Österreich

Mordprozess: "Ich hatte meine Mutter sehr lieb"

21 Mal stach Fabian N. (17) auf seine Mutter ein. Und dennoch saß er nicht als Beschuldigter, sondern als Betroffener auf der Anklagebank.

Heute Redaktion
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Bild: heute Montage

Am 21. März 2017 führte ein Streit in einer Gründerzeitvilla in der Lorenz-Weiß-Gasse (Penzing) zwischen Mutter und Sohn zum Tod der 42-Jährigen.

Mama Sabine N. (42) kam von der Arbeit und fand erneut ihren arbeitslosen Sohn vor, wie er stundenlang mit Animes und Computerspielen zubrachte. Es entstand ein Streitgespräch, so wie es schon hunderte Male zuvor stattgefunden hatte.

Aber diesmal griff der Jugendliche zum Messer, attackierte sie aus dem Hinterhalt mit zwei Messerstichen und stieß die 42-Jährige zu Boden. Mit der 16-Zentimeter-Klinge versetzte er ihr dann weitere 19 Stiche. Dann holte er ein Polster und drückte ihn ihr auf das Gesicht, bis der Todeskampf aufhörte und keine Lebenszeichen mehr zu vernehmen waren.

Er rief selbst bei der Notrufzentrale an, verkleidete sich wie seine Anime-Lieblingsfigur "Tobi" und wartete auf den richtigen Moment, um sich selbst das Leben zu nehmen. Das Messer wollte er sich vor den Augen der Polizei in den Bauch rammen. Dieser Plan scheiterte, die Rettung traf am Tatort zuerst ein. Es sei "nicht so gelaufen", wie er es sich "vorgestellt habe", so Fabian N.

Betroffener, nicht Beschuldigter

Selten waren sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung bei einem Mordprozess so einig. Für Beide war der Fall klar: Der 17-Jährige gehört in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Laut der psychiatrischen Sachverständigen Gabriele Wörgötter leidet der 17-Jährige schon länger an einer schizophrenen Erkrankung. Das Motiv, oder genau genommen der Entschluss zur Tat, ist keiner, den eine zurechnungsfähige Person treffen würde.

Von der Traumwelt abgehalten

Überhaupt wirkte der Jugendliche auf der Anklagebank lethargisch, fast teilnahmslos. Die Beschreibung seiner Tat, was sich abspielte, nachdem er zum Messer gegriffen hatte, kann mit "der Rest ist halt so passiert" zitiert werden. "Seit Tagen" soll er darüber nachgedacht haben, "unbeherrschte Wut" sei der Hauptgrund gewesen. Seine Mutter hatte er trotzdem "schon sehr lieb".

Nicht nur die Wut auf seine Mutter lösten bei ihm Mordgedanken aus. Vor Gericht hat der 17-Jährige angegeben, wegen Kleinigkeiten radikale Gedanken gehabt zu haben. "Wenn ich beim Zocken verloren habe, verspürte ich die Lust zu töten". Der Gerichtsvorsitzenden Beate Matschnig erzählte Fabian N. , jetzt immer noch von Mordgedanken verfolgt zu sein. Mitunter ein Grund wieso er von Gerasdorf nach Asten, in die Justizanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, verlegt wurde.

Die Eltern lebten getrennt, er wechselte häufig die Schule und galt als Außenseiter. Zuflucht fand er in der Welt der Animes und Mangas. "Ich habe jeden Tag 12 Stunden Animes über das Internet geschaut oder gezockt, aber süchtig war ich nicht", so der 17-Jährige.

"Mit Tobi kann ich mich identifizieren"

Fabian N.'s liebste Anime-Figur ist "Tobi", der "aus gutem Zweck tötet". Dieser Zweck sei nämlich "niemals aufhören zu träumen". Inwiefern der Jugendliche dieser Phantasie verfallen sein könnte, wurde in einem Gutachten unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt. Er selbst bestätigte jedoch, dass ihn seine Mutter wütend machte, wenn sie ihm den Internetzugang weggenommen hatte. Kein Internet, keine Animes und keine Videospiele: Diese Wut dürfte sich am 21. März des vergangenen Jahres entladen haben.

Einweisung

Nach etwa einer Stunde waren sich die Geschworenen einig: Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ohne zeitlicher Befristung. Seit seiner Inhaftierung wird er medikamentös behandelt, diese Therapie wird nun fortgesetzt. Das Urteil ist rechtskräftig.

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