Niederösterreich

"Migranten sind Schmarotzer, aber ich hause mit Ratten"

Karin H. (60) kassierte jahrelang Sozialhilfe, jetzt Mindestpension und lebt in desolaten Zuständen. Migranten-Beschimpfung brachte sie vor Gericht.

Karin H. lebt in schlimmen Zuständen.
Karin H. lebt in schlimmen Zuständen.
privat

Die 60-jährige Karin H. aus Sollenau (Bezirk Wiener Neustadt-Land) lebt in einer 67 Quadratmeter großen Gemeindewohnung, zahlt dafür 111,64 Euro Miete und will nur noch raus aus der Wohnung.

Wohnung ist einsturzgefährdet

"Ich lebe in desaströsen Zuständen, die Wohnung ist einsturzgefährdet, ich habe überall Rattenlöcher, Schimmel, Risse und Schäden, bekomme aber keine neue Wohnung", so die Niederösterreicherin, die seit 1. Oktober 2022 in Pension ist. "Ich bekomme zwar nur Mindestpenison in der Höhe von 1.053 Euro, aber immerhin", meint die Mutter von zwei erwachsenen Kindern.

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    Karin H. lebt in schlimmen Zuständen.
    Karin H. lebt in schlimmen Zuständen.
    privat

    Als Schwangere war die damals 29-Jährige Anfang der 90er Jahre in den Gemeindebau in Sollenau eingezogen. Nach der Scheidung ging die zweifache Mutter einige Zeit arbeiten, kassierte dann Arbeitslosengeld. "Und wegen meiner Erkrankungen rutschte ich schließlich im Jahr 2001 in die Sozialhilfe ab und fand bis zur wohlverdienten Pensionierung nicht mehr heraus", so die 60-Jährige.

    Laut der 60-Jährigen käme die Gemeinde ihren Verpflichtungen nicht nach, ließe sie in unsäglichen Zuständen hausen. Im Jahr 2008 hatte sie sogar Kanalratten zu Besuch. Alle Interventionen würde der Bürgermeister indes ignorieren. "Ich stecke keinen Cent mehr in diese Wohnung, will eine andere, bekomme aber keine", klagt die Pensionistin, die neben 111,64 € Euro, noch rund 100 Euro für Versicherung und Internet sowie rund 100 Euro Strom an den Verbund zahlen muss. "Ich war 17 Monate ohne Strom, das war vielleicht eine harte Zeit. Darum bin ich nicht mehr bei der EVN, sondern beim Verbund", erklärt die Pensionistin.

    Phobie vor Holzdecken

    Die Gemeinde habe ihr zwar eine andere Wohnung angeboten, jene Wohnung habe aber eine Holzdecke und sei laut Karin H. nur augenkosmetisch saniert worden. "Ich habe zudem eine Phobie vor Holzdecken und die Gemeinde hätte die Holzdecke entgegen meines Wunsches nicht entfernt", so die Sollenauerin.

    "Migranten sind Schmarotzer"

    Auf einer FB-Seite hatte sie unter einem Kickl-Posting über Migranten gepostet: "Migrant ist das falsche Wort, wenn, dann Schmarotzer und Täter". Die Frau wurde angezeigt und musste in Wr. Neustadt vor Gericht, kam mit einer Diversion davon - alles dazu hier. Karin H. hat auch einen Verdacht, wer sie damals angezeigt hatte: "Ich werde eher drangsaliert, als unterstützt", klagt die Sollenauerin, als sie sich bei "Heute" meldete.

    Die Gemeinde zeigte sich auf Nachfrage bemüht: "Die Gemeinde Sollenau hat Frau H. in den letzten Jahren schon mehrere Wohnungen angeboten. Zum einen Genossenschaftswohnungen, unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Situation, mit einem Finanzierungsbedarf von maximal 3.000 Euro und einer moderaten Miete. Das Sozialamt hätte hier die Kosten bis zu 3.000 Euro übernommen. Außerdem handelte es sich um geförderten Wohnbau, das heißt Frau H. hätte auch eine Mietzinsbeihilfe erhalten. Ebenso angeboten wurde ihr im Oktober 2020 eine Gemeindewohnung (ohne Finanzierungsbeitrag) mit leistbarem Mietzins. Diese Wohnungen wurden von Frau H. mit unterschiedlichen Begründungen, wie eine Phobie vor Holzdecken, die Wohnung sei zu klein, oder sie hätte keine Hilfe bei der Übersiedelung, leider abgelehnt", so Bürgermeister Stefan Wöckl.

    "77 m2-Wohnung um 155 Euro abgelehnt"

    Weiters berichtet die Amtsleiterin im Auftrag des Ortschefes: "Im Vorjahr wurde Frau H. abermals eine komplett sanierte Gemeindewohnung (77 m², 155 Euro Miete) angeboten. Diese Wohnung liegt gegenüber ihrer jetzigen Wohnung und sie könnte ohne großen Aufwand und auf kurzem Wege in diese übersiedeln. Es wurden ihr mehrere Besichtigungstermine angeboten. Im Schreiben vom 17. Oktober 2022 teilte Frau H. mit, dass sie keinen der vorgeschlagenen Termine wahrnehmen könne, da sie noch Abklärungen und Erledigungen zu tätigen habe. Außerdem treffe sie nicht so einfach Entscheidungen auf Biegen und Brechen. Nach nochmaliger Rückfrage unsererseits kam am 23.Oktober 2022 ein Mail, in dem sie uns ihre Absage mitteilte."

    Festgehalten werde von der Gemeinde weiters, dass Gemeindewohnungen im Gemeinderat vergeben werden. Eine Vergabe der Gemeindewohnung an Frau H. wäre bereits im Gemeindevorstand besprochen worden und ein Beschluss im Gemeinderat wäre gefolgt. Die 60-Jährige, die sich auch an die Volksanwaltschaft gewendet hat, bleibt indes dabei: "Das ist alles nur kosmetisch saniert worden, ich soll von einem Loch ins nächste ziehen."

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