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Meistgefoulter Liga-Star sogar auf der Piste umgenietet

Lustenau-Spielmacher Stefano Surdanovic ist der meistgefoulte Spieler der Bundesliga, wird sogar auf der Piste gelegt. Das große "Heute"-Interview.

Sebastian Klein
Stefano Surdanovic wird auf und abseits des Rasens gefoult. Rechts im Bild die Kollision mit Mitspieler Thorben Rhein beim Langlaufen.
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Gepa, Instagram

In gut zwei Wochen rollt in der Bundesliga wieder der Ball. Austria Lustenau muss bei Serienmeister Red Bull Salzburg ran – hat mit Stefano Surdanovic aber eine Geheimwaffe. Sein starker Herbst wird auch dem Liga-Leader nicht verborgen geblieben sein. Seine Flexibilität macht den Welser mit serbischem Pass aber unberechenbar.

Ausbildung in Wels und Ried, Zweitliga-Meister mit Blau Weiß Linz, im Vorjahr der Admira-Abstieg kurz nach dem Bundesliga-Debüt. Die schwere Klubsuche als "Ausländer", der hier geboren wurde. Jetzt der kometenhafte Aufstieg in Lustenau beim aufregenden Aufsteiger aus dem Ländle. Im "Heute"-Talk verrät der meistgefoulte Spieler des Herbstes, was hinter der Statistik steckt, in der bei der WM in Katar beispielsweise Superstar Lionel Messi top war.

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    Die Shootingstars der Bundesliga! Diese Kicker spielten sich in den ersten Saisonrunden ins Rampenlicht, überraschten viele Experten. "Heute" stellt sie vor.
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    DIETMAR STIPLOVSEK / APA / picturedesk.com

    Du bist der meistgefoulte Spieler der Liga. Was glaubst Du sind die Gründe?

    "Das ist eine gute Frage. Ich bin seit der Akademie dieses körperbetonte Spiel gewöhnt. Damals war ich Mittelstürmer und hatte immer den Gegner im Rücken. Aber auch im Mittelfeld stelle ich meinen Körper gegen die Gegner ein, versuche mich einzudrehen. Dann bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Gegner foult mich, oder ich bin an ihm vorbei und laufe auf die Kette zu. Meine Mitspieler scherzen bereits, dass ich lieber fünf Zweikämpfe suche, bevor ich abspiele. Sogar, wenn ich schon allein aufs Tor laufe."

    "Als ich die Statistik das erste Mal gesehen habe, habe ich gedacht: Entweder ich bin so schlecht und komme an keinem Spieler vorbei, oder ich bin so gut und die Gegner haben keine andere Möglichkeit."

    Die Top-5 der Meistgefoulten
    1. Stefano Surdanovic (Lustenau): 52
    2. Marco Grüll (Rapid): 39
    3. Reinhold Ranftl (Austria): 37
    4. Alex Tibidi (Altach): 37
    5. Stefan Nutz (Ried): 33

    Ich sage mal so: Bei der WM war Lionel Messi in dieser Rubrik top ...

    "Endlich werde ich in einem Atemzug mit ihm genannt (lacht)."

    Wie geht’s Dir nach einem Match, in dem Du derart abgeklopft wirst?

    "Gott sei Dank halten sich Schmerzen der Fouls in Grenzen. Wenn es dann mal mehr wehtut, muss man die Zähne zusammenbeißen. So ist der Fußball. Die leichten Blessuren sind meistens nach ein, zwei Tagen schon wieder weg. Selbst, wenn sich mal eine Blessur länger zieht, bin ich der, der durchbeißen kann. Mein Körper ist das schon gewohnt."

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      "Heute"-Experte Peter Pacult wählt seine Topelf der WM in Katar. Fünf argentinische Weltmeister schaffen es in seine Auswahl.
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      Heute-Montage

      Was bedeutet Dir solche Statistiken, analysierst Du Deine Spiele im Nachhinein?

      "Ich schau mir manchmal den Sky-Player-Index an. Wenn ich gute Dribblings gemacht habe oder viele Pässe gespielt habe, schaue ich schon gerne nach. Wir bekommen aber auch vom Verein Statistiken, wo ich dann sehen kann, wie viele Pässe angekommen sind bzw. wie viele Fehlpässe dabei waren. Natürlich analysiere ich dann mein eigenes Spiel und will kritisch mit mir selbst sein."

