Wirtschaft

Mineralflasche explodiert - Hersteller verurteilt

Heute Redaktion
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Bild: Fotolia.com

Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs könnte für Getränkeproduzenten und andere Unternehmen mit industrieller Produktion weitreichende Folgen haben. Ein Bub war 2009 durch die Splitter einer plötzlich explodierten Mineral-Glasflasche schwer verletzt worden. Nun wurde der Hersteller schuldig gesprochen, keinen entsprechenden Warnhinweis gegeben und die Produktbeobachtungspflicht verletzt zu haben. Das Urteil steht der bisherigen Rechtsprechung in Österreich entgegen.

Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs könnte für Getränkeproduzenten und andere Unternehmen mit industrieller Produktion weitreichende Folgen haben. Ein Bub war 2009 durch die Splitter einer plötzlich explodierten Mineral-Glasflasche schwer verletzt worden. Nun wurde der Hersteller schuldig gesprochen, keinen entsprechenden Warnhinweis gegeben und die Produktbeobachtungspflicht verletzt zu haben. Das Urteil steht der bisherigen Rechtsprechung in Österreich entgegen.

Laut dem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH), hat ein österreichischer Getränkeabfüller seine Produktbeobachtungspflicht verletzt. Denn er warnte den Konsumenten nicht vor der Gefahr, dass die Flasche explodieren kann. Es handle sich um ein sehr fundiertes Grundsatzurteil für die Produktbeobachtungspflicht, so der Dornbirner Anwalt Henrik Gunz, der das Urteil für die betroffene Familie erwirkte.

Kind auf einem Auge fast blind

Der tragische Unfall geschah im Juni 2009: Der damals Vierjährige holte eine angebrauchte, aber verschlossene Wasserflasche aus einem Schrank in der Küche. Da seine Mutter ihm beim Öffnen helfen wollte, versuchte der Bub, die Glasflasche auf einem Schuhkasten abzustellen. Dabei stieß er mit der Seite der Flasche am Kasten an, in der Folge barst die Flasche explosionsartig. Der Bub wurde durch kleine, stark beschleunigte Glassplitter so schwer verletzt, dass er seither auf dem rechten Auge nahezu blind ist.

Nachdem eine Klage der Eltern zunächst abgewiesen, die Berufung im August 2011 abgelehnt und eine Revision für nicht zulässig erklärt worden war, erreichte Anwalt Gunz, dass eine außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof (OGH) zugelassen wurde. Anders als beispielsweise bei einer Kettensäge sei beim Umgang mit hochkarbonisierten Getränken nicht für jeden die potenzielle Gefahr erkennbar. Der Hersteller hätte daher bei ordnungsgemäßer Produktbeobachtung auf seinem Produkt warnen müssen, so seine Argumentation.

OGH-Urteil entgegen der bisherigen Rechtsprechung

Der OGH erkannte, dass es dem Kläger nicht um ein Urteil nach dem Produkthaftungsgesetz ging, für das ein Produkt schon zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens fehlerhaft sein muss, sondern um die Verletzung einer allgemeinen Produktbeobachtungspflicht eines Unternehmers. Diese habe in Österreich "in der Rechtsprechung bislang keine größere Rolle gespielt", heißt es im OGH-Urteil.

Das Unternehmen muss Schadenersatz leisten. "Da ein explosionsartiges Zerbersten einer Tafelwasserflasche auch nach deren starkem Anschlagen an einem harten Gegenstand nicht den berechtigten Sicherheitserwartungen entspricht, haben die Beklagten die ihnen obliegende Produktbeobachtungspflicht verletzt; dafür haben sie nach allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts einzustehen."

Warnhinweis künftig Pflicht

Abfüller müssen künftig auf Glasflaschen mit karbonisierten Getränken vor Explosionsgefahr warnen. Denn die neue Rechtsprechung zur Produktbeobachtungspflicht sieht nun vor, dass ein Hersteller sein auf den Markt gebrachtes Produkt auch nach der Auslieferung beobachten muss. Er muss laut OGH selbstständig Informationen zu Schadensrisiken seiner Produkte erheben, Fachliteratur und Kundenbeschwerden auswerten. Wenn sich eine mögliche Gefahr für den Konsumenten erkennen lässt, so muss er Maßnahmen ergreifen, etwa einen Warnhinweis anbringen, die Produktion umstellen oder einen Rückruf starten.

Wie die Industrie auf das Urteil reagieren wird, ist noch unklar. Wie ein entsprechender Warnhinweis im konkreten Fall aussehen müsste, hat der OGH in seinem Urteil nicht festgelegt. Die Warnhinweise zu gestalten, wäre Sache des beklagten Herstellers gewesen, so das Urteil. Ob die bei einigen Abfüllern in der Branche übliche Aufschrift "Flasche steht unter Druck" ausreicht, ist fraglich. Ebenfalls noch offen ist laut Anwalt Gunz die Höhe des Schadenersatzes für die betroffene Familie, der im weiteren Verfahren zu klären sein wird.

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