Zweite Runde vor Gericht für einen gebürtigen Tschetschenen (22) – der schwere Vorwurf: versuchter Doppelmord. Im Vorjahr soll der junge Mann zwei Syrer am Reumannplatz in Wien-Favoriten mit einem Klappmesser niedergestochen haben. Schon im Oktober stand er deshalb gemeinsam mit seinem Vater (46) vor Gericht.
Doch die Laienrichter hatten die Anklage wegen versuchten Doppelmords verworfen, hielten den 22-Jährigen nur wegen absichtlicher Körperverletzung für schuldig. Dem Vater billigten sie "gerechtfertigte Notwehr" zu. Die drei Berufsrichter setzten daraufhin das Urteil aus – alles ging zurück an den Start. Der ursprünglich mitangeklagte Vater wurde bereits aus der Haft entlassen, die Anklage fallengelassen. Er trat nun am Mittwoch nur noch als Zeuge auf.
Der 22-Jährige soll sich am 1. März 2024 durch einen syrischen Dealer (18) offenbar in seiner "Ehre" verletzt gefühlt haben. Denn der Jugendliche hatte den strenggläubigen Mann am U-Bahn-Aufgang gefragt, ob er Drogen kaufen wolle – eine Sünde! Als der Mann angeblich mit den Worten: "Nein! Und schleich dich" ablehnte, zückte der 18-Jährige ein Pfefferspray und sprühte es dem Fremden ins Gesicht.
Der junge Tschetschene sah daraufhin rot, soll später mit seinem Vater wieder zurück gekommen sein. Weil ihn der Syrer angeblich zu lange "angestarrt" hatte, soll der 22-Jährige dem 18-jährigen Opfer in die Brust gestochen haben. Die Klinge verletzte einen Lungenflügel, durchtrennte eine Arterie – Lebensgefahr! Das Opfer drohte binnen Minuten zu verbluten. Ein 21-jähriger Freund des Opfers erlitt ebenfalls einen Lungenstich. Im Zuge eines Tumults soll der Vater des Verdächtigen Umstehenden mit einem Messer gedroht haben.
"Für die Stiche" sei er schuldig, so der 22-Jährige am Mittwoch vor Gericht. Sein Mandant habe die Syrer "kampfunfähig" machen wollen, so Top-Verteidiger Florian Kreiner. Einen Tötungsvorsatz habe es nicht gegeben. Am Reumannplatz sei es damals zu einem Tumult mit den Syrern gekommen. Die Gruppe war ihm überlegen, deshalb habe er das Messer gezückt – und mutmaßlich auch zugestochen.
"Ich habe nicht damit gerechnet, dass er sterben könnte", so der Angeklagte. Die Syrer wären zum Teil "mit Eisenstangen" bewaffnet gewesen. Mildes Urteil Mittwochnachmittag für den 22-jährigen Tschetschenen: Viereinhalb Jahre Haft, dazu Schmerzensgeld in der Höhe von 5.390 bzw. 2.130 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig, möglich wären bis zu 10 Jahre Haft gewesen.