee, dann lache ich erst recht. Wir sind unser eigener Gradmesser. Wenn wird es lustig finden, stimmt's für uns. Manchmal irren wir uns natürlich und das Publikum lacht gar nicht. Dann weinen wir – und finden es trotzdem lustig.

Stachel: Das Großartige ist, dass wir die ganz alten Sachen tatsächlich vergessen haben. Wenn wir diese Nummern jetzt anschauen, dürfen wir uns ganz unschuldig über den eigenen Schmäh abhauen, als ob wir Publikum wären. Das ist etwas, was sonst ja eigentlich als schlechter Stil gilt, über die eigenen Witze zu lachen.



"Heute": Genieren Sie sich auch im Nachhinein?


Stachel: Ja, ganz viel. Aber da geht's weniger darum, was man früher gemacht hat, als wie. Die alten Sachen sind oft wahnsinnig langsam. Wir brauchten doppelt so viel Zeit, um das Gleiche zu sagen, wie heute.



"Heute": Ist Ihr Tun allein das Training?


Stachel: Absolut, it's on the job. Im Laufe der Jahre hat sich die Fertigkeit, auf den Punkt zu kommen und zwischen den Stimmen zu wechseln, stark verbessert.

"Heute": Wie entwickeln Sie die Figuren?

Hörmanseder: Im Wesentlichen tatsächlich an der Live-Situation. Wen neue Politiker auftauchen, schauen wir sie vielleicht kurz vorher an, wie sie reden. Aber wir wachsen mit den Figuren auf der Bühne.

"Heute": Wie viel Potenzial räumen Sie Pamela Rendi-Wagner ein? Nicht als SPÖ-Chefin, sondern als Ihr „Opfer"!

Hörmanseder: Es ist zu früh, um das zu beurteilen. Wir müssen ihren Charakter, wie wir ihre Figur machen werden, noch herausfinden. Wenn unser Charakter ein Eigenleben entwickelt, kann sie eine der beliebtesten Figuren werden. So wie Heinz Fischer. Der hat bei uns ein Eigenleben entwickelt, das abgestrahlt hat. Wenn uns das gelingt, gewinnt die Maschek-Figur gegen die echte.

Stachel: Potenzial ist natürlich da, weil Rendi-Wagner Ärztin ist und die SPÖ ein Patient. Diese Kombi ist eine Initialzündung.

Hörmanseder: So legen wir sie auch an. Von der Haltung her ist sie ja tatsächlich von der Sorte "Lasst mich durch, ich bin Arzt". Da ist es für uns ganz egal, dass sie die erste Frau an der SPÖ-Spitze ist.

"Heute": Wie oft passiert so etwas Tolles wie die Kneissl-Hochzeit? Das ist doch Materiallieferung frei Haus …


Stachel: Das ist zweischneidig. Beim Hochzeitsmaterial kann man kaum mehr dazu machen. Aber: Kneissl lädt sich ja auf, indem sie Putin zur Hochzeit einlädt. Und das ist der Witz. Wir machen gerade was, wo sie Van der Bellen zur Hochzeit einlädt. Das reicht, dass die Zuschauer lachen. Und das ist das für uns das Dankbare: Dass wir die Eitelkeit der Figur in andere Geschichten mitnehmen können. Dass sich das Publikum gemerkt hat, dass Kneissl so eitel war und nicht realisiert hat, ausgenutzt worden zu sein. Das ist das Attribut für sie und das Dankbare für uns.

"Heute": Was zeigt mehr von der viel Maschekseite (Rückseite, Anm.): die Puppenkiste oder die Synchros?

Stachel: Die Puppen hatten großes Potenzial, sie waren auch ein großer Erfolg an der Abendkassa. Das hätten wir vermutlich durchspielen können. Aber man kommt an Limits, weil Puppen sehr viel grobschlächtiger erzählen müssen. Wer seine Lippen nicht bewegen kann, kann auch keine großartigen Dialoge führen. Nach spätestens zwei Sätzen müssen sie sich also wieder in die Gosch'n hauen. Und das ist schon ein limitierender Faktor. Ich spiele also lieber die Synchros.

Hörmanseder: Bei den Synchros kann man den Hintergrund so großartig in den Vordergrund spielen. Elendslange Wege bei Staatsempfängen, etwa. Wenn Putin geht, etwa, und hinten wer unauffällig hüsteln oder flüstern will. Den machen wir extra laut. Diesen Irrsinn kann man viel besser thematisieren, durch Länge und Geräusche. Man kann so viel bessere Geschichten machen, viel größere Welten erfinden als bei den Puppen. Und es ist glaubhafter, weil man ja das Bild dazu sieht.



"Heute": Warum hat sich das Buch grade jetzt so aufgedrängt?


Stachel: Weil wir so stark mit den Synchro-Sachen präsent sind – im Gegensatz zu dem, was wir in den letzten 20 Jahren sonst noch so gemacht haben. Und nachdem wir nie irgendwelche DVD-Boxen angeboten haben, wollten wir so einen Überblick über unsere gesamte Arbeit geben.



"Heute": Müssten Sie einer Dame um die 70, die noch nie von Ihnen gehört hat, einen Clip empfehlen – welcher wäre das?


Stachel: Andreas Khol im Parlament, als er versucht, wie ein Oberlehrer für Ruhe zu sorgen. Ein Clip von 2007.

Hörmanseder: Ich bin für die fossile Brennstoffmafia. Putin trifft Cháves und dessen fiktive Frau, eine Simultandolmetscherin, die alle nervt, weil sie andauernd spricht.

Stachel: Wieso ist der nicht in unserem Programm?

Hörmanseder: Ist er eh, in der Zugabe.

"Heute": Woran merken Sie am jeweils anderen, dass sie um 20 Jahre gereift sind?

Hörmanseder: Daran, dass wir wortlos wissen, wie es dem anderen geht. Wir denken jetzt das, was der andere später sagen wird. Wir sind wie ein Ehepaar. Nur dass, wir uns gegenseitig nicht drüberreden müssen.

Am 26.9. erscheint auch das allererste Buch des Trios: "Maschek. Satire darf al" (Czernin Verlag)

HIER gibt's alle Infos, HIER Tickets für die neue Tour

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