      "Nicht jeder Gegner ist gleich. Gerade gegen Klubs wie Salzburg ist man besonders motiviert, will sich einfach mit den Besten messen. Wenn man gegen solche Gegner gut spielt, ist es eine Bestätigung, dass die Arbeit in die richtige Richtung geht."

      Witzig: Hier wird meistgefoulte Sudanovic sogar vom eigenen Kollegen, Thorben Rhein, beim Teambuilding-Ausflug in die Loipe von den Beinen gerissen. Beide überstehen die Szene zum Glück unverletzt.

      Du hast diese Saison bei Lustenau beinahe jede Position im Mittelfeld und Angriff gespielt. Was macht Dich so variabel?

      "In der Jugend habe ich zumeist am Flügel gespielt, ab und zu im Sturm. In der Akademie habe ich meistens im Sturmzentrum gespielt. Als ich dann zu den Ried-Amateuren gekommen bin, wurde ich am Flügel und als Zehner eingesetzt. Als ich dann bei den Profis war, erkannte man, dass ich sehr variabel bin. Wo es gepasst hat, wurde ich damals als junger Spieler eingesetzt. Damals war ich ein 'Lückenfüller'."

      "Bei Blau Weiß Linz war ich eigentlich Zehner, wurde aber auch öfters im Sturm eingesetzt. Es ist zwar nicht meine Lieblingsposition, aber ich kann es spielen. Am liebsten werde ich auf der linken Achterposition eingesetzt, kann dann dort als Bindeglied zwischen Defensive und Offensive agieren."

      Du bist vergangenen Winter zur Admira in die Bundesliga gewechselt. Das ist genau ein Jahr her. Dann der Abstieg. In Lustenau wars Du sofort Führungsspieler. Warum läuft es für Dich in Lustenau so gut?

      "Ich hole ein wenig aus (lacht)."

      "Ich bin sehr glücklich, dass ich mir den Traum Bundesliga erfüllen konnte. Damals in Ried hatte ich meinen ersten Profivertrag unterschrieben. Ried stieg damals allerdings aus der Bundesliga ab. In der zweiten Liga bin ich damals super gestartet. Ich war mit 18 immer dabei. Wegen der Matura konnte ich allerdings ab und zu nicht trainieren. Im zweiten Jahr ist es dann nicht mehr so gut gelaufen. Der Trainer hat mit mir nicht mehr geplant. Obwohl ich immer gut trainiert habe, saß ich meistens nur auf der Bank oder der Tribüne."

      "Dann kam der Wechsel zu Blau Weiß Linz zustande. Anfangs ist es dort ergebnistechnisch nicht wirklich gut gelaufen. Nach dem Trainerwechsel ist es bergauf gegangen. Wir wurden damals Meister. Aus dem Team sind einige Spieler gewechselt. Ich war einer der wenigen, die nicht gewechselt sind. Ich hab dann weiter Gas gegeben und gute Leistungen gehabt."

      "Mit dem Schritt zur Admira hat sich ein Traum erfüllt. Ich hab immer mein Ziel vor Augen gehabt und nach viereinhalb Jahren den Schritt in die Bundesliga geschafft. Dort wurde ich relativ schnell zum Stammspieler. Hab dort im rechten Mittelfeld gespielt. Diese Position spiele ich nicht gerne ..."

      "Herzog war ein guter Trainer mit einem guten Fachwissen. Die Trainingssteuerung war allerdings nicht ideal." - Stefano Surdanovic

      Wie war die Erfahrung unter Andi Herzog und Abstiegskampf?

      "Herzog war ein guter Trainer mit einem guten Fachwissen. Die Trainingssteuerung war allerdings nicht ideal. Wir haben zu viel trainiert. Das ist für mich eher kontraproduktiv gewesen. Am Anfang der Woche machen harte Trainings Sinn. Vor dem Match ist allerdings eine Regenerationsphase sinnvoll, um im Match Gas geben zu können. Das war leider nicht immer so."

      "Dann ist halt der Abstieg gekommen. Das war bitter. Ich bin erst kurz vorher nach Wien in eine neue Wohnung gezogen. Danach bist du im Sommer vereinslos, ich hatte ja nur einen Vertrag für die Bundesliga. Mein Management hat dann bei Vereinen angefragt. Damals kam dann oft die Antwort: 'Richtig guter Spieler, würden wir sofort verpflichten, aber wir haben keinen Ausländerplatz mehr'. Lustenau hat sich dann entschieden, dass sie auf die Ausländerregelung verzichten."

