Politik

Mitterlehner will als erstes Steuerreform angehen

Heute Redaktion
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Der designierte ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner will sein neues Amt mit "Verve und Dynamik" angehen. Vor allem in der Steuerreformfrage will er eine Lösung finden und "ewige Pattstellungen" vermeiden. Ob er das Finanzministerium übernehmen will, lässt er noch offen, tendiert aber eher zu einer Trennung der Ämter.

Der will sein neues Amt mit "Verve und Dynamik" angehen. Vor allem in der Steuerreformfrage will er eine Lösung finden und "ewige Pattstellungen" vermeiden. Ob er das Finanzministerium übernehmen will, lässt er noch offen, tendiert aber eher zu einer Trennung der Ämter.

Mitterlehners erstes Anliegen ist es, den Streit, der den ausgelöst hat, möglichst rasch entschärfen. Gegenüber Ö1 verweist er - zu den Forderungen nach einer Steuerreform auch in den eigenen Reihen - auf den mit der SPÖ vereinbarten Zeitplan, zuerst die technischen Vorbereitungen zu schaffen und dann im Herbst die politische Lösung.

Schluss mit ewigem Patt

"Da wird dann auch die Frage der Vermögenssteuer mitspielen". Da brauche man einen Spielraum, um eine Lösung zu finden. Eine ewige Pattstellung mache keinen Sinn, so Mitterlehner. Allerdings ist auch er gegen Vermögenssteuern im engeren Sinn und auch gegen Schenkungs- und Erbschaftssteuern. Da gebe es eine Parteifestlegung, aber es gebe weitere Möglichkeiten, die man mit den Bünde- und Landesobleuten besprechen werde. Da werde man eine "bestimmte Bewegung aufnehmen" und eine Klärung suchen. Zusätzlich brauche man in der Wirtschaft Impulse und "Ansätze" in der Bürokratie.

Experte fürs Finanzministerium?

Dass er den Finanzministerposten übernehmen könnte, will der 58-Jährige nicht ausschließen. Ein Nachteil wäre aber die lange Einarbeitungszeit, und dass man auch die politischen Verhandlungen führen müsste. Zugleich fühle er sich als Wissenschaftsminister verpflichtet, noch einiges zu erledigen. Daher tendiere er momentan eher dazu, die Funktionen zu trennen. Dafür könnte auch ein Experte von außen geholt werden. Dass dabei an den Kremser Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber gedacht wird, wollte Mitterlehner aber nicht bestätigen. Jedenfalls wäre es jetzt eine Gelegenheit, weitere Umbildungen im Regierungsteam vorzunehmen.

Es gelte, als neuer Parteichef das Notwendige zu tun, man müsse aber vermitteln, dass man mit Verve und Dynamik daran geht. Für Veränderungen in der Partei habe er eine gute Ausgangslage, weil er die Partei sehr gut kenne. Die ÖVP müsse vermitteln, wofür sie steht und mit guter Kommunikation eine neue Basis legen. Die ÖVP stehe für Werte wie Eigentum, Eigenverantwortung und Leistungsorientierung im Sinne einer marktwirtschaftlichen Ausrichtung, immer mit dem Begriff sozial und nachhaltig verbunden.

Seite 2: Mitterlehner - ein Jurist mit Profil. Bitte umblättern!

Reinhold Mitterlehner ist promovierter Jurist, er gilt als selbstbewusster Politiker mit Ecken und Kanten und als guter Rhetoriker. Nach dem Abschied von Josef Pröll hatte die Partei noch Michael Spindelegger vorgezogen, weil sie ihn für leichter lenkbar hielten.

Mitterlehner wurde am 10. Dezember 155 im oberösterreichischen Helfenberg geboren. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater von drei Kindern. Er war von 1980 bis 1992 in der Wirtschaftskammer Oberösterreich tätig, im Anschluss bis 2000 Wirtschaftsbund-Generalsekretär, danach bis 2008 stellvertretender Generalsekretär der Wirtschaftskammer. Ab 2008 war er Wirtschafts- und Familienminister, seit Dezember 2013 leitet er neben dem Wirtschafts- auch das Wissenschaftsressort.

