Serverprobleme, vergriffene Test-Kits und ein Angebot, das dem Andrang nicht standhält: In der PCR-Testlogistik in NÖ liegt der Hund begraben. Die Neos üben daran scharfe Kritik.
Im Postfach von Neos-Gesundheitssprecherin Edith Kollermann häufen sich die E-Mails mit wütenden Erfahrungsberichten. Diese stellen dem Pandemie-Management in Niederösterreich kein gutes Zeugnis aus: „Leider sind die PCR-Tests bei unserem Spar-Markt seit Tagen vergriffen“ oder „Mein Arbeitgeber verlangt PCR, in der Apotheke bekomme ich aber erst in drei Tagen einen Termin“ ist darin zu lesen.
Für Kollermann ist das unverständlich. „Dass die PCR-Logistik auch im 21. Monat der Pandemie nicht funktioniert, ist eine echte Blamage. Als Niederösterreich noch mit Gurgeltest-Automaten herumgemurkst hat, ist in Wien schon über Monate deutlich niederschwelliger und kostengünstiger PCR-getestet worden“, so die pinke Gesundheitssprecherin.
Niederschwelliges Impfangebot muss weiter ausgebaut werden
Für Kollermann müsse das Augenmerk künftig außerdem auf einem möglichst niederschwelligen Impfangebot und einem Einladungsmanagement liegen. Das mache auch das Allzeithoch bei den Infektionszahlen deutlich. „Wenn es die Republik schafft, stellungspflichtigen Burschen eine Einladung zu schicken, wieso schafft es dann das Land nicht, proaktiv Impfeinladungen oder Informationen zur Impfung zu verschicken?“
Laut der Abgeordneten stehe Niederösterreich in der Pflicht zu liefern. Dass ab Mittwoch neun Impfzentren wieder in Betrieb sind, begrüßt Kollermann. „Niederschwellig sieht trotzdem anders aus. Am besten der Impf-Bus besucht jede niederösterreichische Gemeinde.“
"Ich wollte, um am Mittwoch offiziell zur Arbeit gehen zu können, in der Region Scheibbs/Purgstall/Wieselburg/Ybbs einen PCR-Test machen", beklagt auch ein Mostviertler die Situation - sein Arbeitgeber verlange einen PCR-Test.
Doch bei den Supermärkten in der Umgebung habe es keine NÖ-Gurgelt-PCR-Test mehr gegeben: "Und wann neue Tests geliefert werden, war auch unklar." Am Mittwoch sollten aber in NÖ noch laut Landesangaben 200.000 Stück durch Novogenia ausgeliefert werden.
Dann wollte der Betroffene bei den Apotheken in der Region einen Test machen, "aber auch das war überhaupt nicht möglich, da schon alle Test-Termine vergeben waren. Ich habe überhaupt nur eine Apotheke gefunden, die am Mittwoch noch ein Zeitfenster am späten Nachmittag frei hat, diese ist für mich jedoch nicht gut erreichbar".
Da er aktuell kein Auto zur Verfügung habe, sei er auf Öffis angewiesen, was für ihn eine lange Zeit für den Test in der Apotheke in Anspruch nehme. "Das aktuelle Testprozedere in unserer Region bzw. die neue Maßnahmen-Verordnung ist (noch) nicht wirklich anwendbar in der Praxis und somit alles andere als niederschwellig", so der Mostviertler.
Die aktuelle Situation mache es für ihn " so gut wie nicht möglich, legal und sicher meiner Arbeit nachzugehen". Er fordert entweder "eine immense Aufstockung der Testkapazitäten und der NÖ-Gurgelt-Tests in den Geschäften oder um Anpassung der Verordnung, so dass die Antigen-Selbsttests wieder Gültigkeit haben. Ich persönlich finde, dieses Konzept hat sehr gut geklappt".
Kritik an der im Bundesland vorhandenen PCR-Testinfrastruktur hat am Mittwoch die FPÖ Niederösterreich geübt. Landespartei- und Klubobmann Udo Landbauer zufolge gibt es "viel zu lange Wartezeiten" hinsichtlich der Ergebnisse, zudem seien die Termine teilweise über Wochen hinweg ausgebucht. "Für Berufstätige ist das eine Katastrophe. Jeder PCR-Test wird zu einem Spießrutenlauf", konstatierte der Freiheitliche in einer Aussendung.
