Wien

"Schäme mich" – Wienerin verheimlicht Armut vor Kindern

Immer mehr Menschen kämpfen mit der Teuerung. Sozialmärkte und Tafeln sind überrannt. Auch Herta B. ist auf die billigeren Lebensmittel angewiesen. 

Nicole Oirer
Mindestpensionistin Herta B. kommt nur knapp über die Runden. Sie schämt sich für ihre Armut.
Mindestpensionistin Herta B. kommt nur knapp über die Runden. Sie schämt sich für ihre Armut.
(Bild: kein Anbieter/imago stock & people)

"Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet. Und jetzt kann ich mir trotzdem nichts leisten", klagt Herta B. (Name von der Redaktion geändert). Die 65-Jährige hat 40 Jahre lang halbtags gearbeitet, parallel sieben Kinder groß gezogen. Trotzdem bleiben der Mindestpensionisten pro Woche nur 50 Euro zum Leben über.

"Der Kuchen wird immer kleiner"

Die 65-Jährige ist schon seit längerem auf die Hilfe der Tafel angewiesen. "Es wird immer schwerer mit der Situation umzugehen, weil der Frust immer größer wird", klagt B. Diese Woche war sie an einem Tag bei mehreren Tafeln, hat trotzdem keine Lebensmittel bekommen. Es sei ein Teufelskreis. Die Tafel bekommt von den Supermärkten weniger Waren, gleichzeitig sind immer mehr Leute auf das Angebot angewiesen. "Der Kuchen wird immer kleiner", so die 65-Jährige.

"Ich schäme mich einfach", gesteht B. Am Monatsende gibt es nur Kartoffeln oder Nudeln. Ergattert sie einmal etwas Süßes oder einen kleinen Kuchen bei der Tafel, hebt sie diese für ihre Kinder auf. "Die sollen nicht merken, dass es mir so schlecht geht", so die ältere Dame. 

"Immer nur rechnen"

Immer länger werden die Schlangen vor Sozialmärkten. Viele stellen sich schon Stunden vor dem öffnen an, erzählt B. Aufgrund ihres Alters und einer Gehbeeinträchtigung kann Herta B. das nicht machen. "Wenn ich dann komme, ist nur mehr altes Brot oder vergammeltes Gemüse über", klagt sie. Wenn sie bei den Sozialmärkten nichts mehr bekommt, muss sie sich mit Rabattpickerl oder sonstigen Aktionen bei normalen Supermärkten durchschlagen. "Es ist immer nur rechnen", so die 65-Jährige.

"Too Good To Go" ist eine Herausforderung

Eigentlich eine gute Idee aber dennoch eine Herausforderung für die Tafel und damit für armutsgefährdete Menschen sind die "Rettersackerl", die viele Supermärkte in Zusammenarbeit mit der App "Too Good To Go" anbieten. Dadurch verkaufen Supermärkte abends ihre Restlebensmittel billiger, spenden so weniger Lebensmittel an die Tafel.

Die App selbst zu nutzen ist für die 65-Jährige Herta B. keine Alternative. Sie hat kein Smartphone, keinen Computer, keine Online-Bezahl-Dienste. Das Sackerl einfach so abholen und im Markt bar bezahlen geht auch nicht, das hat die Mindestpensionistin bereits versucht. Den App-Betreibern ist die Problematik bewusst. Die Anwendung werde zwar laufend weiterentwickelt, eine Umstellung sei im Moment aber nicht möglich, wie eine Sprecherin erklärt. 

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