Wirtschaft

Mensdorff: Kronzeuge hat keine Erinnerung

Heute Redaktion
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Der im Vorfeld seiner Aussage als "Kronzeuge der Anklage" bezeichnete Mark Cliff hat sich nur bedingt als Stütze für Staatsanwalt Michael Radasztics erwiesen. Der ehemalige Vermögensberater von Mensdorffs Mentor Timothy Landon kann sich kaum an seine früheren Aussagen erinnern und nicht bestätigen, dass Schmiergeld geflossen ist.

Der im Vorfeld seiner Aussage als "Kronzeuge der Anklage" bezeichnete Mark Cliff hat sich nur bedingt als Stütze für Staatsanwalt Michael Radasztics erwiesen. Der ehemalige Vermögensberater von Mensdorffs Mentor Timothy Landon kann sich kaum an seine früheren Aussagen erinnern und nicht bestätigen, dass Schmiergeld geflossen ist.

Der ehemalige Vermögensverwalter von Mensdorffs Mentor bei BAE Systems, Timothy Landon, hatte sich für das Wiener Gericht im Hastings Magistrates Court in der englischen Grafschaft East Sussex eingefunden und wurde per Videokonferenz befragt. Die Leitung nach England war pünktlich aufgebaut worden und funktionierte bis auf eine kurze Störung einwandfrei. Doch seine wenigen klaren Aussagen waren für die Anklage keine große Hilfe.

"Mein Gedächtnis ist nicht so gut wie damals"

Zu Beginn seiner Einvernahme stellte Mark Cliff (55) klar, dass er seine detaillierten Angaben gegenüber der britischen Antikorruptionsbehörde Serious Fraud Office (SFO) schon vor Jahren gemacht habe. Die Aussagen am Dienstag waren nur sehr spärlich. Zu Detailfragen konnte oder wollte sich Cliff nicht äußern: Mehrmals fielen die Antworten in Form von kurzen Sätzen wie "Das weiß ich nicht" oder "Ich kann mich nicht erinnern" aus. Cliff sagte dazu: "Es ist nicht so, dass ich nicht helfen möchte. Aber mein Gedächtnis ist nicht so gut wie damals."

Gegenüber dem britischen Serious Fraud Office (SFO) hatte Cliff noch erklärt, Mensdorff sei dabei gewesen, als Anfang Oktober 2001 bei BAE über "Drittzahlungen" diskutiert wurde, wobei sich die BAE-Manager dabei auf "liberale Zahlungen" und eine Verschleierungs-Taktik der Geldflüsse geeinigt haben sollen. Konkret hatte Cliff vor dem SFO in diesem Zusammenhang zu Protokoll gegeben: "Was hier besprochen wurde, war die Zahlung von Schmiergeldern."

Schmiergeld-Zahlungen: "Nie sicher gewusst"

Diese Aussage wollte der 55-Jährige gegenüber Richter Stefan Apostol nicht mehr aufrechterhalten. Er habe dem SFO "Suggestivfragen" beantwortet, ob es wirklich um Schmiergeld-Zahlungen ging, "habe ich nie sicher gewusst". Die Frage Apostols, worum es sich seiner Ansicht nach bei den besprochenen Zahlungen handelte, beantwortete Cliff mit "Ich weiß nicht." Die BAE-Manager hätten sich jedenfalls nicht zu Bestechungszwecken verschworen: "Ich habe nie etwas Derartiges gesehen."

Erklärungsbedarf bekam Cliff, als Richter Apostol ihm ein Schreiben vorhielt, in dem Timothy Landon ihn, Cliff, sinngemäß wissen hatte lassen, die einzige Lösung heutzutage sei "ein Koffer und Cash". Auf die Frage, was damit gemeint sein könnte, wand sich Landons Vermögensverwalter und vermied es tunlichst, das Wort "Bestechung" in den Mund zu nehmen: "Die Implikation ist offenkundig. Die Implikation ist, dass man Leute mit einem Koffer voll Geld besucht. Aber ich habe bereits gesagt, dass wir das nicht gemacht haben."

