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Meint er es ernst, hat der Kronprinz viel zu tun

Saudi-Arabiens Kronprinz will sein Land in eine offene Gesellschaft verwandeln. Das sind die größten Herausforderungen.

Heute Redaktion
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Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien
Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien
Bild: picturedesk.com/APA

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat dem Extremismus in seinem Land den Kampf angesagt und angekündigt, zu einem "moderaten Islam" zurückzukehren. Dabei gilt Saudi-Arabien als Staat, der den sunnitischen Extremismus überhaupt erst erfunden und in die Welt exportiert hat. Will der 32-jährige Verteidigungsminister seinen aufgeklärten Worten Taten folgen lassen, dann hat er einiges zu tun. Ein Überblick über die innen- und außenpolitischen Baustellen der Monarchie:

Frauenrechte

Einer der größten Kritikpunkte ist die fehlende Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Zwar verkündete König Salman vor einem Monat, dass Frauen künftig das Autofahren erlaubt werden soll. Im Juli genehmigte das Bildungsministerium die Teilnahme von Mädchen am Sportunterricht staatlicher Schulen. Dennoch sind Frauen immer noch massiv benachteiligt. Im öffentlichen Leben sind so gut wie alle Bereiche nach Geschlechtern getrennt, und Frauen müssen bodenlange Gewänder und schwarze Kopftücher tragen. Frauen sind nicht geschäftsfähig und haben einen gesetzlichen männlichen Vormund – in der Regel ihren Ehemann, Vater, Bruder oder Onkel.

Meinungsfreiheit

Nicht nur Frauen haben unter der wahhabitisch-konservativen Auslegung des Islam zu leiden. Die Meinungs- und Pressefreiheit ist in Saudi-Arabien stark eingeschränkt. Es herrscht Versammlungs- und Demonstrationsverbot. Auf der diesjährigen Liste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen landete das Land auf Platz 168 von 180.

Religionsfreiheit

Auch Religionsfreiheit sucht man in Saudi-Arabien vergebens. Nur der salafistische Islam darf öffentlich praktiziert werden, andere Richtungen des Islam werden nicht anerkannt. Andere Religionen sind ohnehin untersagt. Nichtislamische Gotteshäuser wie Kirchen oder Synagogen sind verboten. Auf den Abfall vom islamischen Glauben steht die Todesstrafe.

Opposition, Strafen, Ausländer

Minderheiten haben es generell schwer. Politische Parteien und Gewerkschaften sind verboten. Oppositionelle Gruppen werden in Saudi-Arabien strafrechtlich verfolgt. Auf Homosexualität steht die Todesstrafe. Andere gängige Strafen sind Steinigung, Auspeitschung oder Amputation. Ausländische Arbeitskräfte – Saudi-Arabien hat bei 27 Millionen Einwohnern immerhin neun Millionen Einwanderer – werden deutlich schlechter bezahlt und arbeiten vor allem in Bereichen, in denen Saudis nicht arbeiten wollen. Die großzügigen Sozialleistungen sind Staatsangehörigen vorbehalten.

Wirtschaft

Wirtschaftlich muss sich das Land, das jahrzehntelang von seinem Ölreichtum profitierte, umorientieren. Sonst ist der Staat, dessen Bewohner 2017 zum ersten Mal überhaupt Steuern zahlen mussten, in zwanzig Jahren pleite. Kronprinz Mohammed, den die "Zeit" einmal als "korrupt, raffgierig und arrogant" beschrieb, will deshalb im Rahmen des Projekts "Vision 2030" Wirtschaft und Gesellschaft modernisieren. Die angestrebten gesellschaftlichen Lockerungen sollen nicht nur der Bevölkerung dienen, sondern auch dem wirtschaftlichen Aufschwung.

Extremismus

Saudi-Arabien gilt international noch immer als Brutstätte und Förderer von Terrorismus. Riad steht im Verdacht, weltweit sunnitischen Extremismus zu verbreiten und mit Spendengeldern zu unterstützen, etwa in Ländern wie Afghanistan, Palästina, Sudan und Libanon.

Außenpolitik

Außenpolitisch tritt Saudi-Arabien zunehmend aggressiv auf. Verteidigungsminister Mohammed bin Salman ist für die verheerende Militärkampagne im Jemen verantwortlich. Durch Luftangriffe auf Gebiete unter Kontrolle der Huthi-Rebellen starben Tausende Zivilisten. Der Kronprinz soll auch einer der Hauptakteure bei der Blockade des Nachbar-Emirats Katar in den vergangenen Monaten sein. Der deutsche Bundesnachrichtendienst warnte laut "Spiegel" bereits 2015 vor seiner "impulsiven Interventionspolitik". Der Geheimdienst fürchtete, dadurch würden "die Beziehungen zu befreundeten und vor allem alliierten Staaten der Region überstrapaziert".

(red)

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