Spindelegger war nach Pröll einfachere Lösung

Mitterlehner hat Ecken und Kanten, gilt manchen in der Partei als arrogant und zu selbstbewusst und in der SPÖ wird man sich auf Dauer fragen, ob der gute Rhetoriker nicht gar Kanzler Werner Faymann in den Schatten stellen könnte. Mitterlehner wäre schon nach Prölls Abtritt parat gestanden, die Partei zu übernehmen. Mehrheitsfähig war der Wirtschaftsminister damals nicht. Die Partei entschied sich für die vermeintlich einfachere Lösung Michael Spindelegger, den die Granden für leichter lenkbar hielten als Mitterlehner.

Der hatte aber inzwischen gelernt. Galt Mitterlehner früher als Sturkopf, der gerne auch einmal eine eigene Meinung gegen die Parteilinie öffentlich kundtat, erwies er sich Spindelegger gegenüber als loyal. Öffentliche Kritik kam dem nunmehr stellvertretenden Parteivorsitzenden keine über die Lippen und sein dazu gewonnenes Amt als Wissenschaftsminister, sowieso immer ein Minenfeld und durch die Abschaffung des eigenen Wissenschaftsressorts umso mehr, leitete er schnörkellos, ohne in Gefahr zu gelangen.

Abgebrühter Berufspolitiker

Dass Mitterlehner das Geschäft versteht, ist fast eine Selbstverständlichkeit. Der 58-jährige Jurist ist das, was man einen Berufspolitiker nennt. Nach dem Gerichtsjahr wechselte er in die Wirtschaftskammer, in der er dann politisch auch groß wurde. Schon in seiner Zeit als Wirtschaftsbund-Generalsekretär in den 1990er-Jahren galt der dreifache Vater als Hoffnungsträger, das änderte sich auch nicht, als ihn Präsident Christoph Leitl als stellvertretenden Generalsekretär in die Kammer holte.

Ein schnellerer Aufstieg wäre wohl möglich gewesen, wäre Mitterlehner nicht Schwarz-Blau und damit die Kanzlerschaft Wolfgang Schüssel in die Quere gekommen. Denn der und Mitterlehner konnten - freundlich ausgedrückt - gar nichts miteinander anfangen. Dafür nützte Mitterlehner die Zeit, auf Sozialpartner-Schiene den Kontakt mit der roten Reichshälfte aufrecht zu halten. Bis heute ist der Wirtschaftsminister beim ÖGB gerne gesehener Gast.

Mitterlehner oft liberaler als ÖVP

Das hängt auch damit zusammen, dass Mitterlehner politisch durchaus für Ideen offen ist, die nicht seinem politischen Lager entstammen. Als einer der ersten Konservativen sprach er sich für eine Finanztransaktionssteuer aus, auch in der Ausländer-Politik war er stets liberaler als seine Partei und als ihn Josef Pröll eher widerwillig unter dem Druck Leitls und des oberösterreichischen Landeshauptmanns Josef Pühringer (ÖVP) 2008 endlich zu Ministerehren kommen ließ, avancierte er rasch mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer zum Macher-Duo.

Seite 3: ÖVP-Parteichefs der Zweiten Republik. Bitte blättern Sie um!

Die ÖVP-Obmänner der Zweiten Republik im Überblick:

Leopold Kunschak 17.04.1945 - 08.09.1945

Leopold Figl 08.09.1945 - 29.01.1952

Julius Raab 29.01.1952 - 12.02.1960

Alfons Gorbach 12.02.1960 - 20.09.1963

Josef Klaus 20.09.1963 - 22.05.1970

Hermann Withalm 22.05.1970 - 04.06.1971

Karl Schleinzer 04.06.1971 - 19.07.1975

Josef Taus 31.07.1975 - 07.07.1979

Alois Mock 07.07.1979 - 19.05.1989

Josef Riegler 19.05.1989 - 28.06.1991

Erhard Busek 28.06.1991 - 22.04.1995

Wolfgang Schüssel 22.04.1995 - 21.04.2007

Wilhelm Molterer 21.04.2007 - 29.09.2008

Josef Pröll 28.11.2008 - 13.04.2011

Michael Spindelegger 20.05.2011 - 26.08.2014

Reinhold Mitterlehner mit 26.08. 2014 gf. Obmann