Österreich

Missbrauch: Verwirrung um Reife des Häftlings

Heute Redaktion
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Nach dem Bekanntwerden des sexuellen Übergriffs auf einen 14-jährigen Häftling herrschte am Freitag Verwirrung darüber, ob der Jugendliche bei seiner Tat eine "verminderte geistige Reife" aufgewiesen hatte oder nicht. Justizministerin Beatrix Karl räumte ein Fehlverhalten der Justiz ein und entschuldigte sich.

Nach dem Bekanntwerden des   herrschte am Freitag Verwirrung darüber, ob der Jugendliche bei seiner Tat eine "verminderte geistige Reife" aufgewiesen hatte oder nicht. Justizministerin Beatrix Karl räumte ein Fehlverhalten der Justiz ein und entschuldigte sich.

Zunächst hieß es laut Medienberichten, dass der Bursche bei der Tat, die ihn ins Gefängnis brachte, eine durch ein Gutachten bestätigte "verminderte geistige Reife" aufgewiesen hat und deswegen die Anklage fallen gelassen wird. Das und verwies darauf, dass es bei den Einvernahmen keine Indizien für eine geistige Beeinträchtigung gegeben hätte.

Danach nahm Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek bei einer Pressekonferenz mit Justizministerin Beatrix Karl Stellung: Die Behörden hätten einem Bericht der Jugendgerichtshilfe "ein höheres Augenmerk" schenken müssen, der dem inhaftierten 14-Jährigen verminderte geistige Reife bescheinigte.

Für Justizministerin Beatrix Karl steht jedenfalls fest: Das Opfer hätte nicht in diese Zelle gesperrt werden dürfen. "Aus meiner Sicht sind Fehler passiert. Aus heutiger Sicht hätte man das Opfer nicht in diese Zelle sperren dürfen. Das war ein Fehler, das muss man zugeben", stellte Karl am Freitagnachmittag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Palais Trautson fest, an der auch ihr Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek und Vollzugsdirektor Peter Prechtl teilnahmen.

Karl schrieb Opfer Brief

Sie werde "alles tun, um dem Opfer die notwendige Unterstützung zu geben", versicherte Karl. Zur grundsätzlichen Problematik meinte sie, U-Haft dürfe bei Jugendlichen "nur das absolut letzte Mittel sein". Sie habe dem 14-Jährigen "einen persönlichen Brief geschrieben, wo ich mein Bedauern zum Ausdruck bringe", erklärte Karl. Sie werde auf allfällige Schadenersatzforderungen des in der Nacht auf den 7. Mai in einer Mehrpersonenzelle der Justizanstalt Wien-Josefstadt missbrauchten Burschen "rasch und unbürokratisch" reagieren.

Sie wolle sich "gegen solche Fälle bestmöglich rüsten" und habe daher in einem Erlass festgelegt, dass Jugendliche im Gefängnis grundsätzlich nur mehr in Zweier-Zellen untergebracht werden, berichtete die Justizministerin.

Lange U-Haft gerechtfertigt?

Es stelle sich "die berechtigte Frage ans Gericht, ob die lange U-Haft verhängt hätte werden müssen", sagte Karl. Statt den Burschen gleich freizulassen, hatte die zuständige Richterin ein zusätzliches psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der 14-Jährige blieb in Folge dessen mehr als drei Wochen weiter in Haft, ehe die Sachverständige am 10. Juni den Befund der Jugendgerichtshilfe bestätigte und der Bub auf freien Fuß gesetzt wurde.

Bessere und schnellere Zusammenarbeit

Dass die Staatsanwaltschaft Wien an ihrer Raub-Anklage festhält, erklärte Sektionschef Christian Pilnacek folgendermaßen: "Die Staatsanwaltschaft steht auf dem Standpunkt, es muss ein Signal gesetzt werden." Die Anklagebehörde wolle "aufzeigen", dass eine schwere Straftat vorliegt, und das Gericht beurteilen lassen, "ob Schuldfähigkeit gegeben ist. Ob der 14-Jährige am Ende aber tatsächlich - wie derzeit geplant - Ende Juli vor Gericht gestellt wird erscheint insofern offen, als Pilnacek abschließend bemerkte: "Wir werden uns konkret anschauen, ob das so aufrecht zu erhalten ist."