Wien

Mietervereinigung warnt vor drohender Wohnungskrise

Die CoV-Krise hat laut Mietervereinigung schwere Folgen für viele Mieter. Sie fordert daher einen Fonds in Höhe von 100 Millionen Euro für Härtefälle.

Christine Ziechert
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Georg Niedermühlbichler und Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung, Unternehmerin Patrice Fuchs (v.l.)
Georg Niedermühlbichler und Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung, Unternehmerin Patrice Fuchs (v.l.)
Helmut Graf

17.000 Anrufe verzeichnete die Mietervereinigung in der Corona-Zeit von Mitte März bis Mitte Juni, sagte MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler (SPÖ) bei einer Pressekonferenz. Die bisher von der Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Unterstützung von in Not geratenen Mietern, etwa die Möglichkeit der Mietstundungen, reichen aus Sicht der Mietervereinigung nicht aus. Wer seine Miete für April, Mai oder Juni schuldig blieb, müsse diese schließlich bis Jahresende nachzahlen, sonst können die Vermieter klagen. "Die Zahlungen sind mit vier Prozent Verzugszinsen versehen, was bedeutet, dass der Schuldenberg immer größer wird", gab die Wiener MVÖ-Landesvorsitzende Elke Hanel-Torsch zu bedenken.

Angesichts der prekären Lage vieler Mieter und ohnehin zu hoher Mieten – in Wien habe bereits vor der Krise jeder zehnte Mieter einer privaten Wohnung mehr als 50 Prozent des Einkommens für die Miete ausgegeben – brauche es einen bundesweiten "Sicher-Wohnen-Fonds". Bei diesem solle ein Antrag auf Übernahme des Mietzinses gestellt werden können, der Fonds soll in der Folge direkt an den Vermieter zahlen. Sobald ein Antrag gestellt wurde, solle der Vermieter den Mieter nicht mehr wegen Zahlungsrückständen kündigen dürfen, fordert die Mietervereinigung. Damit das nicht zu einer indirekten Vermieterförderung werde, sollten die Vermieter aber nur jenen Zins erstattet bekommen, der gesetzlich zulässig ist, so Hanel-Torsch.

Auch Geschäftsraum-Mieter von CoV-Krise betroffen

Darüber hinaus setzt sich die Mietervereinigung für kleine Geschäftsraummieter ein. Derzeit gebe es für sie keine Rechtssicherheit. Die Regierung habe darauf verwiesen, dass Lokalbetreiber ohnehin das Recht hätten, während der Zwangsschließung keine Miete zu bezahlen. "Ganz so einfach ist das nicht", so Hanel-Torsch, denn einige hätten ihren Betrieb ja teilweise aufrechterhalten können, etwa für Lieferservices.

Wegen der für Herbst erwarteten Insolvenzwelle wäre es geschickter, den Wohnfonds auch für Geschäftsraummieter zu öffnen, damit nicht jeder einzelne Lokalbetreiber einen Brief an seinen Vermieter schreiben müsse. Auch Patrice Fuchs, Betreiberin des Design-Stores "Popshop" in Mariahilf, ist von der CoV-Krise betroffen: "Die Miete macht 25 Prozent vom Umsatz aus, mein Umsatz ist auf unter 30 Prozent gesunken", rechnete die Unternehmerin vor.

Forderung nach Stopp von befristeten Mietverträgen

Es wäre schade, wenn viele Geschäftsräume leer blieben oder große Ketten hineinkommen, so die MVÖ. Die ausgefallenen Geschäftsraummieten sollten sich die Vermieter direkt vom Staat holen können - aber nur, wenn sie in Not sind. Große Immokonzerne, die den Großteil der Vermieter ausmachten, hätten in den vergangenen Jahren genug Gewinne gemacht und die Möglichkeit gehabt, Rücklagen zu bilden. Hanel-Torsch berichtete, dass jetzt in der Coronakrise private, kleine Vermieter ihren Mietern viel mehr entgegengekommen seien als große Konzerne.

Weitere, teils langjährige Forderungen der Mietervereinigung: Die Befristung von Mietverträgen – mittlerweile seien auf dem privaten Markt fast 70 Prozent der Verträge befristet – stoppen, denn trotz des verpflichtenden 25-Prozent-Abschlags würden befristete Wohnungen im Schnitt teurer vermietet als unbefristete. Zudem solle die Regierung ihr Vorhaben, dass die Maklerprovision der Vermieter zahlen muss, rasch umsetzen. Da die Mieten gerade in Wien explodierten, brauche es ein neues Universalmietrecht mit Mietobergrenzen und am liebsten einer gänzlichen Streichung der Lagezuschüsse, so Hanel-Torsch.