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Massendemos nach Urteil in Vergewaltiger-Prozess

Heute Redaktion
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Dass fünf Männer nur wegen sexuellen Missbrauchs, nicht wegen Vergewaltigung schuldig gesprochen wurden, empört die Spanier. Laut Urteil habe das Opfer sich "nicht genug gewehrt".

Zehntausende Menschen gingen am Samstag in ganz Spanien auf die Straße und protestierten gegen das Urteil eines Gerichts in Pamplona. In einem aufsehenerregenden Prozess waren fünf Männer nur wegen sexuellen Missbrauchs, nicht aber wegen Vergewaltigung verurteilt worden, weil sich das damals 18-jährige betrunkene Opfer nicht ausreichend gewehrt hätte.

Das Urteil sorgt seit Tagen für Empörung im ganzen Land. Mehr als 1,2 Millionen Menschen unterzeichneten eine Protestpetition. In ganz Spanien gehen Zehntausende von Menschen auf die Straßen.

In Hausflur gedrängt und vergewaltigt

Die drei Richter in Pamplona hatten die wegen Vergewaltigung angeklagten Männer aus Sevilla wegen "sexuellen Missbrauchs" zu Haftstrafen von neun Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch fast 23 Jahre Haft wegen Vergewaltigung beantragt.

Nach Überzeugung der Anklage vergewaltigten die 27 bis 29 Jahre alten Männer im Juli 2016 eine 18-jährige Frau aus Madrid bei den weltbekannten Feiern zum Fest von San mit dem Stiertreiben in Pamplona. Die fünf Männer hatten die 18-Jährige in einen Hausflur gedrängt und sich an ihr vergangen.

Täter filmten selbst mit

Die Täter filmten selbst mit, wie sie sich an der jungen Frau vergingen und teilten über Whatsapp die Aufnahmen mit anderen. Die Gruppe, die sich selbst "das Rudel" nannte, brüstete sich mit der Tat. Die Männer beteuerten, die auf den Aufnahmen passive junge Frau habe entgegen ihrer Aussage freiwillig mitgemacht.

Auch die Verteidigung argumentierte, es habe sich um einvernehmlichen Sex gehandelt, und plädierte auf Freispruch. In ihrem Urteil hatten die Richter selbst darauf verwiesen, dass das Opfer den körperlich überlegenen Männern völlig ausgeliefert war.

"Es ist kein Misbrauch, es ist Vergewaltigung"

Bereits unmittelbar nach der Urteilsverkündung am Donnerstag hatte es in mehreren Städten Spaniens Demonstrationen gegen das Urteil gegeben, darunter in Madrid und Barcelona. Am Freitag demonstrierten Tausende Menschen vor dem Gericht in Pamplona. Viele der Demonstranten kritisierten insbesondere, dass einer der drei Richter für einen Freispruch der fünf Männer plädiert hatte.

"Sexueller Missbrauch" bedeutet nach spanischem Recht im Gegensatz zum Straftatbestand des "sexuellen Angriffs", dass keine "Gewalt" oder "Einschüchterung" vorlag. Allein in Pamplona gingen nach Angaben der Polizei am Samstag zwischen 32.000 und 35.000 Menschen auf die Straße.

Sie marschierten unter dem Motto "Es ist kein Missbrauch, es ist Vergewaltigung" durch die Stadt. Nach Angaben der Polizei blieb es friedlich. Trotzdem sind die Richter beunruhigt von den heftigen Reaktionen.

Staatsanwaltschaft kündigt Berufung an

Die Staatsanwaltschaft kündigte bereits Berufung gegen das umstrittene Urteil an. Die spanische Regierung gab bekannt, eine mögliche Strafrechtsreform zu prüfen. Im Jahr 2004 hatte Spanien seine Gesetze zu Gewalt gegen Frauen verschärft. 2014 gab es massive Proteste gegen eine geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts. Sie führten zum Rücktritt des Justizministers Alberto Ruiz Gallardon.

(red)