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Mindestsicherung: Stadt warnt vor Kinderarmut

Heute Redaktion
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MA40-Leiterin Agnes Berlakovich, Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky, Sozialstadtrat Peter Hacker und die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein
MA40-Leiterin Agnes Berlakovich, Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky, Sozialstadtrat Peter Hacker und die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein
Bild: Denise Auer

Die Stadt Wien warnt, dass durch die türkis-blauen Pläne für die neue Mindestsicherung 32.972 Kinder in Armut gestoßen werden, fordert Gespräche mit den Bundesländern.

"Wien will Armut bekämpfen, nicht die Armen", sagt Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Rot-grün warnte am Montag vor den Reform-Plänen der türkis-blauen Bundesregierung. "Die Pläne der Bundesregierung treffen jene besonders hart, die an ihrem Schicksal nichts ändern können, die auf unsere Hilfe angewiesen sind – das sind Mindestpensionisten, Menschen mit Behinderungen und schweren Krankheiten und vor allem Kinder", betonten die Stadträte Peter Hacker und Jürgen Czernohorszky gemeinsam mit der grünen Sozialsprecherin Birgit Hebein und MA40-Leiterin Agnes Berlakovich.

Verschlechterungen für mehr als 100.000 Menschen

Für mehr als 100.000 Menschen werde es Verschlechterungen geben, warnte Rot-Grün. Wenn die Bundesregierung ihr Pläne umsetzt, werden 32.972 Kinder deutlich weniger zum Leben haben, so die Befürchtung. Außerdem werden 9.800 Mindestpensionisten betroffen sein, die ihre Mietbeihilfe, die sie aus der Mindestsicherung beziehen, nicht mehr bekommen.

10.233 Menschen mit Behinderungen oder schweren chronischen Erkrankungen würden nach dem geplanten System Sonderzahlungen gestrichen, so die Befürchtung. "Wir fordern daher die Bundesregierung auf, endlich Gespräche mit den Bundesländern aufzunehmen, um eine bundeseinheitliche Regelung für die Mindestsicherung zu finden, die den Begriff Armutsbekämpfung zu Recht verdient", so Hacker und Czernohorszky.

In der Wiener Mindestsicherung gibt es derzeit für jedes Kind 233,02 Euro. Wird der Vorschlag der türkis-blauen Bundesregierung umgesetzt, gibt es für das erste Kind 215,76 Euro, für das zweite Kind 129,46 Euro, für das dritte Kind 43,15 Euro und für das vierte Kind 43,15 Euro.

Mit dem Alleinerzieher-Bonus der Bundesregierung gäbe es für das erste Kind 315,76 Euro, für das zweite Kind 204,46 Euro für das dritte Kind 93,15 Euro und für das vierte Kind 68,15 Euro.

Hebein: "Existenzgefährdende Sackgasse"

"Schwarz-Blau hat mit dem Entwurf zur Mindestsicherung den christlich-sozialen Weg endgültig verlassen. Familien in eine existenzgefährdende Sackgasse zu führen und somit über 30.000 Kindern in Wien ihre Zukunft zu stehlen, ist grausam und unmoralisch. Die Regierung will mit ihren Kürzungen erreichen, dass eine nächste Generation in Armut versauert oder abrutscht", so die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein.

Hebein fordert: "Wir brauchen eine gezielte Zusammenarbeit aller Einrichtungen des Bundes, die für Ausbildung, Gesundheit, Rehabilitation, Behindertenhilfe und Jugendausbildung zuständig sind, um Menschen aus der Mindestsicherung heraus zu bekommen und ihnen Chancen zu bieten. Der Wiener Weg ist ein anderer: Wir investieren in Ausbildung und Qualifizierung, und werden mit allen rechtlichen und politischen Mitteln gegen die Vorschläge der Regierung arbeiten."

Mindestsicherungsbezieher in Wien rückläufig

Wien sei kein Fass ohne Boden, wie die Regierung allen weismachen möchte. Gerade bei der Mindestsicherung seien die Zahlen seit acht Monaten rückläufig. Im Mai 2018 haben 135.419 Personen Leistungen aus der Mindestsicherung bezogen, das ist um zehn Prozent weniger als im Mai des Vorjahres. "Daher ist es besonders unverständlich, warum jetzt eine Grundsatzgesetzgebung erlassen wird, die vor allem Kinder in bittere Armut stoßen wird", sagten Hacker und Czernohorszky. Von den insgesamt 44.433 Kindern, die derzeit Leistungen aus der Wiener Mindestsicherung bekommen, werden durch die Vorschläge der Bundesregierung 32.972 eine finanzielle Schlechterstellung erfahren.

"Wer mit 43 Euro im Monat auskommen muss, kann sich nichts leisten"

"Diese Kinder werden um ihre Chancen gebracht. Wer im Monat mit lediglich 43 Euro auskommen muss, der kann sich nichts, aber auch gar nichts leisten. Eine soziale Stigmatisierung ist die Folge, die ein ganzes Leben lang wirken kann", betonte Czernohorszky.

Eine Familie mit vier Kindern hat um ein Drittel weniger Geld zur Verfügung, sobald die Regierungspläne wirken, rechnet Rot-Grün vor. "Die Ersparnisse für Wien betragen durch diese Einschnitte bei den Familien rund drei Millionen Euro pro Monat. Das sind etwas mehr als sechs Prozent der Mittel, die für die Mindestsicherung ausgegeben werden.

Für die Familien können das aber zwischen 20 und 32 Prozent weniger Geld bedeuten. "Für diese Familien und rund 33.000 Kinder ist das eine Katastrophe", so Hacker. Die beiden Stadträte wiesen abschließend darauf hin, dass aus Sicht der Stadt Wien, die von der Bundesregierung angedachten Bestimmungen zur Mindestsicherung nicht verfassungskonform seien. (gem)