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Mit dieser App kannst du dein Gehirn testen

Wie entstehen psychische Krankheiten, und in welchem Zusammenhang stehen diese mit der Entwicklung unseres Gehirns? Eine neue App misst genau dies.

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    Die App Brain Explorer wurde von einem Forschungsteam des University College London unter der Leitung eines Schweizer Neurowissenschaftlers erstellt.
    Die App Brain Explorer wurde von einem Forschungsteam des University College London unter der Leitung eines Schweizer Neurowissenschaftlers erstellt.
    University College London

    Die Frage, wieso viele psychische Erkrankungen schon lange vor dem Erwachsenenalter auftreten, beschäftigt Forschende schon seit einiger Zeit. Ein Team des University College London (UCL) unter der Leitung des Schweizers Tobias Hauser möchte dem mit unkonventionellen Methoden auf den Grund gehen – und zwar mit einer App.

    "Es handelt sich um ein sogenanntes Citizen-Science-Projekt, bei welchem alle Menschen zu Forscherinnen und Forschern werden können", erklärt der Neurowissenschaftler. Um dies möglich zu machen, hat das Forschungsteam die App Brain Explorer entwickelt. Mithilfe neuester Erkenntnisse aus der Wissenschaft wurden darin Spiele für jede Altersklasse programmiert, durch welche die Gehirnfunktionen der Spielenden getestet werden können. "Das ist nützlich, denn bei unseren Studien können wir vor Ort oft nur 20 bis 30 Personen testen. Dies ist natürlich nicht verallgemeinerbar. Mit einer App können wir viel mehr Personen erreichen", erklärt Hauser.

    "Wir möchten, dass jeder eine Stimme bekommt"

    "Das Schöne an diesem Projekt ist, dass jeder mitmachen kann", so der Wissenschaftler. Dies sei insbesondere bei diesem Projekt besonders wichtig. "Denn psychische Probleme betreffen uns alle, und wir möchten, dass jeder eine Stimme bekommt und helfen kann, zu erforschen, wie unsere Gehirne unsere psychische Gesundheit beeinflussen."

    Um die App zu benutzen, müsse man nicht bereits an einer psychischen Krankheit leiden. Tatsächlich sei es ideal, wenn so viele unterschiedliche Personen wie möglich, also von jung bis alt und von gesund bis mit verschiedensten Erkrankungen, die App benutzen. Insbesondere interessiert ist das Team um Hauser aber an psychischen Erkrankungen, die häufig wenig Beachtung finden. So ist beispielsweise eine von 30 Personen von einer Zwangsstörung betroffen, die Erkrankung bleibt aber oft unerkannt.

    Welche Zahnpasta?

    Wichtig sei aber, festzuhalten, dass die App nicht dazu entwickelt wurde, Diagnosen zu erstellen oder die Nutzer zu therapieren. Es geht in erster Linie darum, die Mechanismen zu untersuchen, wie Gehirnveränderungen mit psychischen Prozessen zusammenhängen. Die App gibt aber sehr wohl Feedback darüber, wie gut man in den jeweiligen Spielen im Vergleich zu anderen Leuten abschneidet.

    Die Spiele bestehen aus verschiedensten Aufgaben, die Auskünfte über die kognitiven Fähigkeiten einer Person geben können. "Wir messen zum Beispiel die Entscheidungsfreudigkeit der Spieler", erklärt Hauser. "Oft befinden sich Menschen in einer Situation, in der die optimale Entscheidung nicht sofort auf der Hand liegt. Kaufen wir beispielsweise eine neue Zahnpasta ein, könnten wir Stunden damit verbringen, nachzuforschen, welches Produkt tatsächlich das beste ist – aber das möchte ja niemand. Bei einem Hauskauf macht es aber eher Sinn, sich für die Entscheidung Zeit zu nehmen. Diese Fähigkeit wird unter anderen in der App getestet."

    Anonymisierte Daten

    Bei den Daten, die in die App eingegeben werden, handelt es sich oft um äußerst persönliche Informationen. So wird man bei der Registrierung beispielsweise gefragt, ob man bereits mit einer psychischen Erkrankung diagnostiziert worden sei. Auch während des Spielens kann man Fragebögen ausfüllen, die nach dem Befinden der Spieler fragen. "Alle Eingaben werden aber sofort anonymisiert und nur für wissenschaftliche Zwecke verwendet" versichert Hauser. "Wir messen beispielsweise keine GPS-Daten und können die Antworten auch nicht zu den Spielenden zurückverfolgen."

    Das Citizen-Science-Projekt wurde am Max Planck UCL Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research und dem Wellcome Centre for Human Neuroscience am University College London (UCL) entwickelt. Es wurde unterstützt durch Beiträge der Jacobs Foundation mit Sitz in Zürich. Des Weiteren wurde es unterstützt vom Wellcome Trust, der Royal Society, der Medical Research Foundation und der Max-Planck-Gesellschaft. Ab heute kann die App im App Store und im Play Store heruntergeladen werden.