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Mladic des Völkermords schuldig gesprochen

Schuldig! In seinem letzten Prozess hat das UNO-Kriegsverbrechertribunal das Urteil über den serbischen Ex-General Ratko Mladic (75) gefällt.

Heute Redaktion
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Der Internationale Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat den früheren bosnisch-serbischen Militärchef Ratko Mladic des Völkermords in Srebrenica und der Kriegsverbrechen in mehreren Fällen schuldig gesprochen. Das teilte das UN-Tribunal am Mittwoch mit. Mladic wurde in zehn von elf Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Er will Berufung gegen das Urteil einlegen.

Während des Prozesses ist es zu dramatischen Szenen gekommen: Bei der Urteilsverkündung ist der Angeklagte wegen störender Zwischenrufe aus dem Gerichtssaal entfernt worden. Der Vorsitzende Richter Alphones Orie ordnete das im Gerichtssaal des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag an, nachdem Mladic lautstark protestiert hatte.

Die Verteidigung hatte zuvor erfolglos gefordert, die Urteilsverkündung abzukürzen, weil der Blutdruck des 74-jährigen Angeklagten gefährlich hoch sei. Das Gericht setzte die Verlesung des Urteils ohne Mladic fort.

Lebenslange Haftstrafe droht

Rund 22 Jahre nach dem Balkankrieg stand der "Schlächter vom Balkan" am Mittwoch in Den Haag vor Gericht. Er war erst 2011 nach 16 Jahren auf der Flucht festgenommen worden.

Die Anklage listete Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in insgesamt elf Fällen auf. Als Oberkommandant der bosnischen Serben war Mladic der Anklage zufolge hauptverantwortlich für Vertreibungen, Folter, Mord und Vergewaltigungen.

Die schwerwiegendsten Vorwürfe sind: die über drei Jahre dauernde Belagerung von Sarajevo mit tausenden Todesopfern. Misshandlung von Gefangenen in Internierungslagern. Terrorkampagne gegen Kroaten und Muslime in bosnischen Kommunen, die Geiselnahme von UNO-Soldaten sowie der Völkermord von Srebrenica.

Serbische Einheiten hatten 1995 die damalige UNO-Schutzzone Srebrenica überrannt und rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet. "Das Ziel von Mladic war ein «ethnisch reines Großserbien", erklärten die Ankläger. "Es wäre eine Beleidigung der Opfer – lebend oder tot – und ein Affront gegen die Justiz, eine andere Strafe zu verhängen als die rechtlich schwerst mögliche: lebenslang."

Mladic erklärt, unschuldig zu sein

Der Angeklagte selbst hatte erklärt, unschuldig zu sein. Seine Anwälte forderten Freispruch. Im Balkankrieg von 1992 bis 1995 waren etwa 100.000 Menschen getötet und zwei Millionen vertrieben worden.

Einige Dutzend Angehörige der Opfer waren zur Urteilsverkündigung nach Den Haag gereist. Sie erwarten, dass der Ex-General zu lebenslanger Haft verurteilt werde. "Die Höchststrafe ist eine Form von Gerechtigkeit", sagte die Vizepräsidentin der "Mütter von Srebrenica", Kada Hotic (72).

2016 war Mladics enger Vertrauter, der bosnische Serbenführer Radovan Karadzic, für eine fast identische Anklage zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Karadzic und die Anklage legten Berufung ein. Der 2012 gestartete Prozess gegen Mladic ist der letzte des Tribunals, das zum Jahresende seine Arbeit nach 24 Jahren abschließt. Noch laufende Berufungsverfahren werden von einer neuen Instanz in Den Haag übernommen.

Großes Interesse auf dem Balkan

Die Urteilsverkündung gegen den ehemaligen Militärführer der bosnischen Serben, Ratko Mladic, stößt in den Balkanländern auf außergewöhnlich großes Interesse. Zahlreiche Fernsehsender übertragen am Mittwoch den Urteilsspruch des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag live.

Die serbische Regierungszeitung "Novosti" zitierte den Angeklagten, dem die schwersten Kriegsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa vorgeworfen werden, mit den Worten "Ich bin unschuldig. Die Seele können sie mir nicht nehmen". Der Boulevardzeitung "Kurir" sagte der einstige General "Ich schlafe ruhig, ich bin unschuldig". (20 Minuten)