Szene

Michael Moore rechnet mit der US-Politik beinhart ab

In seinem neuen Dokumentarfilm zeichnet der Filmemacher den Aufstieg Donald Trumps zum US-Präsidenten nach.

Heute Redaktion
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Und natürlich geht Michael Moore dabei mit dem umstrittenen 54. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ins Gericht. Doch wer sich bei "Fahrenheit 11/9" ein reines Trump-Bashing erwartet, wird enttäuscht werden. Mit der Frage "How the fuck did that happen", nimmt der 64-jährige Oscar-Preisträger in einem Rundumschlag viele Faktoren und Nebengeräusche in die Verantwortung, die den Aufstieg des Milliardärs zum mächtigsten Politiker der Welt ermöglicht haben.

Mit den für Moore typischen Stilmitteln, die ihn mit "Bowling For Columbine" weltbekannt machten, geht es korrupten Republikanern und feigen Demokraten gleichermaßen an den Kragen. Schnelle Schnittbilder von Nachrichtensendungen wechseln sich mit persönlichen Interviews und Archivbildern ab.

Gwen Stefani ist schuld!

Man muss kein Experte in der teilweise recht umständlich funktionierenden US-amerinischen Innenpolitik sein, um die von Moore inszenierten Beispiele zu verstehen. Zu Beginn etwa wird Popsängerin Gwen Stefani als eine der Hauptschuldigen dafür genannt, die Trump zu seiner Präsidentschaftskandidatur genötigt hat.

Sie soll als Jurorin bei "America's Got Talent" von NBC mehr Gage bekommen haben als Trump für seine Tätigkeiten bei "The Apprentice". Ein Publicity-Stunt, in dem er sich daraufhin zu einem Präsidentschaftskandidat inszenierte, geriet irgendwie außer Kontrolle und endete schließlich im Weißen Haus.

Auch die Demokraten, die Bernie Sanders, dem parteiinternen Gegenkandidaten von Hillary Clinton, durch Manipulation die Chance auf eine Präsidentschaftskandidatur nahmen, tragen in Moores Augen eine große Schuld daran, dass sich viele Leute entäuscht dazu entschlossen haben, nicht wählen zu gehen. Die größte Wählergruppe bei den Präsidentschaftswahlen waren die Nichtwähler.

Verseuchtes Wasser in Flint

Am anschaulichsten zeigt Moore das Versagen des politischen Systems anhand seiner Heimatstadt Flint. Noch während der Amtszeit von Präsident Obama stürzte der republikanische Senator des Bundesstaates Michigan die "ärmste Stadt Amerikas" in eine Trinkwasserkrise von enormem Ausmaß. Fast alle Einwohner wurden dabei über Monate hinweg bleihaltigem Wasser ausgesetzt, ohne es zu wissen. Untersuchungen zeigten danach, dass so ziemlich alle Kinder in Flint gesundheitsschädigende Mengen Blei im Körper vorweisen.

Ein Besuch Obamas sollte den Bewohnern damals Hoffnung machen. Doch der Präsident entäuschte die Bevölkerung mit einem Lippenbekenntnis bitter. Auch sie wurden so zu Nichtwählern, weil sie das Vertrauen in die Politik verloren hatten.

Junge Demokraten als Hoffnung?

Doch es gibt auch einen hellen Streifen am politischen Horizont. Zahlreiche junge Politiker wie die demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez versuchen das alte, etablierte System aufzubrechen und einen frischen Wind nach Washington zu bringen. Das funktioniert natürlich nur bedingt, denn das elitäre politische Establishment der Demokraten setzt sich dagegen teilweise heftig zur Wehr.

Trump = Hitler?

Ganz ohne direktes Trump-Bashing funktioniert ein Film über den 54. US-Präsidenten dann allerdings auch nicht. Moore scheut dabei auch nicht, die momentane Situation in den USA mit Adolf Hitler und der Zeit vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges zu vergleichen. Ob er dabei einen berechtigten Punkt hat oder ob er den Bogen ein wenig überspannt bleibt am Ende dem Publikum selber überlassen.

Ab 18. Jänner 2019 können sich Interessierte selber ein Bild davon machen. In den USA läuft der Film schon etwas länger in den Kinos, die jüngsten politischen Ereignisse fehlen daher im Film.