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Morrissey polarisierte sich in die Fan-Herzen

Heute Redaktion
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Morrissey ist und bleibt eine Vorzeigegröße des Pops britischer Prägung. Sein bisher zweiter Auftritt im Wiener Konzerthaus, der am Freitag stattfand, wird trotz akustischer Probleme an dieser Tatsache nichts ändern. Seiner Leidenschaft zur Polarisierung fröhnte Morrissey auch diesmal wieder mit Gehässigkeit zum Tod von Margaret Thatcher und natürlich Tierschutz-Aktivismus.

Im alterwürdigen Großen Saal waren es jedoch vor allem akustische Probleme, deren Lösung den Abend erst gegen Ende versöhnlich gestalten sollten. Letztendlich sollte der Brite zumindest ein brillantes Finale hinlegen - hauptsächlich dank Songs seiner ehemaligen Band The Smiths.

Das zehnte Soloalbum des ehemaligen Sängers der Kultband stand aber im Mittelpunkt des "gemütlichen Abends voller Poesie und Volksmusik", wie der 55-Jährige sein Konzert ankündigte. Mehr als die Hälfte der fast zwanzig Songs machten den Abend in dem seit rund einem Monat ausverkauften Großen Saal aus. Die Stimmung war dabei isngesamt mehrheitlich eher auf der melancholischen Seite.

Doch der Saal zeigte, dass in ihm Verstärker und dergleichen eher nichts verloren haben. Die Gitarren sorgten aufgrund technischer Probleme zwischenzeitlich eher für eine "Soundwall".

Thatcher-Tod und Tier-Splatter

Ohne Vorband sollte der 55-Jährige Dandy um 20 Uhr auf der Bühne stehen. Es gab aber erst einmal eine halbe Stunde lang Videos auf einer Leinwand zu sehen, die vor allem den Siebzigern huldigten - von Chansons über Ramones bis zu den New York Dolls konnte man sehen.

Die bekannte Ader des Briten mit irischer Abstammung "kontroversielle" Haltungen einzunehmen, wurde hier aber auch durch ein aus dem Internet bekanntes Video unterstrichen. Zu Eindrücken vom Tod der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher erklang der Song "Ding-Dong! The Witch Is Dead".

Weiß gewandet und mit einem "Guten Abend" für seine Fans auf den Lippen nutzte Morrissey den Abend ohnehin auch dafür, seine Überzeugungen als eher radikaler Tierschützer zu vermitteln - und so durfte man als Besucher schon vor dem Betreten des Saals eine Postkarte einer Tierschutzorganisation in Empfang nehmen, auf welcher der bekennende Vegetarier posierte.

Vegetarier-Song als Höhepunkt

Letztendlich leitete ein Produkt dieser Haltung aber auch den Höhepunkt des Abends ein: "Meat Is Murder" hieß der Song, einer von den wenigen aus der Smiths-Epoche, die am Freitag zu hören waren. Doch diesen präsentierte Morrissey im Konzerthaus in einer vorher nicht wahrgenommenen Inbrunst und ließ am Ende seine Band spielen, während er dem Publikum den Rücken zuwandte.

Ein blutiges Video und Lichteffekte verstärkten den Inhalt des Songs über die Grausamkeit industrieller Tierhaltung und -tötung. Die Fans bedachten die Performance mit großem Jubel und Applaus. Bei seinem letzten Besuch im Konzerthaus fiel die Reaktion darauf noch gedämpfter aus.

Brilliantes Finale

Noch einmal ein Rückgriff in die Vergangenheit der Smiths in Form der nur mit Klavier unterstützen Ballade "Asleep" folgte knapp vor dem Schluss. Das intensive Finale endete jedoch mit einem Song aus Morrisseys erstem Soloalbum aus dem Jahr 1988 und so ging der Auftritt mit einem "Everyday is like Sunday" zu Ende. Der Abschluss machte so die technischen Probleme zu Beginn dann doch wieder vergessen.

Und auch das gibt es nur auf einem Morrissey-Konzert: Ein wüster Gezerre (hauptsächlich 30- bis 40-jähriger Konzertbesucher) um das am Ende ins Publikum geworfene Hemd des Sängers musste von einem Sicherheitsmann mit einer Schere geschlichtet werden.