Österreich

Mauer um Mauer, Zaun um Zaun

Heute Redaktion
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Bild: Lisi Niesner / Reuters

Am 19. August 1989 fand an der ungarischen Grenze nahe Sopron ein "Paneuropäisches Picknick" statt. Otto von Habsburg hatte dazu eingeladen. Er hielt eine flammende Rede über den Wunsch der Menschen nach Freiheit.

Am 19. August 1989 fand an der ungarischen Grenze nahe Sopron ein "Paneuropäisches Picknick" statt. Otto von Habsburg hatte dazu eingeladen. Er hielt eine flammende Rede über den Wunsch der Menschen nach Freiheit.

Hunderte DDR-Bürger nutzten sofort die Gelegenheit, um von Ungarn nach Österreich zu kommen. Sie wurden bei uns mit Jubel empfangen. Der Eiserne Vorhang hatte einen ersten Riss. Bald sollte er samt der Berliner Mauer fallen. Heute, 26 Jahre später, errichtet Ungarn einen neuen Zaun. Mit einem wesentlichen Unterschied: Der kommunistische Eiserne Vorhang sollte die Menschen hindern, das "Arbeiterparadies" zu verlassen. 
Der neue Zaun soll die Flüchtlingsflut hindern, hereinzukommen. Immer schon haben die Menschen Mauern gebaut, um sich vor ungebetenen Gästen zu schützen. China baute die gigantische Große Mauer. Die Römer hatten bei uns ihren "Limes", um die Barbaren abzuwehren. Alte Städte bauten zum Schutz ihrer Bürger Stadtmauern. Die USA haben einen riesigen eisernen Zaun entlang der Grenze zu Mexiko und Israel eine acht Meter hohe Mauer entlang der Grenze zu Palästina errichtet. Geht es nur mit neuen Mauern und Zäunen in einer Welt voller Flüchtlinge? Europa steht vor einem Dilemma.

Italien und Griechenland sind längst offene Einfallstore auf dem Weg nach Europa. Die Situation scheint oft außer Kontrolle, die Behörden überfordert. Viele fragen sich besorgt, ob alle echte Flüchtlinge sind, ob sich nicht auch versteckte Terroristen unter ihnen befinden. Genaues Hinschauen ist berechtigt und notwendig. Eines aber lehrt die Geschichte: Mauern und Zäune allein haben nie die Probleme gelöst. Menschen in verzweifelter Lage suchen und finden Wege in die Freiheit. Kann man es ihnen verübeln? Und eines bleibt immer gültig: Sie sind Menschen! Menschen wie du und ich. Und: Jeder von uns kann sich eines Tages in ihrer Lage befinden. Was würde ich mir dann wünschen?

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