Österreich

Mobbing-App: "Meine Tochter ist ein Opfer"

Heute Redaktion
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Auf "Tellonym" schreiben sich Schüler anonyme Bewertungen und stellen sich an den Pranger. Die Wienerin Sophie (13) wurde auf der Plattform beleidigt und sexuell bedrängt.

"Erhalte ehrliche Nachrichten", verspricht eine neue App aus Deutschland, die nun auch in heimischen Kinderzimmern für Kummer sorgt. "Tellonym" ist eine Plattform, auf der sich Jugendliche anonym alles schreiben können, was sie sich nicht ins Gesicht sagen würden.

Die Schüler laden Bilder von sich hoch, um sich bewerten zu lassen. Komplimente rutschen dabei schnell ins Unangemessene. Beleidigungen und Beschimpfungen wachsen sich zu handfestem Mobbing aus. So wie bei der jungen Wienerin Sophie (13).

Aus Neugier, "weil es alle machen", lud sie sich die App aufs Handy. Ihre Mutter Claudia (39) entdeckte den Link auf dem Instagram-Profil ihrer Tochter und stellte sie zur Rede. "Ich verstehe nicht, warum man sich freiwillig an den Pranger stellt", wundert sich die besorgte Mama.

"Wie kannst du mit so einem fetten Arsch leben?"

Sophie ist beliebt und hat viele Freunde, doch sie ist sensibel und nimmt sich Kritik zu Herzen. Auf Tellonym musste sie Nachrichten, sogenannte "Tells" lesen, die verletzten und weit unter die Gürtellinie zielten: "Wie kannst du mit so einem fetten Arsch leben?" Oder sexuell übergriffig: "Du hast so geile Titten. Ich will dich hart nehmen."

"Meine Tochter meinte, es macht ihr nichts aus. Doch ich habe gemerkt, wie sehr ihr das zugesetzt hat. Ich konnte nicht mehr zuschauen." Gegen heftigen Widerstand ließ Claudia ihre Tochter die App löschen. "Das war nicht nur eine harte Diskussion, sondern auch technisch unheimlich schwierig", ärgert sich die Mutter.

Nur 60 Prozent der Nachrichten gelöscht

Die Entwicklerfirma Callosum Software überprüfe jeden Tag rund 200 Nachrichten, die von den Nutzern als unangemessen gemeldet wurden. Nur knapp 60 Prozent davon würden gelöscht. In der "Welt" gibt Marketingchef Christopher Obereder zu: „Die Anonymität kreiert schon auch Mobbing". Und spielt die Gefahr runter: „Aber der Großteil des Feedbacks ist positiv."

Claudia hofft, dass ihre Tochter Sophie sich die App nicht wieder heimlich aufs Handy lädt. "Ich habe beschlossen, ihr zu vertrauen". (sk)

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