Ins Treffen geführt wurde, dass mit Stand Mittwochfrüh etwa im Primärversorgungszentrum (PVZ) St. Pölten die Termine für PCR-Testungen bis einschließlich 10. Dezember ausgebucht gewesen seien. Im PVZ in Schwechat (Bezirk Bruck a. d. Leitha) würden gar keine Termine mehr vergeben. "Die Schuld dafür trägt die Politik, die blindlings Zwangsmaßnahmen beschließt. Anstatt sich zu entschuldigen und das Chaos endlich zu beseitigen, wird ständig nach neuen Ausreden gesucht, warum etwas nicht funktioniert", sagte Landbauer. Gefordert wurde seitens der Freiheitlichen "eine Erklärung von den zuständigen Landesräten in Niederösterreich für die tausenden Arbeitnehmer", die trotz Bemühungen keinen Testtermin bekämen oder lange auf das entsprechende Ergebnis warten müssten.
Auch der ORF Niederösterreich berichtete am Mittwoch von Wartezeiten auf die Auswertung von in Apotheken oder Ordinationen vorgenommenen PCR-Tests von bis zu 40 Stunden. Georg Eilenberger, Geschäftsführer des für die Apotheken und Ordinationen zuständigen Labors ENML GmbH aus St. Pölten, sieht den Grund im österreichweiten Materialmangel an Testvirolen, mit denen der jeweilige Abstrich von der Entnahme ins Labor transportiert wird.
Bei Eilenberger fehlen mehr als 200.000 solcher Plastikröhrchen. Einige tausend Stück würden jede Nacht geliefert - zu wenige, um eine rasche Auswertung möglich zu machen. Ebenfalls verantwortlich für die Wartezeiten seien die derzeit vorliegenden hohen Infektionszahlen.
Nach den jüngsten Verzögerungen bei der Abwicklung von PCR-Gurgeltests in Salzburg hat das Land kurzfristig ein weiteres Labor mit der Lieferung von Test-Kits und der Analyse der Proben beauftragt. Das Wiener Unternehmen Lifebrain versorgt seit Dienstag vorerst befristet elf der 14 Teststraßen des Roten Kreuzes mit Gurgeltests. Wie ein Sprecher des Landes zur APA sagte, war offenbar zu wenig Abnahmebesteck vorhanden. "Wir wollten einen Stillstand beim Testen vermeiden."
Die Entscheidung sei auf Lifebrain gefallen, weil das Labor kurzfristig habe liefern können. Die Corona-Tests an den Teststationen des Roten Kreuzes werden in Salzburg eigentlich vom Labor medilab rund um Firmengründer Hans Georg Mustafa abgewickelt. Das Unternehmen hat im Bundesland auch die Ausschreibung für die behördlich angeordneten Corona-Tests für sich entschieden.
Die Beauftragung von Lifebrian habe laut dem Sprecher des Landes auch nichts mit den Startschwierigkeiten von "Salzburg gurgelt" zu tun. Die kostenlos in den Spar-Märkten erhältlichen PCR-Gurgeltests werden vom Eugendorfer Labor Novogenia durchgeführt. Das Unternehmen hatte zunächst Probleme, alle Ausgabestellen mit einer ausreichenden Menge an Test-Kits zu versorgen - offenbar auch, weil viele Menschen Tests zu Hause horten. Dazu kamen Probleme mit dem Klebstoff für die Proberöhrchen und eine Serie mutmaßlicher Hacker-Angriffe, welche die Anmeldeseite für "Salzburg gurgelt" stundenlang lahmlegten.
Auch NÖ hatte diese Probleme, ein Wechsel des Anbieters stehe aber nicht zur Diskussion.
"Vom Land Niederösterreich wurde nach der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 mit dem ermittelten Bestbieter eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Es besteht daher keine Möglichkeit auf das von Ihnen genannte Unternehmen umzusteigen", heißt es auf "Heute"-Anfrage aus der Abteilung Sanitäts- und Krankenanstaltenrecht im Land NÖ.