Immer häufiger versuchen "Prozessfinanzierer“ auf Kosten von Mietern in Altbauwohnungen hohe Provisionen einzustreichen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die anbieten, das gesamte Kostenrisiko eines Verfahrens auf Hauptmietzinsüberprüfung gegen eine Erfolgsbeteiligung zu übernehmen. Die Firmen werben auf Social Media oder gehen von Tür zu Tür. Es geht aber noch dreister: Teilweise geben sich die "Prozessfinanzierer" sogar als Mietarbeiter aus und bringen Mieter dazu, Verträgen mit sehr hohen Provisionszahlungen zuzustimmen.
Ein Betroffener ist Herr B., ein Mieter aus Favoriten. Ein von ihm beauftragter Prozessfinanzierer tat monatelang nichts, ließ seinen Antrag auf Mietzinsrückzahlung verjähren. Die Folge: Der Mieter kann keine Rückforderung mehr geltend machen, der Gesamtschaden beläuft sich auf 25.000 Euro.
Weil der Prozessfinanzierer-Verein jede Schuld abstreitet, wandte er sich Hilfe suchend an die Mieterhilfe. Inzwischen bietet die Firma Herrn B. zumindest an, 2.000 Euro an eine karitative Organisation seiner Wahl zu spenden. Die erste Verhandlung ist zu Gunsten des Favoritners ausgefallen, eine zweite wird folgen. Eine Anwältin stellt ihm die Mieterhilfe zur Seite.
Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) warnt vor den Praktiken: "Was Sie wissen sollten: Mitarbeiter der Stadt Wien kommen niemals ohne Vorankündigung und sie haben immer einen Dienstausweis dabei, den sie jederzeit vorzeigen können.“ Um Aufklärung ist man auch bei der Mieterhilfebemüht, die eine Social Media-Kampagne startet: "In letzter Zeit werden die Methoden immer dreister. Bei einem ‚Schnellcheck‘ werden an der Wohnungstür nur wenige Daten abgefragt, die zu ungenauen Ergebnissen führen und fast immer den Verdacht nahelegen, dass zu viel Miete bezahlt wird. Seien Sie auf der Hut und schließen Sie keine Verträge zwischen Tür und Angel ab“, warnt auch Mieterhilfe-Leiter Christian Bartok.
Prozessfinanzierer wollen Mietern vordergründig zu Gerechtigkeit verhelfen, indem sie Mieten zurückfordern. Diese Praxis gestaltet sich jedoch oft problematisch, da sie teilweise mehr als 50 Prozent als Provision verlangen. Und dies nicht nur für zu viel bezahlte Miete in der Vergangenheit, sondern auch für die künftige Ersparnisse (bis zu 3 Jahre im Voraus) der herabgesetzten Miete. Das kann sich in vierstelligen Eurobeträgen niederschlagen. Von der Rückzahlung und der ersparten Miete bleibt den Mietern dann oft nicht mehr viel übrig.
Wer den Verdacht hat, zu viel Miete zu bezahlen, kann sich von der Mieterhilfe kostenlos beraten lassen. Mietzins, Betriebskosten, verbotene Ablösen, vertragswidrige Klauseln im Mietvertrag, Erhaltungspflichten von Vermietern und mehr werden dabei von Experten überprüft. Sollte sich beim Online-Mietrechner herausstellen, dass man zu viel Miete bezahlt, lohnt sich ein persönlicher Beratungstermin. Nach dem kostenlosen Beratungsgespräch und der Überprüfung der Miete können weiteren Schritte besprochen werden.