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Meidlinger VHS bietet "Schimpfen in Wien" an

Heute Redaktion
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Bild: Fotolia/Heute.at-Montage

"Hoit die Pappn, hoit die Goschn, bist du deppat" - das Grantlen und Schimpfen gehört zu Wien wie der Stephansdom und der Prater. Man muss schon sein Leben lang in Wien verbracht haben, um alle Feinheiten und Nuancen des hiesigen Schimpfens perfekt zu beherrschen. Auf der Volkshochschule (VHS) Meidling wird seit Kurzem in Minikursen "Schimpfen in Wien" gelehrt.

"Hoit die Pappn, hoit die Goschn, bist du deppat" - das Grantlen und Schimpfen gehört zu Wien wie der Stephansdom und der Prater. Man muss schon sein Leben lang in Wien verbracht haben, um alle Feinheiten und Nuancen des hiesigen Schimpfens perfekt zu beherrschen. Auf der Volkshochschule (VHS) Meidling wird seit Kurzem in Minikursen "Schimpfen in Wien" gelehrt.

"Ich glaube, das war ja immer schon eine Wiener Spezialität, auf etwas zu schimpfen", meint Kursleiterin Martha Kellner. Worauf die Wiener schimpfen und wie sie das anlegen, will sie einer kleinen Gruppe von Wissbegierigen in etwa drei Stunden überblicksmäßig beibringen.

Sie erfahren etwa, dass es im Deutschen auffallend viele tierische Schimpfwörter gibt, von "Angsthase" über diverses Geflügel ("Aasgeier", "Rabenmutter" oder -vater, "Schluckspecht", "Pfau" oder der klassische "Vog(e)l", den man hat oder der man ist) bis zum "Neidhammel".

Sauschädl und Drecksau

Schweinen aller Art widmet Martha Kellner besonders viel Aufmerksamkeit. Sie erklärt, warum ein "Sauschädel" ein Schimpfwort sein kann, aber nicht sein muss, bringt ihren Schützlingen bei, was "Schwein haben" bedeutet, und warnt eindringlich vor dem Gebrauch der "Drecksau": "Das ist sehr vulgär, sehr ordinär." Unter jeder Sau eben, weil dieser Ausdruck noch weniger Niveau als ein Schwein hat.

Auch Gender-Differenzen arbeitet die Kursleiterin heraus: Für Frauen gibt es mehr Schimpfwörter als für Männer. Die Kursteilnehmer erfahren, dass der Begriff "weiblich" harmlos ist, das Hauptwort "Weib" oder gar die Mehrzahl "Weiber" höchst beleidigend ist. Von "Schlampen" und der wienerischen Entsprechung "Flitscherln" gar nicht zu reden - Kellner merkt an, dass die Wiener hier immer Frauen mit ungeordneten sexuellen Beziehungen meinen. Männer bekommen bei "Muttersöhnchen", "Hallodri" oder "Spechtler" ihr Fett ab.

Eine junge Frau interessiert sich für einen "Taugenichts": "Heißt das, dass ihm nichts taugt?", will sie wissen. "Nein, das bedeutet, dass er nichts taugt", erklärt Kellner. Den "G'schichtldrucker" können die Teilnehmer des Lehrgangs schon selbst interpretieren: "Kann das jemand sein, der eine Geschichte druckt? Also erfindet?"

Gepflegte Streitgespräche beim Würstler

Bei einem Lehrgang über das wienerische Schimpfen darf der Würstelstand nicht fehlen. Aber die Kursleiterin warnt ihre Schützlinge: "Das Wienerische ist supereklig. Wenn Sie es einmal gehört haben, werden Sie Vegetarier." Und spielt ihnen ein Hörbeispiel vor, auf dem Josef Hader eine Wurst bestellen darf: "A Eitrige, waun's ma gabadn. Jo, mid an Bugl. Und aamoi dazuagschissn." Zum Glück folgt die norddeutsche Übersetzung: "Geben sie mir bitte eine Käsekrainer. Ja, mit einem Brotkanten (Scherzerl). Und einem Klacks Senf." Anzumerken bleibt, dass viele Wiener bei einem "gschissenen" Senf automatisch den süßen Kremser Senf meinen.

Die Teilnehmer haben schon ihre Lieblingsinsultationen gefunden: "Hoit die Pappn", "Alles ist deppat", "Schleich dich", "Schluckspecht" und "Ohgschnittana" (Abgeschnittener, für zu kleine Menschen, Anm.) werden genannt.

Sprachumgang im Alltag soll geschult werden

Martha Kellner, die normale Deutsch-Intensivkurse abhält, veranstaltet diesen Minikurs, weil "es mir selbst Spaß macht und ich zweitens davon was lernen kann". Etwa von den fremdsprachigen Teilnehmern: "Ich habe diese Kurse schon vorher einmal gemacht, und da hatte ich zwei Leute aus arabischen Ländern dabei. Das war sensationell: Die Beschimpfung der Mutter, das ist Kindergarten. Da kann man erzählen, dass der Großvater deines Cousins einem Esel gleichgesehen hat, das wird dann sehr komplex."

Für die VHS Meidling sind dieser und andere Minikurse ein wichtiges Angebot zum Schwerpunkt Deutsch als Zweitsprache, erläutert Nicolette Wallmann, Direktorin der VHS. Bei der Auseinandersetzung mit Sprache seien Fragen zu Alltagssprache und Dialekt wichtig. Nicht zuletzt deshalb werden dazu Minikurse um sechs Euro angeboten, die auch Appetit auf Semesterkurse machen sollen. "Schimpfen in Wien" sei allerdings ein begleitendes Angebot für Fortgeschrittene. "Die Teilnehmer sollen ein Werkzeug mitbekommen, wie man auf Sprache schauen kann", so Wallmann.