Welt

May bittet EU um weitere Brexit-Verschiebung

Heute Redaktion
Teilen
Picture

Nach einer mehrstündigen Kabinettssitzung hat die britische Regierungschefin Theresa May angekündigt, dass sie einen neuen Aufschub des Brexits bei der EU beantragen wolle.

Premierministerin Theresa May will eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist beantragen. Gleichzeitig streckt sie die Hand in Richtung Opposition aus, um einen Kompromiss zu finden.

May will eine erneute, möglichst kurze Verlängerung der EU-Austrittsfrist beantragen. Das kündigte sie am Dienstag nach einer siebenstündigen Kabinettssitzung in London an. Gleichzeitig will sich May mit der Opposition abstimmen, um doch noch eine Mehrheit im Parlament für das Brexit-Abkommen zu erreichen, das bereits drei Mal abgelehnt wurde.

Zuvor hatte eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten im britischen Parlament angekündigt, einen Brexit ohne Vertrag per Gesetz verhindern zu wollen. Das sagte die Labour-Abgeordnete Yvette Cooper am Dienstag in London an. "Wir sind in einer gefährlichen Situation", schrieb die Abgeordnete Cooper auf Twitter.

Ausscheiden ohne Abkommen mit drastischen Folgen

Die langjährige Gegenspielerin Mays forderte die Regierungschefin auf, einen Plan zur Verlängerung der Austrittsfrist über den 12. April hinaus vorzulegen. Dafür könnte bereits am Mittwoch ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden.

Nach derzeitiger Planung soll Großbritannien die EU am 12. April verlassen. Sollte bis dahin weder der Austrittsvertrag noch eine Alternative beschlossen sein, droht ein Ausscheiden ohne Abkommen mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche. Das Parlament hat sich bislang sowohl gegen das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen ausgesprochen, als auch gegen einen No-Deal-Brexit. Alle anderen Alternativen wurden aber auch abgelehnt.

Labour-Partei fordert engere Anbindung an die EU

Der Schritt Mays markiert eine dramatische Kehrtwende in ihrem Brexit-Kurs. Bislang lehnte May Zugeständnisse an die Opposition kategorisch ab. Die oppositionelle Labour-Partei fordert eine weitaus engere Anbindung an die EU nach dem Brexit als bisher von London geplant.

Die Fristverlängerung soll nach dem Willen Mays nicht über 22. Mai hinausgehen, damit Großbritannien nicht an der Europawahl teilnehmen muss. May machte deutlich, dass es bei den Beratungen mit der Opposition nicht um den Austrittsvertrag gehen soll, sondern um die politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen.

Eventuell vierte Abstimmung

Fraglich ist jedoch, ob die Zeit für das aufwendige Verfahren in Großbritannien ausreicht, und ob die EU einer weiteren Verlängerung zustimmt. EU-Chefunterhändler Michel Barnier warnte die Briten. Die Gefahr eines ungeregelten Brexit steige von Tag zu Tag.

Berichten zufolge könnte die britische Regierungschefin den Abgeordneten das EU-Austrittsabkommen am Donnerstag ein viertes Mal vorlegen. Doch gab es Zweifel darüber, ob der britische Parlamentspräsident John Bercow eine weitere Abstimmung über Mays Brexit-Abkommen zulassen wird.

Denn Bercow hatte schon einmal deutlich gemacht, dass May ihren Deal dem Parlament nicht beliebig oft vorlegen kann.

EU-Partner verlieren die Geduld

Die EU-Partner sind angesichts der Blockade in London zunehmend entnervt. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron äußerste sich skeptisch über eine weitere Verschiebung des Brexit.

Die EU könne nicht dauerhaft "Geisel" einer politischen Krisenlösung in Großbritannien sein, sagte Macron am Dienstag in Paris bei einem Treffen mit dem irischen Regierungschef Leo Varadkar. "Unsere Priorität muss das gute Funktionieren der Europäischen Union und des Binnenmarktes sein." (bee/sda)

(red)