      War es für Dich einmal ein Thema, dass Du dich aus diesen Gründen um die österreichische Staatsbürgerschaft bemühst?

      "Nach der Schule wurde mit Thomas Weissenböck mein ehemalige Amateur-Trainer Cheftrainer bei Ried. Ich wusste, dass das eventuell meine große Chance sein wird. Meine Überlegung war damals, dass ich mit der österreichischen Staatsbürgerschaft auch zum Bundesheer müsste."

      "Dann war ich bei Blau Weiß. War in einem neuen Team, da wollte ich dann auch nicht gleich wieder weggehen und zum Heer einrücken. Unter jedem neuen Trainer musste ich mich beweisen, da war keine Zeit für das Bundesheer. Mittlerweile hab ich auch mit meinem Berater schon besprochen, dass ich nicht die österreichische Staatsbürgerschaft annehmen werde. Unter anderem, weil es mein Traum ist, irgendwann für die serbische Nationalmannschaft aufzulaufen."

      "Ich verstehe allerdings auch nicht, warum ich offiziell als Ausländer gelte. Ich habe hier meine Jugendausbildung gehabt und bin hier zur Schule gegangen. Es ist halt so und man muss es nehmen, wie es ist."

      Stefano Surdanovic beim akrobatischen Jubel. Bisher traf er heuer drei Mal.
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      Gepa

      Apropos Serbien: Wie hast Du die WM-Auftritte der Serben verfolgt?

      "Serbien spielt in der Quali und den Vorbereitungsspielen sehr stark. Aber sobald sie zur WM kommen, fehlt ein bisschen der Biss. Man hat auf jeder Position Top-Spieler aus Top-Ligen. Ich finde es schade, wenn du zum Beispiel gegen Kamerun 3:1 führst und dann nur Unentschieden spielst. Und das meine ich mit der Einstellung: 'Wir sind jetzt bei der WM, mehr muss man jetzt nicht machen'. Das ist der Unterschied zwischen uns und den Kroaten. Die sind da vielleicht mehr Team und mit dem Herz dabei als wir. Deshalb sind die dann auch so erfolgreich."

      Zurück zu Lustenau. Ihr spielt aufregenden Fußball. Ich nehme an, ganz in Deinem Sinne?

      "Ich kenne Lustenau bereits aus der zweiten Liga, die wollten immer schon Fußballspielen. Noch bevor ich bei der Austria unterschrieben habe, hab ich zu einem Freund gesagt, dass Lustenau eine gute Rolle spielen wird in dieser Saison. Sie spielen richtig geilen Fußball. Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich dann hierher kommen konnte. Lustenau spielt einen ähnlichen Spielstil, wie ich ihn am liebsten mag. Natürlich gibt’s auch Phasen, wo es nicht hundertprozentig klappt, dennoch glaube ich, dass wir einen attraktiven Fußball spielen."

      Wie beurteilst Du den Wechsel von Eurem Topstürmer Bryan Teixeira zu Sturm?

      "Bryan ist ein super Kerl und ein super Spieler. Schade um seine Qualität, bitter dass er uns verlassen hat. Er hat aber einen richtigen Schritt zu einem tollen Verein gemacht. Der Transfer hat Hand und Fuß. Ich hoffe, dass er sich dort wohlfühlt und ihm der nächste Schritt in eine Top-Liga gelingt. Er hat sich den Wechsel absolut verdient. Ich habe ihm schon gesagt, dass es im direkten Duell ein bisschen schwieriger wird für ihn."

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        Gepa

        Zum Abschluss: Wie geht’s dir persönlich mit dem Umzug von Wien ins Ländle?

        "Meine Freundin ist von Wien mit nach Lustenau gekommen. Dafür bin ich sehr sehr dankbar. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man nach Hause kommt und nicht alleine ist. Man kann gemeinsam was unternehmen. Auch die Mitspieler sind super. Wir machen auch privat einiges wie gemeinsam Essen oder ins Kino. Da wird dann auch meine Freundin eingebunden. Auch andere Spieler nehmen oft ihre Freundinnen mit, mit denen verstehen wir uns auch sehr gut. Es freut mich, dass man bei uns auch abseits des Platzes das gute Teamgefüge erkennen kann."

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