Hass gegen Juden

Messerstecher (15) radikalisierte sich auf Social Media

Er erstach auf offener Straße einen Menschen – angetrieben durch Judenhass. Wie kam es so weit? Ein Blick in den Browserverlauf eines Attentäters.

20 Minuten
Messerstecher (15) radikalisierte sich auf Social Media
In einem Video warnte der 15-jährige Attentäter, dass alle Ungläubigen bestraft werden müssen.
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Ein 15-Jähriger mit tunesischen Wurzeln schritt am Samstagabend zum Angriff – und stach in Zürich einen orthodoxen Juden (50) mit einem Messer nieder. Nun zeigen Recherchen des "Tagesanzeigers", wie sich der Teenager online radikalisierte.

Radikalisierung auf sozialen Plattformen

Was harmlos begann, endete im Extremismus: Zunächst recherchierte der Junge im Internet nach Fragen wie "Was sind Kondome?" oder "Sind pornografische Clips halal oder haram" – also erlaubt oder verboten – oder vertrieb sich die Langeweile mit Videospielen.

2021, als er 12 Jahre alt ist, eröffnet der Täter ein Konto auf Social Media unter dem Namen "Brot". Ein Codewort, wie sich herausstellt, das in der islamistischen Szene genutzt wird. "Brot backen" soll etwa laut einem Islamismusforscher für "Sprengkörper herstellen" stehen.

Mit 13 Jahren versucht sich der Teenager als Youtube-Gamer, lädt drei Videos von sich beim Spielen hoch, kommentiert diese auf Arabisch. Zwischendurch flimmern Videoschnipsel von Rapper Kanye West, der wegen antisemitischer Äußerungen auffiel, und hassschürende Propagandavideos über den Bildschirm.

Zunehmend postet er islamistisches Gedankengut, äußert sich selbst auch eindeutig islamistisch. Im Sommer 2023 sieht sich der Jugendliche bald selbst zur Vergeltung ermächtigt und berufen, ein Held, ein Märtyrer zu sein, wie der Tagesanzeiger schreibt.

US-nationalistische Bewegung macht es vor

Im Herbst, um die Zeit des 7. Oktobers, gibt sich der Junge auf X (ehemals Twitter) mehrfach als IS-Sympathisant zu erkennen. Auf Instagram folgen ihm bald mehr als 1000 Accounts – viele scheinbar aus dem arabischen Raum betrieben, nicht wenige von ihnen mit IS-Bezügen.

Jugendliche mit Memes und Games zu locken, ist eine bekannte Strategie des IS. Vorbild ist dabei die amerikanische Alt-Right-Bewegung, die sich auf unmoderierten Foren wie 4chan, aber auch auf X bewegt, wie Untersuchungen zeigen.

"Er ist tatsächlich Isis"

"Gerade junge Männer können sich von radikalen Ideen verleiten lassen", erklärt der forensische Psychiater Thomas Knecht. "Charismatische Identifikationsfiguren, in diesem Fall radikale Islamisten, werden zum Vorbild hochstilisiert."

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    Der Vorfall ereignete sich am Samstagabend (2. März 2024) um kurz vor 22 Uhr im Zürcher Kreis 2.
    Der Vorfall ereignete sich am Samstagabend (2. März 2024) um kurz vor 22 Uhr im Zürcher Kreis 2.
    20 Minuten / News-Scout

    Der Täter äußert sich im Januar noch unter dem Post eines saudischen Influencers. Sein ursprünglicher Kommentar ist aufgrund des gelöschten Kontos nicht mehr ersichtlich. Anhand der Antworten zeigt sich jedoch, dass es um die Frage geht, ob er mit dem IS in Verbindung stehe. "Er ist tatsächlich Isis", konstatiert letztlich ein User. Er sei mit dem 15-Jährigen bereits einmal in einem Livechat gewesen.

    Auf einem anderen Kanal wird der Account des Jugendlichen im November 2023 in einem Video mit eindeutigem IS-Inhalt verlinkt. Nach seiner Tat, die er in einem Videoclip ankündigte und später via Tonaufnahme dokumentierte, erhielt der Jugendliche auf seinem Instagram-Account Zuspruch. Einige wünschten ihm, dass er bald aus dem Gefängnis entlassen werde.

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      02.05.2024: Wiener von U-Bahn eingezwickt, bekommt 14.000 Euro. Im letzten Moment sprang ein Wiener noch in die U-Bahn, wurde von den bereits schließenden Türen verletzt. Die Wiener Linien gaben ihm die Schuld. Weiterlesen >>>
      Wiener Linien / Manfred Helmer

      Auf den Punkt gebracht

      • Am Samstagabend griff ein 15-Jähriger einen 50-Jährigen orthodoxen Juden mit dem Messer an
      • Seine Tat war antisemitisch motiviert und der Junge soll sich im vergangenen Jahr radikalisiert haben
      • Eine Recherche zeigt, wie stark sein Internetkonsum damit zu tun hatte
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