Auf eine weitere Frage, ob es bei Eurofighter zu Bestechungszahlungen gekommen sei, erwiderte Cliff: "Es ist schwer, es auf andere Weise auszudrücken. Aber ohne Details vor sich zu haben, ist es schwer, es mit Sicherheit zu sagen." Ihm sei auf alle Fälle versichert worden, "dass keine Schmiergelder bezahlt wurden". Der Zeuge räumte zwar ein, dass er dahingehend durchaus Bedenken gehabt hätte, doch habe er "nichts gewusst".

Er habe Landon, der Alfons Mensdorff-Pouilly bei BAE Systems eingeführt hatte und als dessen Mentor galt, in seiner Studienzeit kennen gelernt und später Landons beträchtliches Vernehmen verwaltet, sagte Cliff. Bei Fragen nach Briefkasten-Firmen, die für Landon bzw. BAE gegründet worden sein sollen, blieb Cliff vage. Für Mensdorff habe er eine Firma gegründet, damit dieser ein Schloss in Schottland kaufen konnte.

Eine einzige belastende Aussage

Einzig in einem Punkt belastete Cliff Mensdorff, indem er die Briefkastenfirma Brodmann Business S.A., mit der der "Graf" nichts zu tun haben will, diesem zurechnete. Seines Wissens sei dies "Alis Firma" gewesen, "aber ich kann nicht sicher sein", so Cliff. Über Brodmann sollen 12,6 Mio. Euro geflossen sein, die BAE Systems laut Anklage Mensdorff zur Vornahme von Einflussnahme auf Beschaffungsvorgänge in Ost- und Mitteleuropa zur Verfügung gestellt haben soll. Mensdorff behauptet demgegenüber, die Firma habe dem 2007 an Krebs verstorbenen Timothy Landon gehört, für den er mit Brodmann-Geldern treuhändisch in dessen Auftrag Investitionen vorgenommen habe.

Cliff bestätigte nichts

Nicht bestätigen wollte Mark Cliff seine seinerzeitigen Angaben, wonach die auf den Britischen Jungferninseln etablierte Foxbury International SA für BAE Systems ein "Weg" gewesen sei, "Gelder an den Grafen zu leiten". Das hatte der 55-Jährige gegenüber dem Serious Fraud Office (SFO) erklärt. Er könne sich "nicht mehr genau erinnern, das ist schon einige Jahre her", erklärte Cliff dazu auf Befragen des Richters. Wofür Mensdorff die lukrierten Gelder verwendet habe, wisse er ebenfalls nicht.

Cliff hatte gegenüber dem SFO ausführlich von dubiosen Machenschaften bei BAE Systems berichtet. Die Ermittlungen in Großbritannien wurden jedoch eingestellt. Eine Vereinbarung, die Cliff mit dem SFO geschlossen hatte, sieht jedoch dessen Kooperation mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden vor, weshalb das Wiener Gericht zumindest seine Befragung vornehmen kann.

BAE-Zeugen bleiben fern

Es wird voraussichtlich nur mehr zwei Verhandlungstage geben: Am 16. Jänner wird der Prozess fortgesetzt, die Urteile sollen am 17. Jänner fallen.

Der Grund: Sämtliche Zeugen aus dem BAE-Umfeld, die Richter Stefan Apostol als Zeugen geladen hat, haben ihm inzwischen eine Absage erteilt und werden nicht im Wiener Straflandesgericht erscheinen. Einige von ihnen haben ausdrücklich deponiert, grundsätzlich zu keiner Aussage bereit zu sein. Eine gesetzliche Grundlage, ihre Aussage zu erzwingen, gibt es nicht. Das erschwert die Aufgabe von Staatsanwalt Michael Radasztics, der Mensdorff Geldwäsche nachweisen will.

APA/red

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